Geothermie: Fallstudie zeigt Potenziale für die Verringerung von CO₂-Emissionen

ORC-Kraftwerkskomponenten in Kirchstockach. Foto: Florian Heberle.

Geothermie kann als nachhaltige Energiequelle auch in Deutschland einen signifikanten Beitrag zur Senkung von CO₂-Emissionen leisten. Dies zeigt eine Fallstudie zum Kraftwerk Kirchstockach, die Wissenschaftler am Zentrum für Energietechnik (ZET) der Universität Bayreuth in der Zeitschrift „Renewable Energy“ veröffentlicht haben: Das Kraftwerk in Kirchstockach südwestlich von München wurde 2013 in Betrieb genommen und produziert jährlich rund 40 GWh erneuerbaren Strom. Die neue Fallstudie zu dieser Anlage bietet die erste umfassende Ökobilanz eines realen geothermischen Kraftwerks in Deutschland.

Partner der Untersuchung waren das Karlsruher Institut für Technologie und die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. „Wir haben die Strombereitstellung durch das Geothermie-Kraftwerk in Kirchstockach insbesondere unter dem Aspekt der CO₂-Emissionen analysiert. Dabei stellte sich heraus: Wird die in der Erdkruste gespeicherte Wärme für die Stromerzeugung verwendet, fallen beim derzeitigen Stand der Technik weniger CO₂-Emissionen an, als wenn Biogas oder Photovoltaik für die Stromerzeugung genutzt werden“, sagt Dr.-Ing. Florian Heberle, Ko-Autor der Studie und Geschäftsführer des Zentrums für Energietechnik (ZET) der Universität Bayreuth.

Um die in heißen Themalwasser gespeicherte Erdwärme in elektrischen Strom zu wandeln, kommt in Kirchstockach – wie in vielen anderen Geothermie-Kraftwerken in Deutschland – ein spezielles Verfahren zum Einsatz: der Organic Rankine Cycle (ORC). Anstelle von Wasser wird dabei ein organisches Fluid, ein sogenanntes Arbeitsmedium, mit der Wärmequelle gekoppelt. Der auf diesem Weg erzeugte Dampf treibt Turbinen an und dient so der Stromerzeugung. Die Fallstudie kommt nun zu dem Ergebnis, dass die CO₂-Emissionen eines ausschließlich zur Stromerzeugung eingesetzten Geothermie-Kraftwerks zu mehr als einem Drittel vom jeweils verwendeten Arbeitsmedium abhängen.

Hier sehen die Wissenschaftler signifikante Potenziale für einen noch klimafreundlicheren Betrieb von Geothermie-Anlagen. „Werden statt der bisher üblichen Fluide natürliche Kältemittel oder Hydrofluorolefine (HFO) – dies sind neuartige organische Verbindungen aus Wasserstoff, Fluor und Kohlenstoff – verwendet, lassen sich die CO₂-Emissionen bei der Stromerzeugung erheblich senken“, sagt Heberle. Er forscht am Lehrstuhl für Technische Thermodynamik und Transportprozesse (LTTT) schon seit vielen Jahren an einer optimierten Nutzung von Erdwärme als nachhaltiger Energiequelle.

„Die weitsichtige Entscheidung des Bayerischen Wissenschaftsministeriums, die Geothermie-Allianz Bayern in einer zweiten Phase bis 2024 weiter zu fördern, begrüßen wir sehr. Allein für dieses Jahr sind insgesamt 1,9 Millionen Euro für Forschungsvorhaben bereit gestellt worden, die darauf abzielen, die Geothermie verstärkt für eine integrierte Energieversorgung aus nachhaltigen Energiequellen zu nutzen. Daran wird sich das Zentrum für Energietechnik an der Universität Bayreuth insbesondere auf dem Gebiet der Wärmebereitstellung beteiligen. Hierbei steht unter anderem die technische, ökonomische und ökologische Betrachtung innovativer Energiesysteme mit Hochtemperatur-Wärmepumpen im Mittelpunkt. Darüber hinaus kooperieren wir sehr erfolgreich auch mit dem Kompetenzzentrum für Kraft-Wärme-Kopplung an der OTH Amberg-Weiden, das parallel zur Geothermie-Allianz gefördert wird“, sagt Prof. Dr.-Ing. Dieter Brüggemann, Direktor des Zentrums für Energietechnik und Inhaber des Lehrstuhls LTTT.