Das Direktsaatverfahren ist eine bodenschonende Sätechnik, bei der der Boden nicht gepflügt wird. Inwieweit weit sich dieses Aussaatverfahren auf den Bodenkohlenstoff auswirkt und damit auf die CO2-Emissionen aus landwirtschaftlich genutztem Boden haben Forschende der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) in einem fünfjährigen Dauerversuch ermittelt. Dafür verglichen sie die CO2-Emissionen aus Böden, in die Mais mittels Direktsaat eingesät wurde mit denen, die vor der Aussaat gepflügt wurden. Der Versuch ergab, dass die Maisdirektsaat die Treibhausgasemissionen je Hektar mehr als halbiert und damit der Bodenkohlenstoff länger stabilisiert werden kann. Die Ergebnisse veröffentlichte die Arbeitsgruppe Grünland und Futterbau/Ökologischer Landbau um Professor Friedhelm Taube in den Fachzeitschriften European Journal of Agronomy und Soil and Tillage Research.
Um die negativen Effekte durch den Klimawandel abzumildern, geht es global darum, Treibhausgasemissionen weiter zu reduzieren. In der Landwirtschaft ist es ein wichtiges Ziel, die Bodenkohlenstoffvorräte standortspezifisch im Boden zu steigern oder zu erhalten, um so der Atmosphäre CO2 zu entziehen. Generell beeinflusst die Menge der auf dem Feld verbleibenden Wurzel- und Erntereste nach der Ernte der Hauptfrucht die Humusbildung in Böden positiv. Ein großer Teil dieses pflanzlichen Kohlenstoffs wird mittelfristig physikalisch in Bodenaggregaten stabilisiert und zeigt dadurch eine längere Verweilzeit im Boden.
Ziel: Bodenkohlenstoffvorräte standortspezifisch im Boden steigern
Eine intensive Bodenbearbeitung kann diese Stabilisierung negativ beeinflussen und führt zu einem stärkeren Humusumsatz als unter konservierenden Bodenbedingungen. Beispielhaft für diesen Zusammenhang ist die Einbindung von mehrjährigem Acker- oder Kleegras in Ackerfruchtfolgen, sogenannten „Leys“, welche jährliche Kohlenstoffbindungen in Böden von mehr als drei Tonnen CO2 je Hektar leisten können, da zum einen die Futtergräser selbst eine große Menge an Wurzeln im Vergleich zur Sprossmasse bilden und zum anderen eine Bodenbearbeitung während der Ackergrasjahre ausbleibt.
Könnte dieser Kohlenstoff auch für darauffolgende vermeintlich humuszehrende Kulturen bei gleichzeitig hohen Biomasse- und Energieerträgen für die Tierhaltung im Sinne einer optimierten Fruchtfolgegestaltung konserviert werden, würde zum einen ein effektiver Beitrag zum Klimaschutz geleistet und zum anderen die Wertschöpfung solcher Systeme gesteigert werden. In diesem Zusammenhang betont Professor Taube die Bedeutung des pfluglosen Verfahrens:
„Die Direktsaat von Mais bietet eine gute Möglichkeit die Emissionen von Treibhausgasen aus landwirtschaftlich genutzten Böden zu verringern. Entscheidend ist aber, dass Fruchtfolgen im Ackerbau wieder diverser gestaltet werden. Eine Eingliederung von ein- bis zweijährigem Acker- oder Kleegras in Fruchtfolgen erhöht die Kohlenstoffbindung in Böden um mehr als drei Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr, welche mit dem Direktsaatverfahren länger im Boden erhalten bleiben können, auch wenn eine intensive Ackerkultur folgt. Durch intensive Bodenbearbeitung durch beispielsweise den Pflugeinsatz würde dieser zusätzlich gespeicherte Kohlenstoff wieder schnell im Boden abgebaut werden“, erläutert Taube das Potential der Direktsaat. „Wenn wir hohe Erträge bei gleichzeitig niedrigen Umweltkosten realisieren, würde es einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz leisten sowie die Wertschöpfung solcher Systeme erhöhen“, resümiert Professor Friedhelm Taube.
