Grüne Infrastruktur, der Verbund von Grün- und Wasserflächen in Stadt und Land, stellt viele Ökosystemleistungen bereit. Gerade in Zeiten des Klimawandels und der Ressourcenknappheit bietet jedes Grünelement einen wichtigen Mehrwert für die Gesellschaft: Es ist Nahrungsgrundlage, reinigt unser Wasser und hält es im Boden, bietet Schatten und mindert die Hitze an heißen Tagen, bietet Raum für Erholung, Gesundheit und Wohlbefinden. Nicht zuletzt ist es wertvoller Lebensraum und trägt zum Erhalt der Biodiversität bei.
Das EU-Projekt MaGICLandscapes am Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien beschäftigte sich mit der Erfassung und dem Schutz der sogenannten grünen Infrastruktur. In Zusammenarbeit mit Experten aus Polen, Tschechien, Österreich, Italien und Deutschland soll das Projekt „MaGICLandscapes“ lebenswichtige Naturräume mit urbanen Zentren verbinden und ihre funktionale Rolle für das Ökosystem verbessern.
Für eine zukunftsfähige Raum- und Regionalplanung in Europa gilt es, den multifunktionalen Ansatz der grünen Infrastruktur verstärkt in Gesetzen und Dokumenten zu verankern. Um das zu erreichen, erarbeiteten zehn Partner aus fünf Ländern Mitteleuropas im Interreg Central Europe Projekt MaGICLandscapes wichtige Informationsgrundlagen für Politik und Planung. Als österreichische Partner haben die Universität Wien und der Nationalpark Thayatal in den vergangenen drei Jahren die vielfältigen Vorteile von grüner Infrastruktur demonstriert und gemeinsam mit verschiedensten Akteuren aus Wissenschaft, Politik und Planung Methoden und Strategien entwickelt, um die Funktionalität von grüner Infrastruktur auf unterschiedlichen räumlichen Ebenen zu messen, sicherzustellen und zu verbessern. Zudem wurde mit der Berechnung eines Gesamtfunktionalitätswertes ein innovativer Ansatz entwickelt, um die Multifunktionalität von grüner Infrastruktur in Hinblick auf die Bereitstellung von Ökosystemleistungen darzustellen und spezifische Managementstrategien auf regionaler und lokaler Ebene zu entwickeln.
„Die breite Einbindung von lokalen und regionalen AkteurInnen und die damit starke Berücksichtigung des multisektoralen Ansatzes der grünen Infrastruktur bietet die Möglichkeit nachhaltige Landnutzung abzusichern und abgestimmte Managementkonzepte zum Schutz des Naturkapitals und der Erhöhung der Lebensqualität bei gleichzeitig hoher Akzeptanz durch LandnutzerInnen zu entwickeln“, meint Thomas Wrbka, Leiter der Arbeitsgruppe „Landschaftsökologie“ an der Universität Wien.
Mehr Grün in der Agrarlandschaft, mehr naturnahe Flüsse und Wälder
Ergänzend zu den durchgeführten Analysen diskutierten die Projektpartner im Rahmen von Workshops mit lokalen Akteuren Möglichkeiten und Bedarfe zur Aufwertung der grünen Infrastruktur vor Ort. Darauf aufbauend entwickelten sie lokale Strategien zur Erhaltung und Aufwertung des grünen Netzwerks in der Region.
Zwei der Projektregionen sind das Westliche Weinviertel und Östliche Waldviertel sowie die Nationalparkregion Thayatal im Norden Niederösterreichs. Die erstellte Grüne Infrastruktur-Strategie für diese Regionen erfordert die Berücksichtigung der komplexen Verzahnung der unterschiedlichen Landschaften und breit gefächerte und abgestufte Maßnahmen für die thematischen Schwerpunkte ackerbaudominierten Kulturlandschaft, Waldökosysteme, Gewässer und Feuchtlebensräume, Obst- und Weinbaukomplexe, Trockenrasen, Wiesen und Weiden sowie siedlungsnahe Grünflächen und Infrastruktur. Besonders die intensive und ausgeräumte Agrarlandschaft, als vorherrschender Nutzungstyp in der Projektregion, zeigt derzeit nur geringe Ausstattung mit und Konnektivität von grüner Infrastruktur. Die Strategien und Maßnahmen für die Wiedervernetzung und Verbesserung der grünen Infrastruktur spiegeln daher die besonderen Ansprüche an diese Kulturlandschaft wider.
Der Nationalpark Thayatal möchte die ökologische Funktionalität der Region auf einem hohen Niveau halten und weiter fördern. Somit werden auch Pläne zur Lebensraumvernetzung für diverse Tierarten erstellt. Die Strategien und Maßnahmen für eine Verbesserung der grünen Infrastruktur im Nationalpark zielen beispielsweise auf die Planung von Migrationskorridoren für die Europäische Wildkatze ab, die in Österreich als ausgestorben gilt, deren Rückkehr jedoch über Lebensraumvernetzung und einen funktionalen Naturraum gefördert wird.
„Basierend auf den Erkenntnissen aus dem Stakeholderprozess und unseren Analysen zur Funktionalität der regionalen grüner Infrastruktur hinsichtlich der Bereitstellung von Ökosystemleistungen sowie der Konnektivität und Fragmentierung des Netzwerkes konnten wir Strategiekarten entwickeln, die räumlich explizit Aktionsräume und Maßnahmen verorten und die besonderen Ansprüche an diese Kulturlandschaft widerspiegeln“, sagt Florian Danzinger, wissenschaftlicher Projektmitarbeiter an der Universität Wien.
Die erarbeiteten Handbücher und Strategien dienen Landnutzer, Planer, Politiker und Gemeinden als Entscheidungshilfe zur Investition und Planung von grüner Infrastruktur. Die Publikationen enthalten wertvolle Informationen zur räumlichen Struktur, zum Natürlichkeits- und Vernetzungsgrad sowie zu den Ökosystemleistungen von einzelnen Grünelementen. Der Ansatz der grünen Infrastruktur liefert einen wichtigen Beitrag für die Realisierung des EU Green Deals, dem Maßnahmenpaket der Europäischen Union für die Wiederherstellung der Biodiversität und zur Bekämpfung der Umweltzerstörung und des Klimawandels.