Wie kann man die Menschen, die Landwirtschaft und die Industrie in trockenen Gebieten nachhaltig, gerecht und ökologisch verträglich mit Wasser versorgen? Diese Frage untersuchte das BMBF-Verbundprojekt TRUST, an dem die Universität Stuttgart, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das DVGW-Technologiezentrum Wasser (TZW) sowie verschiedene Praxispartner beteiligt waren. Am Beispiel des Flusseinzugsgebiets des Rio Lurín in Peru entwickelten die Forschenden inter- und transdisziplinäre Konzepte zur Trinkwassernutzung, und zur sicheren Abwasserentsorgung und Wasserwiederverwendung.
Die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser sowie eine sichere Sanitärversorgung für alle sind wichtige Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Doch wie soll dies in einem Land wie Peru erreicht werden, wo das Wasser knapp ist, bedingt durch das Bevölkerungswachstum und den wirtschaftlichen Aufschwung aber immer mehr davon gebraucht wird? Hierzu entwickelte das Projekt TRUST Konzepte, die natur-, ingenieur- und sozialwissenschaftliches Wissen aus Forschung und Praxis kombinieren und die Betroffenen auf der lokalen und regionalen Ebene einbeziehen. Der jetzt vorliegende Abschlussbericht mündet in fünf Thesen und insgesamt 20 Empfehlungen für die Bereiche Wasserressourcen, Wassernutzung und Wassermanagement.
1. Wasserressourcen verstehen und schützen
„Für ein gutes Wasserressourcenmanagement in Mangelregionen brauchen wir eine solide Datenbasis darüber, wieviel Wasser überhaupt vorhanden ist, und ein Bewusstsein in der Bevölkerung, dass Wasser ein wertvolles Gut ist“, bringt Projektleiter Christian D. León vom Zentrum für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung (ZIRIUS) der Universität Stuttgart die Problematik auf den Punkt. An beidem fehle es aber in Ländern wie Peru. Wichtig sei es daher zum einen, eine Mindestanzahl an Messstationen an strategisch klug gewählten Orten zu errichten und diese durch satellitengestützte Messungen zu ergänzen. Zum zweiten seien Bildungskampagnen erforderlich, die auf Dialog mit der Bevölkerung setzen und an die mit der Wasserqualität verbundenen Gesundheitsrisiken anknüpfen.
2. Konflikte durch eine gemeinsame Wassernutzungsplanung lösen
In Wassermangelregionen stehen Landwirtschaft, Industrie und Bevölkerung in einem Wettstreit um die knappe Ressource Wasser. Dieser Konflikt kann nicht nur auf der Zielebene beschrieben, sondern auf der Ebene von Maßnahmen ganzheitlich gelöst werden. „Wir brauchen eine gemeinsame Wasserwirtschaftsplanung, die aufzeigt, wie sich eine Maßnahme wie zum Beispiel die Nutzung von Grundwasser für die Bewässerung in der Landwirtschaft, auf andere Akteure und ihre Maßnahmen auswirkt. Hierfür haben wir am ZIRIUS ein Modell auf der Basis der Systemanalyse entwickelt, das verschiedene Kombinationen von Maßnahmen vergleicht und deren Wirkungen aufzeigt.“
3. Maßgeschneiderte Lösungen für das Wassermanagement vor Ort
Eine gute Wasser- und Sanitärversorgung kann nur funktionieren, wenn die – oft ehrenamtlich arbeitenden – Akteure vor Ort einbezogen und ihre kulturellen und sozialen Besonderheiten berücksichtigt werden. Damit die Menschen bereit sind, für Wasser zu bezahlen, gilt es, ein Bewusstsein für den Wert von Wasser zu schaffen. Gleichzeitig sollten Anreize für den sparsamen Umgang mit der Ressource gesetzt werden. Sinnvoll sind hierfür Informationsveranstaltungen, die die Themen Wasser und Gesundheit verknüpfen.
4. Verbesserung der Abwasserreinigung und –wiederverwertung
Ergänzend zum Grundwasser bildet gereinigtes Abwasser eine wichtige Ressource für die Nutzung in der Industrie oder zur Bewässerung in der Landwirtschaft. Die Kläranlagen in Peru sind jedoch – so sie denn existieren – häufig veraltet und schlecht gemanagt. „Zunächst müssen flächendeckend Kläranlagen nach dem Stand der Technik gebaut werden und viele vorhandene Anlagen ertüchtigt und die Mitarbeiter besser geschult werden“, sagt Ralf Minke vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart. Da zudem natürliche Sickerflächen aufgrund des Baubooms rar werden, biete sich beispielswiese die Schaffung von künstlichen Sickerflächen an, über die weitergehend gereinigtes Abwasser, das nicht direkt wiederverwendet wird, wieder dem Grundwasser zugeführt wird.
5. Planung und Betrieb von Wasserversorgung- und Abwasserentsorgungsanlagen
Zur Aufbereitung von Trinkwasser sind angepasste, naturbasierte Low-Tech-Lösungen gefragt, die kostengünstig, wartungsarm und wenig anfällig für Vandalismus sind. Kläranlagen wiederum müssen auf einer Technologie basieren, die eine konstant hohe Reinigungsleistung bei geringen Betriebskosten ermöglicht (z. B. mit Tropfkörpertechnik). Um einen optimalen Betrieb zu gewährleisten, braucht man Datenreihen, die über 24 Stunden hinweg kontinuierlich Informationen über die Qualität des eingehenden und ausgehenden Wassers liefern.
Zur Demonstration der in TRUST entwickelten integrierten Konzepte haben Wissenschaftler der Universität Stuttgart im Hochland Perus, gemeinsam mit der Gemeinde San Andrés de Tupicocha, der lokalen Betreibergemeinschaft JASS, dem DVGW-Technologiezentrum Wasser (TZW) und lokalen NGOs eine Schulungs- und Pilotanlage zur Abwasserreinigung errichtet. In Folge der COVID-19 Pandemie mussten die Arbeiten zeitweise unterbrochen werden, konnten jedoch rechtzeitig zum Projektende abgeschlossen werden.