In einem richtungsweisenden internationalen Forschungsprojekt entwickeln Forschende des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU neuartige Leichtbaubatterien für Elektrofahrzeuge. Zusammen mit 15 Partnern aus acht Nationen arbeiten sie daran, dass E-Autos zukünftig keine Nachteile bei der Reichweite im Vergleich zu Fahrzeugen mit klassischem Verbrennungsmotor mehr haben. Außerdem sollen die Ladezeiten deutlich sinken. Zugleich werden die neuen Batterieantriebe sicherer und umweltverträglicher. Ein Schlüssel dafür ist recycelbarer Metallschaum, der die Wärmeregulation vereinfacht, das Gewicht der Batterien verringert und zugleich in hohem Maße stoßfest ist.
Das Fraunhofer IWU beteiligt sich am EU-Forschungsvorhaben MARBEL (Manufacturing and Assembly of modular and Reusable electro vehicle Battery for Environment-friendly and Lightweight mobility), das eine innovative und wettbewerbsfähige Leichtbaubatterie mit erhöhter Energiedichte und kürzeren Ladezeiten entwickeln wird, um die Einführung von Elektrofahrzeugen im Massenmarkt zu beschleunigen. Konkret geht es um ein neues kompaktes, modulares, gewichtsoptimiertes und hochleistungsfähiges Batteriepaket mit längerer Lebensdauer als bisherige Batterien sowie einer höheren Energieeffizienz.
Hierfür wird ein flexibles und zugleich robustes Batteriemanagementsystem (BMS) für ein ultraschnelles Laden der Batterien entworfen, aufgebaut und praktisch demonstriert. Die neuen Batterien bekommen außerdem ein modulares Design, mit dem es möglich wird, Reparatur-, Wartungs- und Recyclingprozesse zu rationalisieren. Der Wert neuer Batterien bleibt demnach durch die Austauschbarkeit einzelner – auch defekter – Teile erhalten. Die Belastung für die Umwelt verringert sich.
Nach den Worten von Eduard Piqueras, Koordinator von MARBEL und European Programme Manager beim Eurecat Technology Centre in Katalonien/Spanien, wird das Projekt »einen großen Einfluss auf Elektrofahrzeuge, Batterieinnovation und den Leichtfahrzeugbau haben.« Akzeptanz und Nutzung von E-Fahrzeugen sollen steigen, indem die Forschenden zwei der wichtigsten kritischen Punkte bei der Entscheidungsfindung von Autokäuferinnen und -käufern angehen, nämlich die begrenzte Autonomie des Fahrzeugs und die bisher zu lange Ladezeit für große Reichweiten.
MARBEL stellt darüber hinaus Nachhaltigkeit und Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt. Deswegen werden die 16 Forschungspartner bei MARBEL »Sekundärrohstoffe verwenden, an der Entwicklung eines ressourceneffizienteren Batteriesystems arbeiten und dessen einfache Demontage, Aufarbeitung und Wiederverwendung für Second-Life-Anwendungen sicherstellen«, erklärt Alberto Gómez, technischer Koordinator des MARBEL-Projekts und Leiter der Eurecat-Forschungslinie ›Elektromobilität und Energiespeicherung‹.
Das Fraunhofer IWU steuert bei MARBEL umfangreiches Wissen über Leichtbaustrukturen in Verbindung mit einem passiven Temperatur-management der Batterien bei. Die Abteilung ›Funktionsintegrierter Leichtbau‹ beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit der Technologie- und Anwendungsentwicklung zellularer Metalle – auch Metallschaum genannt. Im Werkzeugmaschinenbau bereits im Serieneinsatz, bieten diese Werkstoffstrukturen herausragende Eigenschaften. Sie sind leicht und bei Crashs absorbieren sie viel Aufprallenergie.
Auch im Automobilbau gibt es erste Anwendungen und die laufenden Entwicklungen im Sektor der Batteriegehäuse sind vielfältig. Christian Hannemann, MARBEL-Projektleiter am Fraunhofer IWU, sagt: »Insbesondere Metallschäume in Kombination mit Phasenwechselmaterial, sogenanntem PCM, ermöglichen ein passives Wärmemanagement bei Batterien. Das senkt den Energieaufwand zur Kühlung, was wiederum zur Folge hat, dass die Fahrreichweite steigt.«
Eine Metallschaumstruktur als Grundlage für ein Batteriegehäuse sorgt dabei einerseits für den schnellen Transport überschüssiger Wärme in ein Speichermedium, z. B. Wachs, das in die Zellstruktur eingelagert wurde. Andererseits schützt diese Struktur die Batterie vor äußeren Einflüssen und das Umfeld vor potenziell gefährlichen Fehlfunktionen des Batteriesystems im Fall eines Unfalls.
»Wir kümmern uns zudem um den nationalen und internationalen Transfer der Forschungsergebnisse in Wirtschaft, Wissenschaft und in die Lehre an den Hochschulen. Publikationen, Messeauftritte sowie Workshops und Webinare – all das koordinieren wir, um bei MARBEL Anwendungsformen zu konkretisieren. Aber wir wollen auch die Akzeptanz der breiten Bevölkerung für die Elektromobilität, also eine Mobilität ohne Kohlendioxidausstoß, weiter steigern«, ergänzt Christian Hannemann mit Blick auf den Beitrag des Fraunhofer IWU zu MARBEL.