Günstiger als mit Sonne lässt sich heute kein Strom erzeugen. An sonnigen Standorten entstehen derzeit Kraftwerke, die Solarstrom sogar für weniger als zwei Cent pro Kilowattstunde liefern werden. Auf dem Markt erhältliche Solarzellen auf der Basis von kristallinem Silizium machen dies mit Wirkungsgraden von bis zu 23 Prozent möglich. Mit noch höheren Wirkungsgraden von mehr als 26 Prozent könnten die Kosten weiter sinken. Dieses Ziel hat nun eine internationale Arbeitsgruppe rund um Photovoltaik-Forscher vom Forschungszentrum Jülich mit einem nanostrukturierten, durchsichtigen Material für die Vorderseite von Solarzellen und einem ausgeklügelten Design im Blick.
Silizium-Solarzellen konnten in den vergangenen Jahrzehnten stetig verbessert werden und haben bereits einen sehr hohen Entwicklungsstand erreicht. Doch noch immer tritt nach der Absorption des Sonnenlichts und der photovoltaischen Erzeugung von elektrischen Ladungsträgern der störende Effekt der Rekombination auf. Dabei vereinen sich bereits erzeugte negative und positive Ladungsträger und löschen sich gegenseitig aus, bevor sie für den Fluss von Solarstrom genutzt werden konnten. Dagegen helfen spezielle Materialien, die eine besondere Eigenschaft – eine Passivierung – aufweisen.
„Unsere nanostrukturierten Schichten bieten genau diese gewünschte Passivierung“, sagt der mittlerweile promovierte Doktorand und Erstautor Malte Köhler vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-5). Zusätzlich sind die hauchdünnen Schichten transparent – der Lichteinfall wird also kaum reduziert – und zeigen eine hohe elektrische Leitfähigkeit. „Kein anderer Entwicklungsansatz vereint bisher diese drei Eigenschaften – Passivierung, Transparenz, Leitfähigkeit – so gut wie unser neues Design“, sagt Dr. Kaining Ding, Leiter der Jülicher Arbeitsgruppe. Ein erster Prototyp der Jülicher TPC-Solarzelle – die Abkürzung steht für „Transparent Passivating Contact“ – erreichte im Labor einen hohen Wirkungsgrad von 23,99 Prozent (+- 0,29 Prozent). Dieser Wert wurde auch von dem unabhängigen CalTeC-Prüflabor des Instituts für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH) bestätigt. Damit rangiert die Jülicher TPC-Solarzelle zwar noch etwas unter den bisher besten Laborzellen aus kristallinem Silizium. Doch parallel durchgeführte Simulationen haben gezeigt, dass mit der TPC-Technologie Wirkungsgrade von mehr als 26 Prozent möglich sind.
„Zudem haben wir bei der Fertigung nur Verfahren angewendet, die sich relativ schnell in eine Serienproduktion integrieren lassen“, betont Ding den Vorteil gegenüber anderen Forschungsansätzen.
Mit dieser Strategie ermöglichen die Jülicher Forscher, dass ihre Entwicklung aus dem Labor ohne allzu großen Aufwand in einer industriellen Solarzellfertigung im großen Maßstab übernommen werden kann. Für die Fertigung der TPC-Schichten waren mehrere Prozessschritte notwendig. Auf einer dünnen Lage aus Siliziumdioxid deponierten die Forscher eine Doppelschicht winziger Pyramiden-förmiger Nanokristallen aus Siliziumkarbid – aufgetragen bei zwei unterschiedlichen Temperaturen. Zum Abschluss folgte eine durchsichtige Lage aus Indiumzinnoxid. Dabei wendeten Ding und Kollegen nasschemische Verfahren, eine Ablagerung aus der Dampfphase (Chemical Vapour Deposition, CVD) und einen sogenannten Sputter-Prozess an.
Für ihren Erfolg haben die Jülicher Forscher vom IEK-5 und des Jülicher Ernst-Ruska Zentrums für Elektronenmikroskopie eng mit mehreren Instituten in den Niederlanden, China, Russland und Ecuador zusammengearbeitet. Zu den Partnern zählen Forschende der RWTH Aachen, der Universität Duisburg-Essen, der Technischen Universitäten Delft und Eindhoven, der Universidad San Francisco de Quito, der Universität und des Kutateladze Institute of Thermophysics in Novosibirsk und der Sun Yat-Sen Universität in Guangzhou. In weiteren Schritten will die Arbeitsgruppe um Kaining Ding die Stromausbeute ihrer TPC-Solarzellen weiter optimieren. „Wir rechnen auch mit einem großen Interesse der Solarzell-Hersteller an unserer Technologie“, sagt Ding.