Forscher verknüpfen Modelle aus Ökonomie, Epidemiologie und Finanzforschung

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In Pandemie-Zeiten wird allgegenwärtig, wie komplex Entscheidungen sein können und wie viele Unsicherheiten aus verschiedenen Bereichen zusammenkommen. An der Universität Bonn hat sich ein Team aus Ökonomen, Epidemiologen, Mathematikern und Finanzexperten zusammengetan, um in einem gemeinsamen Projekt ihre einzelnen Modelle zusammenzubringen und Unsicherheiten zu berechnen: Eine Entscheidung zu treffen, ist mit Risiken und Unsicherheiten verbunden – das erlebt jeder Mensch in seinem Alltag. In Pandemie-Zeiten wird jedoch allgegenwärtig, wie komplex Entscheidungen sein können und wie viele Unsicherheiten aus verschiedenen Bereichen zusammenkommen. An der Universität Bonn hat sich jetzt ein Team aus Ökonomen, Epidemiologen, Mathematikern und Finanzexperten zusammengetan, um ihre einzelnen Modelle zusammenzubringen und Unsicherheiten zu berechnen.

Das Ziel: Entscheidungen treffen zu können, die auf einem umfangreicheren Informationsstand basieren. Der Transdisziplinäre Forschungsbereich „Mathematik, Modellierung und Simulation komplexer Systeme“ der Universität Bonn fördert das Vorhaben mit knapp 100.000 Euro über zwei Jahre. Die Ergebnisse können für die Politikberatung relevant sein.

Wenn Epidemiologen auf Basis computergestützter Modelle die Auswirkungen von Abstandsregeln auf die Virusausbreitung vorhersagen, ist das mit Unsicherheiten wie der sich entwickelnden Inzidenz-Zahl verbunden. Wenn Ökonomen in ihren Modellen Auswirkungen auf Märkte berechnen, haben sie es zum Beispiel mit der Unsicherheit zu tun, wie sich Preisänderungen etablieren werden. Auch die Prognosen von Finanzexperten besitzen Unsicherheiten. Derzeit macht es die Corona-Pandemie deutlich: Große gesellschaftliche Herausforderungen und die damit zusammenhängenden komplexen Fragen kann keine wissenschaftliche Disziplin allein beantworten. Ein Gedanke, den die Universität Bonn im Zuge der Exzellenzförderung vor eineinhalb Jahren zum Anlass nahm, sechs uniweite sogenannte Transdisziplinäre Forschungsbereiche mit verschiedenen Themenschwerpunkten einzurichten.

„Datingbörse“ für Wissenschaftler als Ursprung des Projekts

Da es wie im echten Leben jedoch nicht selbstverständlich ist, dass sich Wissenschaftler aus unterschiedlichen „Welten“, aber mit ähnlichen Interessen über den Weg laufen, hat sich im mathematisch ausgerichteten Transdisziplinären Forschungsbereich „Modellierung“ die sogenannte Collaboration Plattform etabliert – eine Art Datingbörse für Wissenschaftler. Hier nahm das jetzt geförderte Projekt seinen Anfang.

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„Die Plattform hat uns geholfen, die Grenzen unseres eigenen Fachbereichs zu überwinden und unser Vorhaben reifen zu lassen“, erzählt Projektkoordinator Prof. Dr. Philipp Eisenhauer vom Institut für Angewandte Mikroökonomik der Universität Bonn. Mit ihm im Boot: Jun.-Prof. Dr. Lena Janys vom Institut für Finanzmarktökonomie und Statistik, die sich auf Fragen der Gesundheitsökonomie spezialisiert hat, und Prof. Dr. Jan Hasenauer vom Life & Medical Sciences-Institut (LIMES). Er ist Experte für die mathematische Modellierung biologischer Systeme. Nach und nach kamen noch weitere Kollegen hinzu, darunter der Epidemiologe Dr. Dilan Pathirana vom LIMES-Institut und der Mathematiker und Finanzexperte Dr. Daniel Oeltz vom Fraunhofer-Institut SCAI in Sankt Augustin.

Unsicherheiten berechnen und zusammenführen

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Die Gemeinsamkeit der beteiligten Wissenschaftler: Sie alle beschäftigen sich mit rechnergestützten und statistischen Methoden zur Modellierung komplexer Systeme. Fachbedingt greifen sie dabei jedoch auf unterschiedliche Modelle zurück, die sich jeweils auf eine bestimmte Fragestellung innerhalb der eigenen Disziplin beziehen. Das führt dazu, dass Unsicherheiten nur unzureichend berücksichtigt werden können. Das große gemeinsame Ziel: mit verschiedenen Methoden die Unsicherheiten in den einzelnen Modellen abzubilden und zu quantifizieren, also zu berechnen, wie groß sie sind. „Die daraus resultierenden Ergebnisse sind robust, was bedeutet, dass sie zu einer besser fundierten Entscheidungsfindung führen können“, erklärt Lena Janys.

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In den kommenden zwei Jahren wollen die Wissenschaftler möglichst viele Modelle in einem großen entscheidungstheoretischen Modell zusammenführen, das in einer Art Datenarchiv frei zugänglich ist. „Epidemiologische Modelle beziehen oftmals keine Verhaltensanpassungen mit ein, die wiederum ein Schwerpunkt in der ökonomischen Modellierung und in Modellen der Finanznumerik sind. Wir profitieren also gegenseitig voneinander“, betont Jan Hasenauer.