DBU: Spielerisch zur emissionsarmen Schweinehaltung

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert die Entwicklung des realitätsnahen Computerspiels Pig ‚N‘ Play mit rund 516.000 Euro. Falk Herrmann Piclease

Die Landwirtschaft steht vor einem fundamentalen Umbruch, um ihren Beitrag zu weniger Treibhausgasemissionen und mehr Klimaschutz zu leisten. Ein neues Computerspiel soll Bäuerinnen und Bauern bei der Planung dieses Umbaus helfen – zunächst am Modell der Schweinehaltung im Nordwesten Niedersachsens, bundesweit einer der Regionen mit intensiver Tierhaltung. Der Projekttitel ist zugleich Programm: Pig ‚N‘ Play: Der Name sei bewusst gewählt, so DBU-Referatsleiterin Dr. Susanne Wiese-Willmaring.

„Eine der größten Herausforderungen der Landwirtschaft“

Foto: DBU

Schließlich gehe es bei diesem ernsten und realitätsnahen Computerspiel („Play“) um Schweinehaltung („Pig“). Das ‚N‘ in Apostrophen steht übrigens nicht nur für das englische „and“ („und“), sondern auch für „N“, das Symbol des chemischen Elements Stickstoff. „Damit sind wir direkt bei einer der größten Herausforderungen in der Landwirtschaft“, sagt Wiese-Willmaring, die das Projekt Pig ‚N‘ Play betreut. Die Fachreferentin: „Die Stickstoffemissionen der Landwirtschaft und damit einhergehende Belastungen für Klima und Umwelt sind noch viel zu hoch. Zu den bundesweiten Brennpunkten zählt Nordwest-Deutschland und dessen intensive Tierhaltung.“ Die Entwicklung des PC-Spiels ist zunächst auf zwei Jahre angelegt.

Stickstoff im Oberflächengewässer

Laut Umweltbundesamt (UBA) stellt überschüssiger Stickstoff aus landwirtschaftlichen Quellen ein Risiko dar – dann nämlich, wenn er durch die Verbindung mit Sauerstoff als Nitrat in Grund- und Oberflächengewässer oder etwa als Ammoniak und Lachgas in die Luft gelangt. Lachgas wiederum trägt als eines der hochwirksamen Treibhausgase erheblich zur Klimaerwärmung bei. Dem UBA zufolge sind zwischen 2012 und 2016 jährlich ungefähr 466.000 Tonnen Stickstoff in deutsche Oberflächengewässer gelangt. Mehr als 74 Prozent dieser Einträge stammten aus landwirtschaftlich genutzten Flächen, so das UBA. Hinzu kommt eine politische Komponente: Wegen Verstoßes gegen die EU-Nitratrichtlinie von 1991 hat die EU-Kommission gegen Deutschland ein noch laufendes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Deutschland hat deswegen bereits die bundesweite Düngeverordnung novelliert. Belastungen von Böden und Gewässern mit Stickstoff und Phosphat sollen so entscheidend minimiert werden. Und: Laut Deutscher Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung muss der Stickstoffüberschuss bis 2030 auf maximal 70 Kilogramm pro Hektar sinken. 1990 lag dieser Wert bei 141 Kilogramm, aktuell sind es rund 89 Kilogramm pro Hektar.

Handlungsalternativen für Betriebe

„Pig ‚N‘ Play soll den Landwirten und Landwirtinnen helfen, diese komplexen Zusammenhänge zu verstehen und speziell auf die eigene Schweinehaltung anzuwenden – mit betriebsindividuellen Handlungsoptionen für nachhaltigkeitsorientiertes und zugleich zukunftsfähiges Wirtschaften“, sagt Wiese-Willmaring. Pig ‚N‘ Play solle zwar vordergründig spielerisch Wissen vermitteln, sei aber als „serious game“ mehr als reine Unterhaltung. Wiese-Willmaring: „Am Projektende werden den Spielenden virtuelle Szenarien und Handlungsalternativen für den eigenen Betrieb angeboten.“ Sie könnten erproben, welche Umwelt- und Klimakonsequenzen etwa ein Stickstoffeinsatz hat, wie sich eine veränderte Bewirtschaftung auf das Klima auswirkt „oder welche Wechselwirkungen zwischen Außenställen, Ammoniak-Emissionen, Energieverbrauch und Wirtschaftlichkeit bestehen“.

Ausgewiesene Expertise als Projektpartner

Weil es bei Pig ‚N‘ Play um Zukunftsfragen der Landwirtschaft geht, „wenden wir uns mit der Spiel-Entwicklung vor allem an künftige Entscheider und Entscheiderinnen auf den Höfen – also an Landwirte in der Ausbildung, in Fach- und Berufsschulen oder im Studium“, so die DBU-Referentin. Zur Seite steht dabei ausgewiesene wissenschaftliche Expertise: die Universität Vechta und die dort angesiedelte wissenschaftliche Koordinierungsstelle Transformationsforschung agrar Niedersachsen, das Department für Nutztierwissenschaften der Georg-August-Universität Göttingen, das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie sowie das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz mit Sitz in Osnabrück.