Für viele ist der „Kohleausstieg“ inzwischen mit einer Region östlich von Berlin verknüpft: der Lausitz. Wer jedoch nie vor Ort war, kann die regionale Situation selten nachvollziehen. Umso hilfreicher ist das Buch „Wir machen das schon“ aus dem Ch. Links Verlag: Von der Baggerfahrerin über die Bürgermeisterin bis hin zur Foodbloggerin – 15 Persönlichkeiten stellen als Autorenteam diesen Landstrich vor und zeigen, was in der Region möglich ist, in der „die Kohle“ längst nicht mehr das Maß aller Dinge ist.
Das Buch ist aus einer Forschungsreihe des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam hervorgegangen. In dem seit 2018 laufenden Projekt „Sozialer Strukturwandel und responsive Politikberatung in der Lausitz“ geht es darum, die Potenziale demokratischer Gestaltung des Strukturwandels sichtbar zu machen, die sich durch das Ende des Braunkohlebergbaus ergeben. In den 15 Erzählungen zeigt sich die Vielfalt von Perspektiven und Chancen in dieser Region. Einerseits werden historische Bezüge deutlich. Andererseits zeigt sich, dass heute andere Voraussetzungen herrschen als seinerzeit im Jahr 1990. Zwar ist „die Kohle“ ab und an noch präsent, insgesamt aber steht sie nicht mehr im Zentrum. Während der Umbaujahre nach der Wiedervereinigung blieben kaum Industrien übrig, die zu DDR-Zeiten diesen ländlichen Raum zum Energiezentrum gemacht hatten. Nun endet auch der Kohlebergbau im Jahr 2038. Folglich steht ein weiterer struktureller Wandel bevor. „Jetzt müssen wir nur noch die Menschen mitnehmen“, heißt es in Bundes- und Landesregierungen. Dass die Lausitzerinnen und Lausitzer ihre Geschicke aber schon selber in die Hand nehmen, zeigt dieses Buch.
Transformation getragen von den Menschen vor Ort
„Politik kann natürlich den Strukturwandel für die Menschen auf den Weg bringen“, sagt IASS-Wissenschaftler und Herausgeber des Buches Johannes Staemmler – „allerdings kann sie die traumatische Erfahrung aus den 1990er-Jahren des ‚Es-wird-etwas-mit-uns-gemacht‘ noch verstärken und für großes Unbehagen sorgen.“ Eine Veränderung zusammen mit den Menschen dagegen sei möglich, so Staemmler, „ist aber mühsamer, weil Politik, Verwaltung und andere Akteure die soziale und lokale Einbettung verstehen und dort ansetzen müssen, wo die ortsansässige Gesellschaft schon lange dran ist. Unser Buch zeigt, wie Strukturwandel mit den Menschen gelingt.“