Der „CAMPUS PREIS: Forschen für nachhaltige Zukunft“ geht in diesem Jahr an einen Wirtschaftswissenschaftler der Universität Bremen sowie einen Masterabsolventen des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) und der Universität. Dr. Tobias Wendler hat sich in seiner ausgezeichneten Doktorarbeit mit grünen Technologien und ihrem Nutzen in den Ländern der EU beschäftigt. Karl Schrader forschte in seiner Masterarbeit zur Krabben-Fischerei auf den Fidschi-Inseln. In seiner Dissertation untersuchte Tobias Wendler den Zusammenhang zwischen den Entwicklungen grüner Technologien und Umweltschäden in der Europäischen Union (EU). Unter grünen Technologien versteht man zum Beispiel Anlagen zur Stromerzeugung wie Windenergieanlagen, aber auch Technologien zur Rückgewinnung von Wertstoffen. Die Datenanalyse war aufwändig. Wendler analysierte dafür Daten zu Patenten sowie Emissionen und zum Ressourcenverbrauch aus den 27 EU-Staaten. Der untersuchte Zeitraum umfasst mehr als 20 Jahre.
Grüne Technologien unterscheiden sich beim Ressourcenverbrauch
Der promovierte Volkswirt fand heraus, dass grüne Technologien zwar einen besonderen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Allerdings unterscheiden sie sich beim Ressourcenverbrauch sehr stark. „Mit gut entwickelten Recycling-Technologien lassen sich wesentlich deutlicher und schneller Effekte erzielen“, erläutert der Wissenschaftler seine Ergebnisse. Nachholbedarf sieht er im Mobilitätssektor. Alternative Energieproduktions- oder grüne Transporttechnologien hätten den Ressourcenverbrauch bislang nicht messbar verringert, so Wendler. Zudem hätten gleiche Technologien nicht immer dieselbe Wirkung. „Sie sind keine ‚one-size-fits-all‘-Lösung “, so Wendler. Es sei wichtig, nationalen Unterschieden innerhalb der EU Rechnung zu tragen und länderspezifische Barrieren abzubauen.
„Tobias Wendler hat über den Tellerrand hinausgeschaut“
Jury-Mitglied Nike Fuchs vom Alfred Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) lobt Tobias Wendlers Dissertation als einen „wichtigen Fingerzeig für eine nachhaltige Zukunft aus der Sicht eines engagierten Volkswirts“. Sie hebt nicht nur die aufwändige Datenanalyse der Arbeit, sondern auch die ganzheitliche Betrachtung der Nachhaltigkeitsproblematik hervor. „Wir sollten den Blick über die Betrachtung der CO2-Mengen hinaus richten, wenn es um die nachhaltige Zukunftsgestaltung geht. Hierzu gehört auch die Betrachtung der Ressourcenverbräuche und damit neben dem Klima- der Ressourcenschutz“, sagt sie. Wendler habe außerdem über den Tellerrand seines wirtschaftswissenschaftlichen Fachgebiets hinausgeschaut und sich mit gesellschaftlichen Fragestellungen beschäftigt.
Wendler: „Stets das große Ganze in den Blick nehmen“
„Der Preis ist eine tolle Bestätigung, dass auch die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften konkrete Beiträge hin zur Nachhaltigkeit liefern können“, sagt Tobias Wendler. „Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung müssen wir nicht nur technologische Lösungen, sondern stets das große Ganze in den Blick nehmen. Wir benötigen die Offenheit für einen Wandel, der tiefer gehen kann als nur kleinere Anpassungen in Produktions- und Konsumweisen. Anstatt einfacher Lösungen sollten wir stärker auf den gesellschaftlichen Sinn schauen und auf eine weniger von materiellen Belangen gesteuerte Gesellschaft hinarbeiten.“
Managementempfehlungen für die Krabben-Fischerei in Fidschi
Für seine Masterarbeit verbrachte Karl Schrader ein halbes Jahr im südpazifischen Inselstaat Fidschi. Er untersuchte, wie sich die Fischerei im Rewa Delta in der Nähe von Suva, der Hauptstadt von Fidschi auf Mangrovenkrabben auswirkte. „Ich wollte wissen, ob ein vergleichsweise hoher Fischereidruck zu Einbußen in Fangzahlen und der durchschnittlichen Fanggröße einzelner Krabben führte“, sagt der Student. Im Zuge der Studie wurden über drei Monate Krabben gefangen, bestimmt, gezählt, vermessen und danach wieder frei gelassen. Das Nummerieren einzelner Krabben stellte sicher, dass mögliche Ortswechsel der Individuen mit in die Auswertung einbezogen werden konnten.
Schrader konnte zeigen, dass lokale Unterschiede in der Fischereiintensität bei der wirtschaftlich wichtigsten Mangrovenkrabbe der Art Scylla serrata mit Unterschieden in der durchschnittlichen Größe der gefangenen Individuen einhergehen. Unterschiede in den Fangzahlen verändern sich, zumindest im Kontext des Untersuchungsgebietes, großräumiger und über längere Zeiträume, wie die lokalen Fischer berichten. Um die Bestände zu schützen, seien Maßnahmen wie eine strikte Einhaltung von Mindestfanggrößen notwendig. Des Weiteren müsse es Schonzeiten oder Tabuzonen geben, in denen die Fischerei von Mangrovenkrabben gänzlich eingestellt wird, folgerte Schrader.
Interesse an Arbeit ist in Fidschi weiterhin da
Einen Managementansatz konnte der Meeresbiologie sogar vor Ort testen, als die Einheimischen dem Bremer Studenten vorschlugen, die Fischerei zwei Monate lang einzuschränken. Der kurze Zeitraum reichte aus, um erste lokale Tendenzen hin zu höheren Fangzahlen festzustellen. Während seines Forschungsaufenthalts entwickelte Karl Schrader eine vertrauensvolle Beziehung zu der lokalen Bevölkerung, insbesondere zu Peniasi Naimoso, dem Repräsentanten des Bezirks Vutia in der Provinz Rewa. Das Interesse an Schraders Ergebnissen besteht weiterhin. Der Forscher schickte bereits einen Bericht mit Ergebnissen und Management-Empfehlungen an den Bezirksrepräsentanten. Auch das Bildungsministerium wird noch einen ausführlichen Abschlussbericht erhalten. Karl Schrader weiß: „Der Erfolg künftiger Schutzmaßnahmen ist abhängig von der Akzeptanz in den einzelnen Kommunen, deren Fischeigründe sehr klar definiert sind und untereinander respektiert werden.“