TU Graz: Materialforschung auf dem Holzweg

Die Herstellung biobasierter Materialien (hier im Bild: Schaum aus mikrofibrillärer Cellulose) steht im Zentrum des Forschungsinteresses am Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik. Stefan Spirk © TU Graz / BPTI

Holz als nachwachsende Ressource bietet ein hohes Potenzial im Kampf gegen den Klimawandel. Zum einen bindet es große Mengen an Kohlenstoff (1 Tonne pro Kubikmeter!). Zum anderen ist es eine umweltfreundliche Alternative zu den fossilen Rohstoffen, die einen Großteil der Treibhausgas-Emissionen verursachen. Am Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik der TU Graz stellen Forschende aus den Holzbestandteilen Cellulose, Hemicellulose und Lignin biologisch abbaubare Materialien her.

Samir Kopacic etwa möchte mit solchen Materialien dazu beitragen, dass in Zukunft weniger Plastik und mehr biologisch abbaubare Materialien verwendet werden. Hierfür ist in Zusammenarbeit mit akademischen und industriellen Partnern das sogenannte „Barrier-Lab“ des Instituts entstanden. Dort forscht Kopacic an biobasierten Verpackungsmaterialien, die ebenso gute Barriere-Eigenschaften aufweisen sollen wie synthetische Kunststoffe: Sie müssen den Verpackungsinhalt (Lebensmittel, Kosmetika, Medikamente, etc.) vor Sauerstoff, Luftfeuchtigkeit und anderen äußeren Einflüssen schützen sowie das Aroma und die Frische der Produkte bewahren.
Papier und Karton eignen sich derzeit nur bedingt dafür, wie Kopacic aufzeigt: „Papier und Karton sind porös und faserig. Um die notwendige Undurchlässigkeit zu erreichen, werden sie häufig mit synthetischen, biologisch nicht abbaubaren und schwer recyclebaren Polymeren beschichtet, oder mit Metallfolien kaschiert.“

Kopacic möchte hier in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der Österreichischen Papierindustrie Austropapier sowie mit Unterstützung der industriellen Partner Abhilfe schaffen. Im mit rund 810.000 Euro geförderten FFG-Forschungsprojekt PapSpray verfolgt das Projektteam den Ansatz, Papier oder Karton mit Biopolymeren zu besprühen. „Beim Auftragen von biobasierten Barriere-Materialien auf Papier waren konventionelle Beschichtungsverfahren aufgrund des komplexen Fließverhaltens dieser Materialien nur begrenzt erfolgreich. Wir testen nun die Tauglichkeit von Sprühbeschichtungsverfahren und untersuchen, wie Biopolymere auf Papier aufgesprüht werden müssen, um die gewünschten Barriere-Eigenschaften zu bekommen“, so Projektleiter Kopacic.

Samir Kopacic arbeitet an eigenen, papierbasierten Alternativen zu Kunststoffverpackungen. © Lunghammer – TU Graz

Für den Jungforscher (Jahrgang 1989) sind die Voraussetzungen für einen entscheidenden Durchbruch gegeben: „Aus technologischer Sicht ist das Sprühbeschichtungsverfahren ein flexibler und in die Papierproduktion integrierbarer Prozess, der auch in Kombination bzw. als Ergänzung konventioneller Beschichtungstechnologien eingesetzt werden kann.“ Im dreijährigen Forschungsprojekt soll ein grundlegendes Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen Papier, Biopolymer und Sprühprozess entstehen und so die Basis dafür geschaffen werden, um künftig kunststofffreie und recyclebare Papierverpackungen für ein noch breiteres Anwendungsfeld als bisher zu produzieren und einzusetzen zu können.

Ultraleichte Materialien zwischen Werkstofftechnik und Biotechnologie

Den Einsatz biobasierter Materialien in großem Maßstab hat auch das EU-Projekt BreadCell aus der Förderschiene FET Open zum Ziel, ein weiteres Forschungsprojekt am Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik. Unter Konsortialführung der Chalmers University of Technology (Göteborg, Schweden) möchte ein interdisziplinäres Team aus Forschenden der TU Graz, der Universität Wien, von BioNanoNet sowie des europäischen Forschungszentrums Tecnalia eine radikal neue Technologie zur Herstellung umweltfreundlicher Leichtbau-Materialien auf Holz- bzw. Cellulosebasis entwickeln.

Stefan Spirk möchte umweltschädliche Komponenten durch biobasierte Materialien ersetzen, allen voran durch Stoffe aus der Papier- und Zellstoffindustrie. © Lunghammer – TU Graz

Derzeit verwendet die Großindustrie beispielsweise für Sicherheitskomponenten in Autos oder für leichte, robuste und widerstandsfähige Sportgeräte überwiegend Leichtbau-Materialien, die aus synthetischen, nicht abbaubaren Polymeren bestehen. „Wir wollen Alternativen anbieten und arbeiten an nachhaltigen Cellulose-Schäumen, die die bestehenden Verbundwerkstoffe ersetzen sollen“, erklärt Stefan Spirk. Spirk sorgte bereits mit der Entwicklung einer ligninbasierten Redox-Flow-Batterie („Vanillin-Batterie“) für Aufsehen und bringt gemeinsam mit Institutsleiter Wolfgang Bauer Knowhow aus der Zellstoff- und Papierforschung ins Projekt ein.