Biogas bietet kostengünstige Flexibilitätsoption

Die Biogasanlage von Landwirt Hermann Benning in Reken versorgt u.a. ein Schwimmbad und eine Behinderten-Wohnanlage mit Heizenwärme. Hermann Benning senior und Enkel Laurenz halten den Hof sauber; Reken, 2012-09-27 © Dörthe Hagenguth

Viele Biogasanlagen produzieren Strom schon heute flexibel und perfekt an den Bedarf angepasst und gleichen so die schwankende Stromversorgung anderer erneuerbarer Energieträger aus. Jetzt will die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) die Daten flexibilisierter Biogasanlagen in Echtzeit bereitstellen und auf einer Internetplattform visualisieren. Mit der an den Strombedarf gezielt angepassten Betriebsweise bieten Biogasanlagen kostengünstige Systemdienstleistungen. Ob jedoch weitere Biogasanlagen auf eine flexible Fahrweise umgestellt werden, bleibt hinsichtlich der aktuellen Rahmenbedingungen ungewiss.

Der Ausstieg von Atom und Kohle, einhergehend mit dem vermehrten Zubau volatiler Stromerzeuger wie Wind und Photovoltaik, erfordern künftig alternative Flexibilitätsoptionen für die Stromerzeugung. Biogas- und Biomethan-BHKW, die dazu grundsätzlich in der Lage sind, werden bislang allerdings zum größten Teil in Grundlast betrieben.

Dabei hat Biogas einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen erneuerbaren Energien: Es kann nicht nur bedarfsgerecht erzeugt, sondern auch flexibel verstromt werden. Bei hoher Netzbelastung lassen sich die Biogas-BHKWs herunterfahren und das Netz so freimachen für Wind- und Solarstrom. Bei Strombedarf hingegen eignen sich Biogas und Biomethan als Reservekapazität: Sie werden so zu „Batterien“ für die Stromversorgung in Engpasszeiten.

Der systemdienliche Betrieb einer Biogasanlage mit Stromerzeugung erfordert jedoch die Umstellung von Grundlast- auf den sogenannten Flexbetrieb. Dazu sind größere Investitionen in die Anlage nötig, z. B. für zusätzliche BHKW-, Speicher- und Wärmekapazitäten. Grundsätzlich fördert die Bundesregierung mit der Direktvermarktung und der Flexibilitätsprämie des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) die Anpassung von Biogasanlagen an das künftige Stromsystem. Da die bedarfsgerechte Stromeinspeisung bisher jedoch nur geringe Mehrerlöse verspricht, werden die meisten flexibilisierten Biogasanlagen noch nicht marktpreisorientiert betrieben. Daher bleiben die Effekte der Flexibilisierung bislang wenig sichtbar und der Wert real existierender Biogas-Speicherkraftwerke wird für den Strommarkt kaum wahrgenommen.

Die Agrarservice Lass GmbH zeigt im vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Vorhaben „VisuFlex“ (https://biogas.fnr.de/biogas-nutzung/stromerzeugung/stand-der-flexibilisierung-v…), dass die Stromeinspeisung zukunftsweisend flexibilisierter Biogasanlagen schon heute erfolgreich von weit mehr als 100 Anlagen genutzt wird und in diesen Fällen sehr genau den Strompreisen und der Residuallast folgt. Die Gegenüberstellung von Stromeinspeisung, Strompreis und Residuallast wird nun in Echtzeit auf einer Internetplattform visualisiert. So sollen die Effekte der Flexibilisierung für die breite Öffentlichkeit, die Politik und als Vorbild für andere Biogasanlagenbetreiber deutlich sichtbar gemacht werden. Die Projektbearbeiter erhoffen sich daraus, dass der Wert der Biogas-Speicherkraftwerke erkannt und die Flexibilisierung künftig weiter forciert wird.

Wie sich der Biogasanlagenbestand in den nächsten Jahren jedoch weiter entwickeln wird, bleibt auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen um das EEG-Reparaturgesetz ungewiss. Bernhard Wern vom Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstromsysteme (IZES) fragt sich, wie die Strom- und Wärmemengen aus Biogas künftig zu ersetzen sind, wenn es zu einem bedeutenden Rückgang des Anlagenbestands käme: „Die künftig steigenden Flexibilitätsbedarfe, zu denen Biogas gesamtwirtschaftlich kostensenkend beitragen kann, müssen anderweitig erbracht werden“.

In Kooperation mit weiteren Forschungseinrichtungen stellte er in dem vom BMEL geförderten Vorhaben „MakroBiogas“ (https://biogas.fnr.de/biogas-nutzung/stromerzeugung/stand-der-flexibilisierung-v…) zusätzliche Leistungen von Biogas abseits der Strommärkte dar. Dazu zählen u. a. Beiträge zur Wärmeversorgung, zur Treibhausgasvermeidung oder zum Gewässer- und Erosionsschutz. Den Projektpartnern zufolge honorieren die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen nicht die gesamten Biogas-Leistungen.

Um Unklarheiten über die Förderung der Flexibilisierung auszuräumen, hat die Clearingstelle EEG/KWKG im Auftrag der Bundesregierung einen Runden Tisch eingerichtet. Jetzt gab das Expertengremium ein klares Votum ab, die Förderung der Flexibilisierung beizubehalten (https://www.clearingstelle-eeg-kwkg.de/sonstiges/5994). Die Teilnehmer aus Wissenschaft und Verbänden halten es auch für erforderlich, die Flexibilitätsprämie für Bestandsanlagen neu zu regeln, um die Flexibilisierung voranzubringen.

Unter der Voraussetzung auskömmlicher Rahmenbedingungen können Biogasanlagen kostengünstig zur Deckung von Flexibilitätsbedarfen beitragen. Wenn regelbare Speicherkraftwerke in Zukunft gebraucht werden, sollte sich dies auch in den Strompreisen widerspiegeln, so dass Mehrerlöse zu erwarten sind. Dann sind die Anlagenbetreiber jedoch auch gefragt, ihre Biogasanlagen zukunftsweisend zu flexibilisieren und konsequent systemdienlich zu fahren.