Wie können Konsumenten mit Kommunikationskampagnen dazu angeregt werden, ihren Konsum zu reflektieren und zu ändern? Das hat das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung in einem Kooperationsprojekt mit der Fachrichtung Kommunikationsdesign der Hochschule Mainz untersucht. Auf Grundlage empirischer Forschungsergebnisse gingen Studierende der Frage nach, wie die soziale Teilhabe unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen durch nachhaltigen Konsum verbessert werden kann. Im Fokus standen drei Gruppen, die bislang nicht im Zentrum des Nachhaltigkeitsdiskurses standen: Jugendliche, Migranten sowie einkommensschwache Haushalte. Die Ergebnisse des Projekts wurden jetzt veröffentlicht:
Im Rahmen der Nachhaltigkeitskommunikation gilt als gesichert, dass Konsumenten nicht allein durch die bloße Vermittlung von Wissen ihr Handeln im Alltag verändern. Vielmehr beeinflusst eine Vielzahl von Faktoren die Wirkung von Kommunikationskampagnen. „Es ist wichtig zu verstehen, wie stark Alltagshandeln von Routinen geprägt ist“, sagt Immanuel Stieß, Experte für nachhaltigen Konsum am ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung. „Deshalb ist es so wichtig, das Alltagswissen und die Alltagserfahrung der Zielgruppen in den Blick zu nehmen.“ Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass Kommunikationsansätze dann in der Praxis erfolgreich sind, wenn Informationen emotional und über Geschichten vermittelt werden. Dies gilt gerade mit Blick auf Jugendliche und junge Erwachsene, weil für sie beim Konsum eher Motive wie soziale Teilhabe und Anerkennung und weniger das Thema Umwelt handlungsleitend sind.
Auf dieser Grundlage entwickelten Studierende des Masterstudiengangs Stuffed Birds der
Hochschule Mainz in einem Kooperationsprojekt mit dem ISOE sechs Kampagnen zur Ansprache von Jugendlichen für nachhaltigen Konsum. „Ziel der Kampagnen war es, die Zielgruppen dazu zu bewegen, den eigenen Konsum zu hinterfragen und anders zu konsumieren,“ erklärt Nicola Schuldt-Baumgart, Leiterin der Wissenskommunikation am ISOE. Dass der Fokus der Kampagnen auf Jugendliche aus prekären Milieus gerichtet war, die aufgrund ihrer ökonomischen Situation üblicherweise nicht zu den primären Zielgruppen des Marketings gehören, sei eine zusätzliche Herausforderung gewesen. „Die meisten Studierenden mussten sich in die Lebenswelten und Bedeutungshorizonte von Jugendlichen versetzen, die ganz anderen sozialen Milieus entstammen als sie selbst“, sagt Schuldt-Baumgart.
Die sechs Kampagnen der Studierenden umfassen klassische Werbeinstrumente wie Poster und Plakate, aber auch zielgruppenspezifische Social-Media-Formate wie Apps oder ein Online-Quiz zu nachhaltigem Konsum. Die Arbeiten basieren auf aktuellen Ergebnissen aus dem Forschungsprojekt „Bürgerbeteiligung und soziale Teilhabe für nachhaltigen Konsum (NaKoDi)“, das das ISOE im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt hat. Die Kampagnen wurden in Fokusgruppen getestet. Grundlagen des Briefings der Studierenden waren zum einen eine Einführung in das Thema und die Ergebnisse des Forschungsprojekts NaKoDi sowie zum anderen die Einarbeitung in aktuelle Erkenntnisse der Wissenschafts-, Nachhaltigkeits- und Markenkommunikation.
Die Ergebnisse dieses Kooperationsprojektes sind jetzt in einer von Caroline Lenau (Hochschule Mainz) gestalteten Broschüre erschienen: Schröner, Charlotte/Eberhart Kirchhoff/Matthias Riedel/Monika Aichele/Karen Knoll/Nicola Schuldt-Baumgart/Immanuel Stieß (2021): Bratan, du zählst! Nachhaltiger Konsum und soziale Teilhabe für prekäre Zielgruppen. Mainz: Hochschule Mainz