Dass bei zunehmender Erderwärmung die Schichtung der Ozeane zunimmt, ist keine Überraschung. Ein internationales Team von Forschern unter Beteiligung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel veröffentlicht aber heute in der Fachzeitschrift Nature eine Studie, die zeigt, dass der Dichteunterschied zwischen der obersten und der nächsttieferen Schicht des Ozeans in den vergangenen 50 Jahren deutlicher zugenommen hat als bisher angenommen. Außerdem ist diese oberste Schicht, die die Tiefsee wie ein Filter von der Atmosphäre trennt, deutlich dicker geworden. Das erschwert unter anderem die Belüftung und den Austausch mit dem tieferen Ozean.
Die Erde erwärmt sich. Doch die Erwärmung der Luft wäre noch deutlich ausgeprägter, würde der Ozean nicht als gigantischer Klimapuffer funktionieren. Mehr als 90 Prozent der Wärmeenergie, die aufgrund der Freisetzung von Treibhausgasen in den vergangenen 150 Jahren zusätzlich in der Atmosphäre angefallen ist, hat das Weltmeer aufgenommen. Gleichzeitig binden Planktonorganismen im Ozean gewaltige Mengen Kohlenstoff und produzieren dabei Sauerstoff. Für all diese Funktionen spielt die oberste, gut durchmischte Schicht die entscheidende Rolle, da nur sie im direkten Kontakt mit der Atmosphäre steht.
Eine heute in der internationalen Fachzeitschrift Nature erschienene Studie zeigt deutlich, dass diese gemischte Oberflächenschicht des Ozeans deutlich undurchlässiger und auch dicker wird. „Das hat Folgen für den Ozean selbst, denn die tieferen Wasserschichten werden schlechter belüftet. Gleichzeitig bedeutet das, dass das Weltmeer in seiner Funktion als Klimapuffer beeinträchtig wird“, sagt der Ozeanograph Dr. Sunke Schmidtko vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Co-Autor der Studie.
Für die Studie haben Wissenschaftler aus Frankreich, Australien, Deutschland, Großbritannien und den USA um den Erstautoren Jean-Baptiste Sallée von der Sorbonne Université Paris alle verfügbaren ozeanographischen Daten aus der Zeit zwischen 1970 und 2018 analysiert. „Diese Daten wurden während Schiffsexpeditionen zum Beispiel mit CTD-Sonden erhoben und von autonomen Messbojen, den ARGO-Floats, gemessen“, erklärt Dr. Schmidtko. Datenbanken wie die World Ocean Database der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) oder die europäische Coriolis-Datenbank halten sie für die Wissenschaft vor.
Deutliche und beunruhigende Befunde
Die Auswertung dieser umfangreichen Datenbasis zeigt, dass der Dichteunterschied zwischen der oberen durchmischten Schicht des Ozeans und der darunter liegenden Schicht seit 1970 während der Sommermonate in einigen Regionen um fast neun Prozent zugenommen hat. „Das liegt in den tropischen und subtropischen Bereichen vor allem an der Erwärmung des Oberflächenwassers, in den gemäßigten und polaren Breiten an dem Zufluss von Frischwasser, das sich über das Salzwasser legt“, erklärt Dr. Schmidtko. Der Befund an sich sei auch erwartet worden, allerdings nicht in dieser Deutlichkeit.
Überraschend war auch, dass die obere Mischschicht nicht dünner, sondern dicker geworden ist. „Während frühere Arbeiten nahelegten, dass eine dünnere vermischte Oberfläche mit einem stärker geschichteten Ozean einhergehen würde, finden wir stattdessen, dass die sommerliche Mischungsschicht mehrere Meter pro Jahrzehnt tiefer wurde“, so der Kieler Ozeanograph. Wahrscheinlich hängt diese Vertiefung der Oberflächenschicht auch damit zusammen, dass der Klimawandel zu stärkeren Winden führt, die die oberen Wasserschichten stärker durchmischen. „An diesem Punkt müssen aber weitere Studien anschließen“, betont Dr. Schmidtko.
Nichtsdestotrotz zeigt die Studie deutlich die Veränderungen, die sich im Ozean abspielen. „Die obere Mischschicht ist wie ein Filter zwischen Atmosphäre und tiefem Ozean. Sauerstoff für die Tiefe muss diese Schicht genauso passieren wie die Nährstoffe aus der Tiefe für Organismen nahe der Wasseroberfläche oder die Wärme aus der Atmosphäre. Wenn dieser Filter dicker und undurchlässiger wird, hat das Auswirkungen auf alle beteiligten Prozesse. Auch die Sauerstoffabnahme im gesamten Ozean, die wir von Kiel aus schon seit Jahren untersuchen, wird durch diese Prozesse verstärkt“, fasst Dr. Schmidtko zusammen.