Das Feldexperiment
Um die langfristigen Effekte auf die Erträge und Umwelteffekte einer Maisdirektsaat im Vergleich zu der klassischen Pflugsaat zu vergleichen, legten die Forschenden im Jahr 2015 einen Parzellenversuch auf dem Versuchsbetrieb Hohenschulen im östlichen Hügelland Schleswig-Holsteins an. Dortige Böden sind sandige Lehme mit hohen bis sehr hohen Ertragserwartungen, sogenannte Gunststandorte. Bevor Mais auf den Parzellen gesät wurde, war es Grünland. Dort wuchsen Gräser und krautige Pflanzen; dadurch waren die Böden zu Versuchsbeginn gut mit organischem Bodenkohlenstoff versorgt. Im ersten Schritt wurde die Grünlandnarbe mit einem Totalherbizid behandelt. Anschließend wurde der Mais entweder direkt in die ehemalige Grünlandnarbe gesät oder eine klassische bodenwendende Saatbettbereitung vor der Aussaat durchgeführt. In den Folgejahren erfassten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Erträge, die wichtigsten Treibhausgasemissionen und die Veränderungen des Bodenkohlenstoffs. Langfristige Effekte auf den Kohlenstoffvorrat wurden modelliert.
Die wichtigsten Ergebnisse
Die Erträge in beiden Anbausystemen waren vergleichbar und bei ausreichender Nährstoffversorgung ohne Unterschiede. Die Bodenwassergehalte im Jahresverlauf zeigten eine höhere Stabilität bei der Maisdirektsaatvariante was auf die bessere Bodenstruktur im Vergleich zur Pflugvariante zurückzuführen ist. Bei einer in Zukunft höheren Wahrscheinlichkeit für unzureichende Niederschläge während der Vegetationsperiode in Schleswig-Holstein ist das Direktsaatverfahren so auch eine Möglichkeit auf den Klimawandel zu reagieren.
Klassische Bodenbearbeitung mit Pflug führt zu höheren CO2-Emissionen
Nach zweijährigen Messungen wurden bei der Maisdirektsaat 57 Prozent weniger Treibhausgasemissionen je Hektar gemessen als bei der Pflugsaat. Der größte Teil der gemessenen Treibhausgasemissionen stammte dabei aus dem Abbau des Bodenkohlenstoffs. Durch die klassische Bodenbearbeitung mit Pflug kam es also zu höheren CO2-Emissionen durch den verstärkten Abbau der organischen Substanz im Boden in den ersten zwei Jahren. Der Bodenkohlenstoff in der Direktsaatvariante zeigte nach zwei Jahren ebenfalls eine Abnahme, allerdings auf einem geringeren Niveau.
Angepasste Fruchtfolge mit Kleegrasjahren zwingend erforderlich
Modellierungen zeigen jedoch, dass der immer wiederkehrende Anbau von Mais auch bei dem Einsatz von Direktsaatverfahren die Kohlenstoffmengen im Boden langfristig verringert. Um dem Humusgehalt des Bodens auf einem stabilen Niveau zu halten ist eine angepasste Fruchtfolge mit Kleegrasjahren somit zwingend erforderlich. Langfristig ergibt sich so zwar kein Vorteil gegenüber dem Dauergrünland, da hier Kohlenstoff für mindestens weitere 20 Jahre im Boden gebunden werden kann allerdings resultiert hieraus auch keine weitere Abnahme. Auf Basis der Modellierung ergab sich langfristig eine jährliche Kohlenstoffspeicherung von +2,6 Tonnen CO2 für genutztes Dauergrünland und eine Abnahme von -1,1 Tonnen CO2 für eine Mais-Monokultur. Mittels Direktsaat und der Einbindung von Kleegras in die Fruchtfolge ergibt sich ein ausgeglichener Saldo einer Gras-Mais Fruchtfolge von +0,1 Tonnen CO2 pro Hektar im oberen Bodenhorizont.
Schlussfolgerungen und politische Restriktionen
„Die Ergebnisse des Projektes belegen, dass es vielversprechende Direktsaat-Optionen gibt. Mit der Kombination von mehrjährigem Ackergras oder Ackerkleegras und der eingeschobenen Ackernutzungen mit Mais oder anderen Kulturen kann eine hohe Bodenhumusspeicherung erreicht werden. So werden Gewässer und das Klima geschützt und trotzdem die Produktivität erhalten“, erklärt Dr. Thorsten Reinsch, wissenschaftlicher Projektkoordinator der Arbeitsgruppe Grünland und Futterbau/Ökologischer Landbau.
Das nahende Verbot des Totalherbizids Glyphosat schwächt den Einsatz der Direktsaat in Wechselgrünlandsystemen, da eine nicht-chemische Abtötung der Grasnarbe ohne Bodenbearbeitung nur schwer möglich ist. „Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung von Alternativ-Wirkstoffen zu Glyphosat insofern geboten, um der Landwirtschaft in Deutschland eine ausreichende Bandbreite an Anpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen zu erhalten“, erklärt Professor Taube.