Der Duden definiert Nachhaltigkeit ziemlich knapp: „Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann.“ Automatisch verortet man Nachhaltigkeit in den Bereichen Umweltschutz oder Landwirtschaft. Doch Nachhaltigkeit gibt es in vielen Bereichen. Die Fakultät Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Coburg bietet ihren Erstsemestern Einblicke in die aktuellen Trends der Betriebswirtschaft in einer Ringvorlesung. Das ist eine Vorlesungsreihe, bei der sich Experten unterschiedlicher Disziplinen aus Wirtschaft und Wissenschaft einem bestimmten Thema widmen. Professorin Dr. Jutta Michel aus der Fakultät Wirtschaftswissenschaften und Vizepräsidentin der Hochschule erklärt, warum dieses Thema so wichtig ist:
„Wir möchten mit unserer Ringvorlesung den Erstsemestern zeigen, wie die Themen aus den Vorlesungen eigentlich in den Berufsalltag von Entscheidungsträgern einfließen. Der Oberbegriff der Nachhaltigkeit eignet sich dafür besonders gut. Unsere Gäste berichten zum Beispiel, welche Aspekte der nachhaltigen Unternehmensentwicklung sie besonders beschäftigen und an welchen Lösungswegen sie arbeiten. Und wir befördern damit hoffentlich ein nachhaltiges Lernen bei unseren Studierenden.“
„Wir sind nicht quick and dirty!“
Eine Referentin der Veranstaltungsreihe ist selbst Absolventin der Hochschule. Britta Höfer hat in Coburg Maschinenbau studiert und kehrte nach einigen Berufsjahren in der Automobilzulieferbranche ins Familienunternehmen zurück. Als Geschäftsführerin der traditionsreichen WALTEC Maschinen GmbH aus dem Frankenwald berichtet sie von ihren Erfahrungen aus dem Spannungsfeld zwischen Familienunternehmen im ländlichen Raum und sogenannten Private Equity-Firmen. Das sind Unternehmen, die sich mit privatem Kapital an anderen Unternehmen beteiligen und diese vor allem als Geldanlage betrachten, die möglichst rasch Rendite bringen soll.
„Nachhaltigkeit sehe ich für uns als kleines und mittelständisches Unternehmen eher darin, den Standort zu halten, um die Struktur im Landkreis zu stärken. Wir bilden Fachkräfte hier aus, um Knowhow in der Region zu halten.“
Außerdem kooperiert WALTEC bei Bachelor- und Masterarbeiten mit der Hochschule Coburg und übernimmt gerne Absolventen. Externe Kapitalgeber haben andere Prioritäten, sie denken viel kurzfristiger.
„Die Private Equity kauft mehrere Kleinunternehmen auf, bündelt diese und dieses große Unternehmen wird dann an einen chinesischen Investor verkauft. Die Braut wird hübsch gemacht und schnell unters Volk gebracht“, beschreibt Höfer ihre Erfahrungen aus der Branche.
Ihr Familienunternehmen sieht sie im Gegensatz dazu als Teil der Gesellschaft: „Wir denken langfristig in Generationen von Arbeitnehmern und in Generationen von Familien als Führungskräfte.“ Ihre Philosophie kann man als gelebte Nachhaltigkeit beschreiben. „Wir haben Fachkräfte, bilden aus und haben unsere Entwicklungsabteilung vollständig im Haus. Wir sind ehrlich und nicht quick and dirty.“ Mit Stolz berichtet die Geschäftsführerin, dass ihre Kundenbeziehungen als Partnerschaft gesehen werden und manche seit dreißig Jahren bestehen. Um dem Preisdruck der Konkurrenz zu entkommen, sieht sie einen Weg: „Wir versuchen durch Technologieführerschaft die Nase vorne zu behalten. In der Technik, im Service und dem Ersatzteilwesen muss man sich unterscheiden und auf diese Weise im Gesamtpaket den Kunden überzeugen.“
Neue Blickwinkel für Studierende
Marisa Oster studiert Betriebswirtschaft im dritten Semester an der Hochschule Coburg. Sie hat die Vorlesungsreihe im vergangenen Jahr verfolgt. Nun begegnet ihr das Thema Nachhaltigkeit immer wieder in den Lehrveranstaltungen: „Ich habe früher Nachhaltigkeit nur mit Umweltthemen verknüpft. Doch Nachhaltigkeit hat mit allem zu tun. Für mich ist Nachhaltigkeit, dass ich die Zukunft blicke und schaue, welche Auswirkungen meine Handlungen haben.“
Professorin Jutta Michel fasst für die Ringvorlesungen zusammen:
„Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der viele Aspekte hat. Wir wollen, dass die Vortragenden mit ihren Themen den Blick weit in die Zukunft richten, damit die Studierenden sich darauf einstellen können, wie sie später arbeiten werden.“