Hohe Klimavariabilität und zunehmende Trockenheit bedeuteten das Ende einer frühen Menschenart: Für die menschliche Evolution spielt Afrika eine herausragende Rolle, hier vermuten Forschende die Wiege des Menschen. Mitte des 20. Jahrhunderts fanden Anthropologen in Südafrika Fossilien des so genannten Paranthropus robustus, der zu einer evolutionären Seitenlinie des Homo sapiens gehört. Gelebt hat der Paranthropus robustus vor etwa zwei Millionen Jahren und ist dann ausgestorben. Ein internationales Team aus den Fachrichtungen Anthroplogie und Geowissenschaften unter der Leitung von Dr. Thibaut Caley von der Universität Bordeaux hat nun mögliche Gründe in einer Studie näher beleuchtet. Dafür haben die Forschenden, zu denen auch Dr. Lydie Dupont und Dr. Enno Schefuß vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen gehören, verschiedene Indikatoren kombiniert und die klimatischen Bedingungen in Südost-Afrika zu dieser Zeit rekonstruiert. Die Fachzeitschrift Nature veröffentlicht die Ergebnisse am 9. Juli 2018.
Die Idee, verschiedene Methoden miteinander zu kombinieren, ist aus einem Widerspruch entstanden: Während Klimaaufzeichnungen aus dem Norden Afrikas auf trockener werdende Bedingungen hindeuten, legen Daten vom Malawi-See das Gegenteil nahe. War es wirklich so, dass Südost-Afrika feuchter wurde, während es in Nordafrika trockener wurde? Und was hat dann zum Aussterben von Paranthropus robustus geführt? Der Malawi See liegt nordöstlich des Einzugsgebietes des Limpopo, einer der größten afrikanischen Flüsse. In der Bucht von Maputo (Mosambik) mündet der Limpopo in den Indischen Ozean. Von hier stammt der Sedimentkern – das Archiv, das die Forschenden für die neue Studie untersucht haben.
Marine Sedimentkerne ermöglichen den Forschenden, durch die kontinuierlichen Ablagerungen eine Abfolge von Klimaveränderungen über einen langen Zeitraum zu betrachten. Mikrofossilien und Pollen werden vom Limpopo in den Ozean geschwemmt und lagern sich am Ozeanboden ab. Dadurch lassen sich Ergebnisse von Fundplätzen an Land in zeitliche Entwicklungen einordnen; Daten von Land umfassen oft nur kurze Zeiträume, können aber Hinweise auf das Vorkommen von Arten und deren Nahrung geben, betont Lydie Dupont vom MARUM. Anhand des Bohrkerns konnten die Forschenden auf eine Klimaaufzeichnung zurückgreifen, die etwa 2,14 Millionen Jahre umfasst.
Das Team hat sehr unterschiedliche Analysen kombiniert. Es wurden sowohl Wasserstoff- als Kohlenstoffisotope untersucht und mit den Resultaten der Pollenanalyse und der Elementzusammensetzung der Sedimente verglichen. Jede Analyse für sich kann unterschiedlich interpretiert werden. „Nur bei der Gesamtbetrachtung konnte ein schlüssiges Bild des Klimas in der Limpopo-Region rekonstruiert werden“, sagt Lydie Dupont.
Außerdem hat das Team die Meeresoberflächentemperaturen für den Zeitraum bestimmt, um so den Einfluss des Ozeans auf das Klima an Land abschätzen zu können. Zusammen mit Literaturdaten konnten die Forscherinnen und Forscher Aussagen über die Ursache der Klimaänderungen für den Zeitraum treffen, in dem Paranthropus robustus lebte und schließlich ausstarb.
Die kombinierten Ergebnisse vom Limpopo zeichnen ein anderes Bild als die Studie vom Malawi-See. Von etwa 1 Million bis etwa 600.000 Jahre vor heute wurde es trockener. Zeitgleich nahm die Variabilität im Klima deutlich zu. „Was davon letztendlich zum Aussterben geführt hat, ist schwierig zu sagen“, sagt Enno Schefuß. Klimatische Änderungen führen immer zu Anpassungen der Lebewesen – und natürlich auch ihrer Nahrung. Ändern sich die Verhältnisse besonders schnell in einem kurzen Zeitraum, können sich Lebewesen evolutionär schlechter auf sich verändernde Umstände einstellen. Nach den Funden in der Limpopo-Region starb Paranthropus robustus vor 600.000 Jahren aus.