Eine neue Studie zeigt, dass neben der Vielfalt der Baumarten auch jene der Tier- und Pilzarten entscheidenden Einfluss hat auf die Leistungen von Wäldern. Zu diesen gehören unter anderem Holzproduktion, CO2-Speicherung und Klimaregulation. Die Studie basiert auf zehn Jahren Forschung in artenreichen Wäldern der Subtropen. Ein Forscherteam unter Federführung des Forschungszentrums iDiv und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat die Ergebnisse in der neuen Ausgabe der Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht. Sie verdeutlichen, dass Biodiversität ganzheitlich betrachtet werden muss, um die Leistungsfähigkeit von Wäldern zu erhalten.
Weltweit besteht Sorge, dass ein durch den Menschen mitverursachter Verlust an Biodiversität das Funktionieren unserer Kultur- und Naturlandschaften beeinträchtigt. In Wäldern sind Bäume die auffälligsten und bestandsbildenden Organismen. Die Folgen verringerter Baumartenvielfalt lassen sich daher vergleichsweise gut erfassen. Wesentlich schwieriger wird es aber, wenn auch die Vielfalt der tausenden von teilweise winzigen Tier- und Mikroorganismenarten berücksichtigt werden soll, die als Pflanzenfresser, Schädlingskontrolleure oder Recyclingexperten wichtige Aufgaben in Wäldern übernehmen. Auswirkungen eines Verlustes dieser Artenvielfalt waren daher bisher schwer quantifizierbar. Dies ist nun nach jahrelanger Arbeit einem Team deutscher, chinesischer, schweizerischer und amerikanischer Forscher erstmals für besonders artenreiche, naturnahe Wälder in den Subtropen Chinas gelungen. Die Forschergruppe hat nicht nur die enorme Artenvielfalt von Käfern, Spinnen, Ameisen, Asseln und Pilzen in diesen Wäldern erfasst, sondern gleichzeitig eine Vielzahl von Prozessen, die für das Funktionieren der Wälder wesentlich sind. Dies beinhaltet zum Beispiel den Zuwachs an Holz, die Kontrolle von Bodenerosion, das Recycling von Nährstoffen, oder die biologische Kontrolle von potentiellen Schädlingen.
„Unsere Analysen zeigen, dass die Vielfalt an Tier- und Pilzarten auf zahlreiche wichtige Prozesse wirkt – zum Beispiel auf die Verfügbarkeit von Nährstoffen für das Baumwachstum“, so Dr. Andreas Schuldt, Erstautor der Studie, vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. „Um zu verstehen, warum und wie sich ein Verlust von Biodiversität auf diese Wälder auswirkt, reicht es daher nicht, sich nur auf die Bäume und deren Artenvielfalt zu konzentrieren“. Auch der Artenreichtum von Pflanzenfressern und deren Gegenspielern war von Bedeutung, eine wichtige Erkenntnis im Hinblick auf zukünftig zu erwartende Intensivierungen und die mögliche Kontrolle von Schädlingsbefall mit fortschreitendem Klimawandel.
Zudem fanden die Forscher, dass neben Tieren und Pilzen weniger die Zahl an Baumarten, sondern deren funktionelle Eigenschaften und die daraus resultierende Zusammensetzung an unterschiedlichen Baumartentypen die Multifunktionalität der Waldbestände beeinflusst. „Unser bisheriges Wissen zu Beziehungen zwischen Multifunktionalität und Biodiversität stammt vor allem aus vergleichsweise artenarmen Wäldern Europas und Nordamerikas“, sagt Prof. Helge Bruelheide, Sprecher der Forschergruppe und Senior-Autor der Studie. „Wir können jetzt erstmals zeigen, dass solche Beziehungen in den extrem artenreichen Subtropen und Tropen einer eigenen Dynamik folgen. Dies ist wichtig zu verstehen, weil gerade diese Wälder eine große Bedeutung für globale Stoffkreisläufe und für uns Menschen haben“.
Die Ergebnisse der Studie erlauben Ableitungen auch für das Management von Wäldern unter sich verändernden Umweltbedingungen und liefern daher wichtige Grundlagendaten. Ermöglicht wurden diese Einsichten durch die langjährige Förderung der Biodiversitätsforschung und des Projektes durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).