Wie aus Klärschlamm Dünger wird

TH-Präsident Prof. Dr. Klaus Becker, PYREG-Geschäftsführer Helmut Gerber und Prof. Dr. Winfried Sehn blicken auf die zehnjährige Unternehmensgeschichte zurück. TH Bingen / Christine Böser

Eine Produktionsanlage, so groß wie eine Doppelgarage. Am Anfang steht unansehnlicher Klärschlamm, am Ende ein feines schwarzes Granulat, das als Dünger auf Feldern ausgebracht werden kann. Möglich macht das die PYREG GmbH aus Dörth im Rhein-Hunsrück-Kreis. Ihre Idee: Klärschlamm enthält das für alle Lebewesen wichtige Element Phosphor, das Bestandteil vieler Düngemittel ist. Der Abbau von Phosphor ist aufwendig und es gibt nur wenige natürliche Vorkommen. Daher ist es sinnvoll, bereits vorhandenen Phosphor aus Klärschlamm zu recyclen.

Ihren Ursprung hat die Geschäftsidee des Unternehmens vor über zehn Jahren in einem Forschungsprojekt an der Technischen Hochschule (TH) Bingen unter der Leitung von Prof. Dr. Winfried Sehn. Der Gründer und Geschäftsführer Helmut Gerber studierte an der TH Bingen und war wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt. Mit ihm entwickelte Professor Sehn die erste Anlage zur Klärschlammbehandlung. Das gestaltete sich zwar schwierig, dafür war die so entstandene Kohle aber nährstoffreich und daher potentiell als Dünger geeignet.

Zufrieden mit der Entwicklung des Unternehmens

Prof. Dr. Thomas Appel, der als Experte für Pflanzenernährung hinzugezogen wurde, erkannte das Potential des Produkts und entwickelte es in einem Forschungsprojekt weiter. Nach über einer Dekade Forschungs- und Entwicklungszeit an der TH Bingen erfolgte die Gründung der PYREG GmbH als Spin-off der Hochschule. Geschäftsführer Helmut Gerber verantwortet den Bereich Entwicklung, Anlagenbau und erneuerbare Energien. Mit der Entwicklung des Unternehmens ist er hochzufrieden:

„Dankenswerterweise wurde unsere Pyrolyse-Technologie bereits frühzeitig von staatlicher Seite als förderwürdige und zukunftsweisende Lösung eingestuft. Die Fördergelder und die Unterstützung der TH Bingen haben es uns ermöglicht, in relativ kurzer Zeit international eine Pionierrolle in einem dringend notwendigen Klimaschutzsegment einzunehmen.“

Noch wartet die Firma jedoch darauf, dass das entstandene Granulat, dessen Entwicklung durch öffentliche Fördergelder finanziert wurde, in Deutschland auch als Düngemittel zugelassen wird. In Schweden, einem Vorreiter in Umwelt- und Klimaschutz ist dies bereits der Fall. Prof. Dr. Klaus Becker, Präsident der TH Bingen, gratuliert zum 10-jährigen Firmenjubiläum und ist stolz auf die enge Verbindung zwischen Hochschule und Ausgründung:

„Am Erfolg von PYREG sieht man deutlich, was angewandte Forschung schaffen kann. Die Geschichte des Unternehmens zeigt zudem die große Nähe zur Arbeitspraxis, von der Studierende in unseren Studiengängen auch heute noch profitieren. Es ist nur schade, dass dieser technologische Fortschritt, basierend auf der gemeinsamen wissenschaftlichen Arbeit, zumindest in Deutschland noch mit Hürden verbunden ist.“

Konkret hat das Unternehmen eine Technologie entwickelt, mit der Klärschlamm bei hohen Temperaturen und gezielter Sauerstoffzufuhr verkohlt werden kann. Die hohen Temperaturen sorgen dafür, dass im Klärschlamm enthaltene Giftstoffe zersetzt werden. Zudem wird im Endprodukt CO2 dauerhaft gebunden, sodass es nicht mehr in die Luft entweichen kann. Damit hilft die Technologie, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Auf ähnliche Weise wird in einer zweiten Entwicklung des Unternehmens Biomasse zu Pflanzenkohle oder Futterkohle verarbeitet.