Deutschland geht wieder in einen Lockdown. Wie ändert das die Arbeit für diejenigen, die aus dem Homeoffice weiterarbeiten? Das Fraunhofer FIT hat untersucht, wie der letzte Lockdown die psychische Belastung verändert hat. Der Fokus lag dabei auf der Arbeit mit digitalen Technologien im Homeoffice. Aus Anlass des anstehenden Lockdowns werden die Erkenntnisse jetzt veröffentlicht: In den letzten Monaten haben immer mehr Erwerbstätige ihre Arbeit von zu Hause – im sogenannten Homeoffice – erledigt. Die COVID-19-Pandemie als maßgebliche Ursache dieser veränderten Arbeitsbedingungen beeinflusst dabei nicht nur den Ort der Arbeit, sondern auch das Stressempfinden bei der Arbeit mit digitalen Technologien.
Zu dieser Erkenntnis sind Autorinnen und Autoren der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT und der Universität Augsburg unter der Leitung von Prof. Dr. Henner Gimpel in der groß angelegten Studie »Digitale Arbeit während der COVID-19-Pandemie« gekommen. Die Studie wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts Prävention für sicheres und gesundes Arbeiten mit digitalen Technologien (kurz: PräDiTec) und des vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst geförderten Projekts ForDigitHealth (Gesunder Umgang mit digitalen Technologien) durchgeführt. Zu zwei Zeitpunkten vor und während der COVID-19-Pandemie wurden über 1000 Erwerbstätige verschiedenster Branchen und Tätigkeiten zu ihren Arbeitsbedingungen, sowie zu ihrem Umgang mit digitalen Technologien bei der Arbeit befragt.
Die Studie steht jetzt frei zum Download zur Verfügung: https://gesund-digital-arbeiten.de/downloads/
»Wir sehen an den Ergebnissen, dass die aktuelle Arbeitssituation bei vielen zu einer Reduzierung der Arbeitszeit, der emotionalen Anforderungen im Beruf und der Anzahl sozialer Konflikte bei der Arbeit führt.«, erklärt Professor Gimpel. »Gleichzeitig verlängern sich aber die Zeiträume in denen Erwerbstätige arbeiten – zum Beispiel frühmorgens oder spätabends – da durch das Homeoffice die Trennung von Arbeits- und Privatleben immer unklarer wird.«
Private Anforderungen steigen
Die Studie zeigt, dass private Anforderungen während der COVID-19-Pandemie an vielen Stellen steigen: Insbesondere die finanziellen Sorgen, aber auch emotionale Anforderungen werden mehr. Gleichzeitig finden die Befragten innerhalb des eigenen Haushalts weniger Unterstützung, da viele gleichermaßen betroffen sind. Die Auswirkungen zeigt sich unter anderem in einem erhöhten Work-Home-Konflikt, also dem Gefühl, Arbeits- und Privatleben nicht mehr ausreichend balancieren zu können.
Gegenläufige Entwicklungen bei digitalen Belastungsfaktoren
Von digitalem Stress spricht man, wenn Stressreaktionen durch die Nutzung digitaler Technologien ausgelöst werden. In der vorherigen Studie »Gesund Digital Arbeiten?!«, die Professor Gimpel im Rahmen des Projekts PräDiTec leitete, wurden zwölf Belastungsfaktoren der digitalen Arbeit identifiziert, die Stress auslösen. Bemerkenswerterweise hat sich die Ausprägung der Belastungsfaktoren unter den Erwerbstätigen vor und während der COVID-19-Pandemie sehr unterschiedlich entwickelt. Während manche digitalen Belastungsfaktoren gestiegen sind, sind andere gesunken. Probleme, die der digitalen Arbeit zuzuordnen sind, wie die Nicht-Verfügbarkeit von digitalen Technologien, mangelnde Erfolgserlebnisse, oder die Omnipräsenz von digitalen Technologien, haben zugenommen. Dagegen haben Aspekte abgenommen, die auf Unerfahrenheit im Umgang mit IT zurückzuführen sind.
Digitaler Stress im Homeoffice ist sehr individuell
Professor Gimpel ergänzt: »Die Studie zeigt uns, dass es von einer Vielzahl individueller Faktoren abhängt, ob Menschen gut oder schlecht mit der veränderten Arbeitssituation zurechtkommen. Beispielsweise sind Führungskräfte im Schnitt deutlich besser an die digitale Arbeit gewöhnt. Menschen mit Kindern leiden stärker unter der aktuellen Situation, während Menschen mit Erfahrung im Umgang mit digitalen Technologien und Medien besser zurechtkommen.«