Strahlender Sonnenschein auf den Bergen, Nebelsuppe und Kälte im Tal: So präsentiert sich in Österreich gerade das Herbstwetter. Diese Witterung ist als so genannte Inversionswetterlage bekannt, bei der es in größerer Seehöhe wärmer als in tieferen Lagen ist. Diese Temperaturumkehr tritt in der Arktis besonders häufig auf. Ein Forscher-Team der Universität Graz rund um Sonika Shahi und Wolfgang Schöner hat dieses Phänomen genauer untersucht und die Ergebnisse im „Journal of Climate“ publiziert.
„Wir haben die Daten von 1979 bis 2017 analysiert und dabei große Unterschiede festgestellt, was die Häufigkeit, Stärke und jahreszeitliche Verteilung von Inversionen betrifft“, beschreibt Shahi. Im Winter kommen dabei bodennahe Inversionen am öftesten vor. Sie entstehen dadurch, dass die Erdoberfläche besonders stark auskühlt. Im Sommer hingegen werden höhere Luftschichten häufig durch absteigende Luftbewegungen komprimiert, sodass sie wärmer sind als darunter liegende Schichten.
Stärker, dicker, häufiger
„Diese Inversionen sind im südlichen Teil des grönländischen Eisschildes in den letzten beiden Jahrzehnten stärker, dicker und häufiger geworden“, ergänzt Shahi. Das Phänomen der Temperaturumkehr beeinflusst das Klima der Oberfläche und damit des unmittelbaren Lebensraums der Menschen besonders stark. „Inversionen wirken wie ein Deckel, der den Luftaustausch mit höheren Schichten erschwert und damit auch die Feuchtezufuhr steuert.“
Klimawirksames Eisschild
Für den Klimawandel kommt dem Grönländischen Eisschild eine Sonderrolle zu, da es die bodennahe Erwärmung durch die schmelzende Eisoberfläche stabilisieren kann. „In den Jahren 2002 bis 2015 sind die bodennahen Lufttemperaturen praktisch gleichgeblieben, während sich die höheren Luftschichten stärker erwärmt haben,“ so Schöner. „Das hat zur Zunahme der Inversionen im Süden Grönlands geführt.“ Die Wirkung des Eisschildes zeigt sich auch durch ein besonders stabiles, großflächiges Hochdruckgebiet im Sommer.
Komplexe Phänomene
Die Ergebnisse der Studie zeigen besonders deutlich, dass durch den Klimawandel sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Atmosphäre zu erwarten sind. „Sehr komplexe Mechanismen können zu teilweise sehr überraschenden Ergebnissen führen, die aber gut ins generelle Bild des Klimawandels passen“, stellt der Forscher fest. Für das bessere Verständnis dieser Resultate sind jedoch prozessorientierte Studien sowie lange und qualitativ hochwertige Messreihen Voraussetzung. Die Studie wurde von Mitgliedern des Profilbildenden Bereichs „Climate Change Graz“ (climate-change.uni-graz.at) begleitet.