Die Menge an Kohlenstoff, die von den Landökosystemen der Erde aufgenommen wird, schwankt von Jahr zu Jahr. Diese Schwankungen werden in erster Linie durch Veränderungen der Bodenfeuchte angetrieben. Ein internationales Team von Wissenschaftlern, darunter Prof. Markus Reichstein und Dr. Martin Jung vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, fand dies in Modellierungsexperimenten heraus. Überraschenderweise wirkt sich die Bodenfeuchte vor allem indirekt auf die Kohlenstoffaufnahme der Pflanzen und Böden aus, indem sie die bodennahe Temperatur und Luftfeuchtigkeit beeinflusst.
Die Landökosysteme der Erde nehmen einen großen Teil der durch menschliche Aktivitäten verursachten Kohlendioxid-Emissionen auf und tragen so dazu bei, die globale Erwärmung zu verlangsamen. Im Durchschnitt binden Pflanzen und Böden etwa 30 Prozent der vom Menschen verursachten Emissionen. Aber von Jahr zu Jahr kann diese Zahl stark schwanken: manchmal werden nur 20%, manchmal sogar 40% aufgenommen. Was genau diese jährlichen Schwankungen verursacht, wird unter Klimamodellierern heftig debattiert. Sie benötigen diese Information um genauere Modelle für Klimavorhersagen erstellen zu können.
Die neue Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht
Die eine Seite argumentiert, dass die Schwankungen hauptsächlich durch atmosphärische Eigenschaften, wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit in Oberflächennähe, angetrieben wird, während die andere Seite die Bodenfeuchte als Ursache favorisiert. Die neue Studie, die in der Ausgabe vom 1. April in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, löst dieses Rätsel. Sie zeigt, dass die im Boden gespeicherte Feuchtigkeit in der Tat die Hauptrolle dabei spielt, wie viel Kohlendioxid von Landökosystemen aufgenommen wird. Allerdings wirkt die Bodenfeuchte meist nur indirekt, indem sie die Luftfeuchtigkeit und -temperatur in Bodennähe beeinflusst, die wiederum die Fähigkeit der Pflanzen zur Kohlenstoffbindung beeinflussen.
„Die Bodenfeuchte ist der entscheidende Treiber, die bodennahe Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind ihre Werkzeuge“, sagt Dr. Vincent Humphrey, Hauptautor vom California Institute of Technology (Caltech), USA.
Um die Bedeutung der Bodenfeuchte zu analysieren, führten die Forschenden Simulationen mit Klimamodellen durch, die alle bekannten und relevanten Klimaparameter der Landoberfläche, der Ozeane und der Atmosphäre vollständig integrieren. Sie simulierten zwei verschiedene Welten: einen Referenzplaneten mit den normalen Bedingungen unserer Erde und eine hypothetische Welt, in der es nie zu Extremen in der Bodenfeuchte kommt – weder zu Dürren noch zu Überschwemmungen.
Jährliche Variabilität in der Kohlenstoffaufnahme durch die Landoberfläche
„In der Referenzsimulation sahen wir die erwartete jährliche Variabilität in der Kohlenstoffaufnahme durch die Landoberfläche“, sagt Dr. Martin Jung, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Biogeochemie, „aber im Fall der hypothetischen Welt verschwanden überraschenderweise die von Jahr zu Jahr auftretenden Schwankungen.“ Das bedeutet, dass im Modell die Ökosysteme, also Pflanzen und Böden, bei stabiler Wasserverfügbarkeit immer den annähernd gleichen Prozentsatz der menschlichen Emissionen gebunden haben. „Wir können daher mit Sicherheit sagen, dass die Bodenfeuchte eine dominante Rolle bei den jährlichen Schwankungen der Kohlenstoffaufnahme spielt“, sagt Humphrey.
Die Bodenfeuchte hat einen großen Einfluss auf die oberflächennahen Temperaturen
Doch wie kommt es dazu? Den Forschenden fiel auf, dass es in der hypothetischen Welt ohne extreme Wasserbedingungen viel weniger auffällige Klimaereignisse in der Atmosphäre mit erhöhten Temperaturen oder verringerter Luftfeuchtigkeit gab, als in der Referenz. Sie konnten dies auf indirekt wirkende Prozesse zurückführen, so genannte Land-Atmosphäre-Rückkopplungen, bei denen Eigenschaften der Landökosysteme die Atmosphäre stark beeinflussen. So führt beispielsweise eine Dürre im Boden zu heißerer und trockenerer Luft in Bodennähe, da die Bäume weniger Wasser für die Transpiration zur Verfügung haben, welche die Atmosphäre kühlt. „Die Bodenfeuchte hat einen großen Einfluss auf die oberflächennahen Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit“, bestätigt Prof. Markus Reichstein, Direktor am Max-Planck-Institut für Biogeochemie. „Trockene Böden verstärken Extremereignisse wie Hitzewellen, weil die Pflanzen die Landoberfläche nicht wieder befeuchten und kühlen können“, ergänzt er.
Bedeutung der Land-Atmosphäre-Rückkopplungen für die globale Kohlenstoffaufnahme
Die Wissenschaftler waren erstaunt von der großen Bedeutung dieser Land-Atmosphäre-Rückkopplungen für die globale Kohlenstoffaufnahme. Es stellte sich heraus, dass sich die Bodenfeuchte nur zu etwa einem Viertel direkt auf die jährlichen Schwankungen auswirkt. Überraschende 75 Prozent wirkten indirekt, indem die Bodenfeuchte die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit veränderte. Daraus folgt, dass die Kohlenstoffbindung von Pflanzen während Dürreperioden nicht so sehr wegen des fehlenden Bodenwassers reduziert ist, sondern vor allem wegen der heißeren und trockeneren Atmosphäre. „Insgesamt betrachtet fügen diese Ergebnisse einen weiteren Mosaikstein zu unserem Bild, dass Veränderungen in den Wasserkreisläufen wahrscheinlich viel wichtiger für die Ökosysteme sind, als nur alleine die globale Erwärmung“, folgert Reichstein.