Die Grundwasserreservoirs in Bayern haben sich innerhalb weniger Jahrzehnte deutlich erwärmt. Das zeigt eine neue Studie von Wissenschaftlern der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), die die Temperaturen an 35 Messstationen in unterschiedlichen Tiefen mit Daten aus den 1990er Jahren vergleicht. In einer Tiefe von 20 Metern ist das Wasser im Mittel fast ein Grad wärmer als vor 30 Jahren. Erwärmt sich die Luft, wird mit der Zeit auch der Boden wärmer – zuletzt erwärmt sich so auch das Grundwasser. Geologen nennen das thermische Kopplung. „Der Untergrund ist im Gegensatz zur Atmosphäre allerdings sehr träge“, sagt der Geowissenschaftler Prof. Dr. Peter Bayer von der MLU, einer der beiden Autoren der Studie. Das mache ihn zu einem guten Indikator für den Klimawandel, da der Untergrund nicht auf kurzfristige Temperaturschwankungen reagiert und somit eher langfristige Trends anzeigt.
„Dieser Effekt, dass sich der Boden aufwärmt, konnte bereits gezeigt werden, allerdings gibt es insgesamt noch wenige Daten“, erklärt Prof. Dr. Peter Bayer. Für die neue Studie haben Bayer und sein Doktorand Hannes Hemmerle deswegen Messungen an 35 Messstationen in Grundwasserreservoirs in Bayern wiederholt, die in den 1990er Jahren durchgeführt wurden. Die Messpunkte sind im gesamten Bundesland verteilt, was einen seltenen Einblick in die Entwicklung einer ganzen Region liefert. Die Geologen konnten zeigen, dass sich fast alle untersuchten Grundwasserspeicher über die Jahrzehnte ebenso erwärmt haben. „Ab ungefähr 15 Metern hat der Klimawandel einen ganz klaren Einfluss, kurzfristige lokale oder saisonale Schwankungen sind dann nicht mehr zu messen“, erklärt Hemmerle. Im Durchschnitt war das Grundwasser in einer Tiefe von 20 Metern fast 0,9 Grad Celsius wärmer als noch in den 1990er Jahren. In einer Tiefe von 60 Metern lag die Erwärmung noch bei etwa 0,3 Grad. In der gleichen Zeit stieg die durchschnittliche Lufttemperatur um 1,05 Grad Celsius.
„Man kann davon ausgehen, dass sich das Grundwasser in einer verspäteten Reaktion auf die Lufttemperaturen noch weiter erwärmt und auch in Zukunft auf steigende Atmosphären-Temperaturen reagieren wird“, so Hemmerle. Die Folgen der Erwärmung seien noch schwer abzuschätzen, so Bayer. Eine höhere Wassertemperatur habe Auswirkungen auf das Wachstum von Mikroben. Es setze aber auch unterirdische Ökosysteme unter Druck, die an sehr konstante Temperaturen angepasst sind.
Um ein Gefühl für die Dimensionen der Messungen zu bekommen, stellten Bayer und Hemmerle die Erwärmung ab einer Tiefe von 15 Metern zudem dem jährlichen Heizbedarf Bayerns gegenüber. Das Ergebnis: Der Temperaturanstieg entspricht etwa zehn Prozent des Bedarfs. „Wenigstens ein Teil der Wärme könnte möglicherweise mithilfe der Geothermie wieder genutzt werden“, so Bayer. Eins zu eins übertragen auf Gesamtdeutschland lassen sich die Ergebnisse jedoch nicht. „Es ist aber davon auszugehen, dass der Trend der gleiche ist“, so Hemmerle.