Angesichts sich stark wandelnder Umweltbedingungen und einer wachsenden Weltbevölkerung weiter für stabile Erträge bei Getreide wie Weizen zu sorgen, ist eine der zentralen Herausforderungen für Wissenschaft und Züchtung. Künftig wird es immer wichtiger sein, die Erträge einzelner Sorten in einem bestimmten Umfeld möglichst genau vorhersagen zu können. Ein internationales Forschungsteam unter Führung des IPK Leibniz-Institutes hat dazu umfangreiche Datensätze zusammengetragen, aufgearbeitet und analysiert. Letztlich konnte mit Big Data die Vorhersagegenauigkeit für den Ertrag verdoppelt werden.
Das enorme Potenzial von Big Data hat sich in Bereichen wie Finanzdienstleistungen und Telekommunikation bereits gezeigt. Ein internationales Forscherteam unter Führung des IPK Leibniz-Institutes hat die Möglichkeiten von Big Data nun erstmals im großen Maßstab für die Pflanzenforschung erschlossen. Dazu wurden die Daten aus drei Projekten genutzt, um beim Weizen die Vorhersagegenauigkeit für den Ertrag bei Hybridsorten zu erhöhen. „Wir konnten auf den größten bisher publizierten Datensatz zurückgreifen, der Informationen aus fast einem Jahrzehnt Weizenforschung und -entwicklung enthält“, sagt Prof. Dr. Jochen Reif, Leiter der Abteilung Züchtungsforschung am IPK.
Die Studie hat die Vorhersagegenauigkeit für den Ertrag verdoppelt
Letztlich wurden Daten zu mehr als 13.000 Genotypen analysiert, die in 125.000 Ertragsparzellen geprüft wurden. Zum Vergleich: In einem Zuchtprogramm werden jährlich Pflanzen in 20.000 Ertragsparzellen getestet. „Uns war klar, dass wir die Populationsgrößen erhöhen müssen, um letztlich belastbare Vorhersagemodelle für den Ertrag zu entwickeln“, sagt Prof. Dr. Jochen Reif, „deshalb hieß in diesem Fall wirklich einmal: ,viel bringt viel‘“. Der Aufwand habe sich gelohnt. „Wir konnten in unserer Studie die Vorhersagegenauigkeit für den Ertrag verdoppeln.“
Das Forschungsteam nutzte dabei Daten aus den beiden früheren Projekten HYWHEAT (gefördert vom Bundesministerium für Forschung und Bildung) und Zuchtwert (gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) sowie aus einem Programm des Saatgutherstellers KWS. Grundsätzlich besteht die Herausforderung in derartigen Studien darin, die Informationen auf ein einheitliches Qualitätsniveau aufzubereiten und so eine gemeinsame Analyse zu ermöglichen. „Da wir seit Start für die Konzeptionen der Experimente verantwortlich waren, konnten wir diese so planen, dass immer ein kleiner Teil von denselben Genotypen über die Projekte hinweg mitgetestet wurden und somit eine integrierte Analyse überhaupt ermöglichten“, sagt Prof. Dr. Jochen Reif.
Der Wissenschaftler ist fest davon überzeugt, dass es sich auszahlt, Big Data für die Pflanzenzüchtung und -forschung zu nutzen. „Wir haben letztlich an unser aller Zukunftsperspektive gearbeitet“, sagt der IPK-Wissenschaftler. „Es ist uns gelungen, das Potenzial von Big Data für die Züchtung von ertragsstabilen Sorten in Zeiten des Klimawandels aufzuzeigen.“
„Unsere jetzige Studie ist für diesen Weg ein wichtiger Türöffner“
Die jetzige Modellstudie, so Prof. Dr. Jochen Reif, habe eine Bedeutung, die weit über eine Kulturart hinausgehe und hoffentlich einen Kulturwandel in der Züchtung einläutet. „Wir konnten den großen Nutzen von Big Data für die Pflanzenzüchtung aufzeigen. Die Möglichkeiten dazu sind aber nur durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Akteure gegeben, um Daten gemeinsam zu nutzen und die Herausforderungen der Zukunft zusammen meistern zu können.“ Letztendlich ist das auch die Eintrittspforte für die Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI). „Die erfolgreiche Nutzung von KI steht und fällt auch in der Pflanzenzüchtung und -forschung mit sauberen und umfangreichen Daten. Unsere jetzige Studie ist für diesen Weg ein wichtiger Türöffner.“