Globale Energiepartnerschaft: Grüner Wasserstoff aus Afrika

Der Physiker Solomon Nwabueze Agbo koordiniert das Projekt „H2Atlas-Africa“ am Forschungszentrum Jülich (Bild: FZ Jülich/Wilhelm-Peter Schneider).

Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger der Energiewende. Um ihn klimaneutral herzustellen, braucht es viel Fläche, Sonne und Wind. Deshalb will Deutschland Wasserstoff aus Afrika importieren – eine Kooperation, die sich für alle Partner auszahlt: Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle im Energiesystem der Zukunft. Ohne ihn sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Nachhaltig – also klimaneutral – erzeugen lässt sich der Energieträger aber nur aus erneuerbaren Energien. „Die für den hiesigen Bedarf nötigen Kapazitäten sind in Deutschland jedoch nicht vorhanden“, sagt Solomon Nwabueze Agbo. Wasserstoff müsse daher auch aus Regionen importiert werden, wo es viel Solarenergie, Wind- und Wasserkraft und ausreichend Flächen für Erneuerbare-Energieanlagen gibt. Im ersten Schritt gilt es, geeignete Orte für die Produktion zu finden, um zweitens dann die hierfür notwendige Infrastruktur aufzubauen. Dieses Ziel verfolgt das Projekt „H2Atlas-Africa“, das der Physiker vom Forschungszentrum Jülich koordiniert. „Wenn Staaten und wirtschaftliche Akteure global kooperieren“, so Agbo, „können alle Seiten von der Energiewende profitieren.“

Afrika als Erzeuger und Exporteur von grünem Wasserstoff

Langfristig zielt das Projekt darauf ab, strategische Partnerschaften mit Ländern im westlichen und südlichen Afrika aufzubauen. „Südlich der Sahara sind ausreichend Sonne und Wind für die Wasserstoffproduktion vorhanden“, erläutert Agbo. „Zudem haben unsere Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich bereits Kontakte dort.“ Bis Ende des Jahres analysieren die deutschen Forscher mit ihren Partnern vor Ort in 31 Staaten die verfügbaren Ressourcen von erneuerbaren Energien.

„Da die strategischen Partnerschaften, die Deutschland entwickeln will, komplex sind, müssen dabei viele Aspekte berücksichtigt werden – zum Beispiel geografische, politische und rechtliche Faktoren“, betont Agbo.

In jedem Land sondiert ein Team, das aus deutschen und afrikanischen Experten besteht. Neben den Naturwissenschaftlern aus Jülich wurden Fachleute aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft eingebunden. Diese Teams untersuchen die verfügbaren erneuerbaren Energie- und Wasserressourcen, vorhandene Flächen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff und Eckdaten zu Produktion, aber auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Wichtige Partner auf afrikanischer Seite sind zwei Zentren für Klimaforschung: in Ghana das West African Service Centre on Climate Change and Adapted Land Use (WASCAL) und in Namibia das Southern African Science Service Centre for Climate Change and Adaptive Land Management (SASSCAL).

Deutschland und Afrika profitieren gleichermaßen von der Kooperation

Doch es ist noch nicht damit getan, dass an einem Ort ausreichend Sonne oder Wind verfügbar ist. Technisch betrachtet bedarf es außerdem großer Wasserressourcen, um daraus H2 zu gewinnen. Die Teams berücksichtigen deshalb auch weitere Aspekte: Kann an einem Ort die Infrastruktur – zum Beispiel für einen großen Windpark – angelegt werden, ohne dass es etwa zu Konflikten mit dem Ackerbau kommt? Lässt sich Wasser in großen Mengen nutzen, ohne Umwelt und Anwohner zu beeinträchtigen? „Wir nehmen die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Situation ernst“, sagt Agbo. „In puncto Energieversorgung stehen Sicherheit und Stabilität auf allen Ebenen im Fokus.“

Der Physiker Solomon Nwabueze Agbo koordiniert das Projekt „H2Atlas-Africa“ am Forschungszentrum Jülich (Bild: FZ Jülich/Wilhelm-Peter Schneider).
Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Strategie: Alle Beteiligten müssen von der internationalen Kooperation profitieren. Deutschland wird Energie in Form von grünem, also klimaneutral erzeugtem Wasserstoff erhalten. Die afrikanischen Länder, wo die Produktion stattfindet, werden über die Exporteinnahmen hinaus profitieren: Vielerorts fehlt es dort bislang an einer verlässlichen Stromversorgung, was die wirtschaftliche Entwicklung behindert. Die Folge: Wälder werden abgeholzt, das Holz wird verheizt. Dies wiederum verursacht umweltschädliche Emissionen. „Wenn wir dort eine Wasserstoffinfrastruktur aus erneuerbaren Energien schaffen, entstehen auch über die Anlagen hinaus neue Arbeitsplätze, was die Wirtschaft ankurbelt“, sagt Agbo. „Eine zuverlässige Energieversorgung ermöglicht Betrieben vor Ort neue Möglichkeiten, Waren herzustellen.“

Technisches Know-how von den Grundlagen bis zur Nutzung

Basis für den technischen Erfolg des Projekts ist das wissenschaftliche Know-how der Jülicher Wissenschaftler. „Im Zentrum steht die Frage, wie grüner Wasserstoff in großen Mengen erzeugt werden kann“, sagt Physiker Agbo. „Wir wissen, wie man H2 über weite Strecken und in großen Mengen mit welcher Infrastruktur transportiert – und dann zu synthetischen Kraftstoffen und Industriechemikalien weiterverarbeitet.“

Um dies in großem Stil umsetzen zu können, wird der Potenzialatlas erstellt. Das Projekt verfolgt zwei Ziele: „Erstens soll der Atlas in einer interaktiven Karte sinnvolle Standorte für den Aufbau einer Infrastruktur zur Erzeugung grünen Wasserstoffs festhalten“, so Agbo. „Zweitens möchten wir im Anschluss durch Pilotprojekte aufzeigen, wie wir den Wasserstoff wirtschaftlich produzieren, exportieren und vertreiben können.“ Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt „H2Atlas-Africa“ mit rund 5,7 Millionen Euro.