Den Ausstoß von Kohlendioxid senken – das ist die wohl wichtigste Maßnahme im Kampf gegen die Erderwärmung und damit gegen den Klimawandel. Um das Treibhausgas in zu großen Mengen aus der Atmosphäre herauszuhalten, gilt zum einen, weniger davon zu emittieren, und zum anderen, es dort, wo es ausgestoßen wird, aufzufangen. Wie das möglichst effizient – und sogar gewinnbringend – gelingen kann, erforscht der Chemiker Prof. Martin Oschatz seit Anfang 2021 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Hier bekleidet er den Lehrstuhl für Chemie der Materialien für Energieanwendungen.
„Wir entwickeln Kohlenstoff-Nanomaterialien, die CO2 etwa an Industrieanlagen oder direkt aus der Luft herausfiltern können“, erklärt Martin Oschatz einen seiner Forschungsschwerpunkte. „Wenn man berücksichtigt, dass der Anteil von Kohlendioxid in der Atmosphäre bei rund 0,04 Prozent liegt, wird klar, wie herausfordernd es sein kann, gezielt nur dieses Spurengas zu adsorbieren.“ Dafür binden die Wissenschaftler um Oschatz verschiedene Moleküle zu einem makroskopischen Objekt mit einer großen Oberfläche zusammen. „Vereinfacht gesagt gewinnen wir dabei beispielsweise einen Teelöffel schwarzes Pulver, dass die Fläche eines halben Fußballfeldes einnehmen kann“, erklärt der 33-jährige Chemiker. „Schließlich beobachten wir genau, was an den Grenzflächen des Materials passiert, um zu verstehen, welche Mechanismen dazu beitragen, dass ein bestimmter Stoff – wie beispielsweise Kohlendioxid – andockt. So können wir für die entsprechenden Anwendungen gezielt Materialien maßschneidern.“
Kohlendioxid als wertvoller Rohstoff
Das aufgefangene CO2 kann zum einen unterirdisch gespeichert werden, zum anderen dient es aber auch als wertvoller Rohstoff. Denn aus ihm lassen sich Grundchemikalien wie Methanol herstellen. „Nachhaltig ist das vor allem dann, wenn bei diesen Prozessen hauptsächlich erneuerbare Energien zum Einsatz kommen“, sagt Oschatz.
Wasserspaltung und Ammoniaksynthese im Reaktor
Um die umweltfreundliche Produktion eines klassischen Ausgangsstoffs für viele Anwendungen dreht es sich auch in einem weiteren Forschungsschwerpunkt des neuen Professors.
„Seit rund 100 Jahren wird Ammoniak mit dem Haber-Bosch-Verfahren bei hohen Drücken synthetisiert, um es beispielsweise als wichtigen Bestandteil von Düngemitteln zu verwenden“, erklärt der Chemiker. „Dabei wird Wasserstoff, der durch Erhitzen von Erdgas abgespalten wird, mit Stickstoff verbunden – für beide Vorgänge sind hohe Temperaturen notwendig.“
Oschatz entwickelt Materialien für Katalysatoren, durch die diese Prozesse auch elektrochemisch bei Raumtemperatur stattfinden können. So kann der Energieeintrag durch elektrischen Strom erfolgen und so modifiziert werden, dass Wasserstoff auch durch die Aufspaltung von Wasser gewonnen werden kann – Wasserspaltung und Ammoniaksynthese könnte dann in einem Reaktor kombiniert werden.
Am richtigen Ort
Mit solchen Zukunftsthemen an der Schnittstelle zwischen der Herstellung von Nanomaterialien, Grenzflächenchemie und Energieanwendungen fühlt sich der neue Professor an der Friedrich-Schiller-Universität genau am richtigen Ort.
„Ich habe mich für Jena entschieden, weil hier eine sehr gut funktionierende Forschungsinfrastruktur im Bereich Materialien und Energie existiert, die ich mit meiner Expertise in Synthese und Charakterisierung gut ergänzen kann. Jena gibt mir die Möglichkeit, Problemstellungen und offenen Fragen der Chemie der Energiematerialien aus verschiedensten Blickwinkeln zu begegnen. In Netzwerke, Forschungsverbünde und Sonderforschungsbereiche bin ich schnell proaktiv eingebunden worden“, sagt der gebürtige Radebeuler, der zuletzt am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam geforscht sowie an der Universität Potsdam gelehrt hat. Zuvor hatte er an der TU Dresden, im US-amerikanischen Atlanta und an der Universität Utrecht in den Niederlanden gearbeitet.