Was für anorganische Halbleiter bereits eine etablierte Technologie ist, blieb für ihre organischen Pendants bisher eine Herausforderung: Die Feinabstimmung ihrer Energielücke durch Mischen („Blending“) verschiedener halbleitender Moleküle, um die Leistung der resultierenden Bauelemente zu optimieren. Wissenschaftler der TU Dresden haben nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der TU München sowie der Universität Würzburg, der HU Berlin und der Universität Ulm gezeigt, wie sich dieses Ziel erreichen lässt.
Organische Halbleiter haben sich als energiesparende Materialien in organischen Leuchtdioden (OLEDs), welche in großflächigen Displays eingesetzt werden, einen Namen gemacht. Viele von uns halten sie täglich in ihren Händen, wenn wir z.B. zum Handy oder Tablet greifen. Bei diesen und anderen Anwendungen, wie z. B. Solarzellen, ist die Energielücke zwischen elektronischen Zuständen ein Schlüsselparameter. Sie bestimmt die Wellenlänge des Lichts, das ausgestrahlt oder absorbiert wird. Die möglichst stufenlose Einstellbarkeit dieser Energielücke ist eine wünschenswerte Eigenschaft des Materials für dessen vielseitige technische Anwendbarkeit.
Für anorganische Materialien gibt es längst eine entsprechende Methode – das sogenannte Blending. Es basiert auf der Beeinflussung der Bandlücke durch den Austausch von Atomen im Material. Dies ermöglicht eine stufenlose Abstimmbarkeit, wie z.B. bei Aluminium-Gallium-Arsenid-Halbleitern, die in Diodenlasern oder Leuchtdioden eingesetzt werden. Leider ist dies so nicht direkt auf organische Halbleiter übertragbar, da diese andere physikalische Eigenschaften haben und aus Molekülen aufgebaut sind, was eine kontinuierliche Abstimmung der Bandlücke erheblich erschwert.
In ihrer neuesten Veröffentlichung berichten Wissenschaftler der TU Dresden und des Exzellenzclusters ‚e-conversion‘ (TU München) gemeinsam mit Partner:innen der Universität Würzburg, der HU Berlin und der Universität Ulm, wie sie die Einstellung der Energielücke mittels Blending für organische Halbleiter erstmals realisieren konnten.
Bei anorganischen Halbleitern lassen sich die Energieniveaus durch atomare Substitutionen gegeneinander verschieben und damit die Bandlücke verkleinern. Im Gegensatz dazu können typischerweise bei organischen Halbleitern die Energieniveaus nur konzertiert entweder nach oben oder unten verschoben werden. Das liegt an den starken Coulomb-Effekten, die in organischen Materialien zwar ausgenutzt werden können, was aber keinen Einfluss auf die Energielücke hat. „Es ist von großem Interesse, auch die Bandlücke der organischen Materialien durch Blending zu verändern, um die langwierige Synthese neuer Moleküle zu vermeiden“, sagt Prof. Karl Leo von der TU Dresden.
Die Forscher fanden einen unkonventionellen Weg, indem sie zwei Halbleiter mit ähnlicher molekularer Struktur, aber unterschiedlichen Molekülgrößen miteinander mischen. „Die entscheidende Erkenntnis ist, dass sich alle Moleküle in bestimmten Mustern anordnen, die durch ihre molekulare Form und Größe bestimmt werden“, erklärt Frank Ortmann, Professor an der TU München und Gruppenleiter am Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed, TU Dresden). „Dies führt zu der gewünschten Änderung der Dielektrizitätskonstante und der Größe der Bandlücke des Materials.“
Die Gruppe von Frank Ortmann konnte diesen Mechanismus aufklären, indem sie die Strukturen der gemischten organischen Filme und deren elektronische und dielektrische Eigenschaften simulierte. Eine entsprechende Änderung der Molekülpackung in Abhängigkeit von der Form der kombinierten Moleküle wurde durch Röntgenbeugungsmessungen bestätigt. Diese Arbeiten wurden von Wissenschaftlern der Professur für Organische Bauelemente am cfaed, geleitet von Prof. Stefan Mannsfeld, durchgeführt. Die zentralen experimentellen Arbeiten und die Erstellung der Bauelemente wurden von Katrin Ortstein und ihren Kollegen in der Gruppe von Prof. Karl Leo, TU Dresden, durchgeführt.
Damit konnte die Machbarkeit dieser Variante der Beeinflussung der Energielevel bei organischen Halbleitern bewiesen werden, und ihr zukünftiger Einsatz für optoelektronische Bauelemente wird nun in weiteren Schritten erforscht. Die Ergebnisse der Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift ‚Nature Materials‘ veröffentlicht.