Nachhaltige Landwirtschaft und Holzproduktion können Aussterbe-Risiko bedrohter reduzieren

Rice field in Sumatra. (Picture: Nico Boersen, Pixabay)

Eine weltweite Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft und Holzproduktion würde die wichtigsten Faktoren für das Aussterben landbasierter Tier- und Pflanzenarten um 40 % reduzieren. Das zeigt eine in Nature Ecology & Evolution veröffentlichte Studie unter Leitung der Post-2020 Taskforce der IUCN Species Survival Commission mit Sitz an der University Newcastle. An der Studie waren Forschende von 54 Institutionen aus 21 Ländern beteiligt, darunter auch das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Für die Untersuchungen kam eine neue Metrik zum Einsatz, die es Unternehmen, Regierungen sowie den Bürgern ermöglicht, ihren potentiellen Beitrag zum globalen Artenverlust zu bewerten.

Die Autoren wenden die STAR-Metrik (für Species Threat Abatement and Restoration) in der Studie auf alle Amphibien-, Vögel-, und Säugetierarten an. Diese Gruppen von landbasierten Wirbeltieren sind umfangreich in der Roten Liste der bedrohten Arten der IUCN erfasst. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass allein das Beseitigen aller Bedrohungen, die mit der Landwirtschaft einhergehen, das Aussterbe-Risiko all dieser Arten um 24% reduzieren würde. Ohne die Bedrohungen durch nicht-nachhaltige Abholzung wäre das Gesamtrisiko um weitere 16 % geringer. Eine Reduktion des Risikos für Artenverlust um 10 % ergäbe sich durch die Beseitigung der Bedrohung durch invasive Arten. STAR kann außerdem den positiven Einfluss von Renaturierungsmaßnahmen erfassen:

Den Autoren der Studie zufolge kann die weitreichende globale Renaturierung der Lebensräume bedrohter Arten das Risiko eines weltweiten Artenverlustes um 56 % senken.

Maßnahmen, die mehreren bedrohten Arten und insbesondere den am stärksten bedrohten Arten zugute kommen, erhalten eine höhere STAR-Bewertung. Die Ergebnisse zeigen, dass der Erhalt von Lebensräumen mit Schlüsselfunktionen für die Artenvielfalt, sogenannter Key Biodiversity Areas, das Risiko des globalen Artenverlusts um fast die Hälfte (47 %) reduzieren könnte – obwohl diese Gebiete nur einen Anteil von 9 % an der global Landfläche haben. Während alle Länder zum globalen STAR-Ergebnis beitragen, könnte der Erhalt von fünf megadiversen Regionen das globale Risiko des Artenverlusts um rund ein Drittel (31 %) reduzieren, wobei Indonesien alleine 7 % beisteuern könnte.

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„Wir befinden uns mitten in einer Biodiversitätskrise, und die Mittel sind begrenzt. Aber unsere Studie zeigt, dass sich das Risiko des Artensterbens auf relativ kleine Gebiete mit einer großen Anzahl an bedrohten Arten konzentriert. Die STAR-Methodik gibt uns die Möglichkeit, einheitlich die potentiellen Auswirkungen von Artenerhaltungs- und Renaturierungsmaßnahmen zu messen,” sagt Dr. Louise Mair von der Newcastle University, die die Studie leitete. “Gleichzeitig zeigt unsere Studie, dass die Bedrohungen von Tierarten allgegenwärtig sind, und dass jedes Land ohne Ausnahme seinen Anteil beisteuern muss, um den globalen Verlust von Arten abzuwenden.” Um aufzuzeigen, wie Firmen und andere Institutionen diese neue Methode nutzen können, haben die Autoren STAR auf einen kommerziellen, 88.000 Hektar großen Kautschukhersteller im zentralen Sumatra angewandt, wo Landwirtschaft, Abholzung, und Bejagung die größten Risikofaktoren für die lokale Artenvielfalt darstellen.

Den Autoren zufolge könnte alleine durch das Beenden dieser Aktivitäten auf dem Gebiet des Kautschukherstellers das Risiko des Artenverlusts auf Sumatra um 0.2 % gesenkt werden, was 0.04 % des Gesamtrisikos Indonesiens, und 0.003 % des globalen Risikos entspricht. Diese Werte werden hauptsächlich durch den Schutz der lokalen Tigerpopulation (Panthera tigris, stark gefährdet) und der lokalen Elefantenpopulation (Hipposideros orbiculus, gefährdet und nur in dieser Region heimisch) erreicht.

Die Erfassung von Beiträgen zum Erhalt der Artenvielfalt und die Bewertung von Risiken für die Artenvielfalt – was beides durch STAR ermöglicht wird – kann Unternehmen beispielsweise dabei helfen, ihre Portfolios anhand von Nachhaltigkeitskriterien zu analysieren. Die STAR-Metrik wird rechtzeitig für die großen internationalen Konferenzen rund um das Thema Umwelt und Artenvielfalt 2021 zur Verfügung stehen. Dazu gehören der IUCN Weltnaturschutzkongress im französischen Marseille (September) sowie die 15. Konferenz der UN Konvention für Biologische Vielfalt in Kunming, China (Oktober). Dort soll die internationale Gemeinschaft ein neues, ambitioniertes Artenschutz-Abkommen beschliessen.