Im Jahr 2017 wurden in Deutschland 1 491 Gigawattstunden Strom aus Klärgas in Kläranlagen erzeugt, stellt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden fest. Dies sei gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 2,8 Prozent. Die Strommenge aus dem Klärgas könne bei einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Stromverbrauch von rund 1 900 Kilowattstunden eine Großstadt wie Frankfurt am Main ein Jahr lang mit Strom versorgt werden, so das Bundesamt weiter. Inzwischen, so die Statistiker weiter, hatte Klärgas einen Anteil von rund 1 % an der gesamten Strombereitstellung, im Jahr 2017, aus erneuerbaren Energien.
Bei Klärgas handelt es sich um eine Unterart des Faulgases, für das es je nach Vorkommen unterschiedliche Bezeichnungen wie Sumpfgas, Kanalgas oder eben Klärgas gibt. Es handelt sich hierbei um ein Gemisch von zumeist brennbaren Gasen, das bei der anaeroben Gärung entsteht. Dabei werden biotische Stoffe, also abbaubare Stoffe biologischen Ursprungs, unter Abwesenheit von Sauerstoff von Bakterien und Archaeen zersetzt, was typisch für Fäulnisprozesse ist.
Klärgas, welches zu rund zwei Drittel aus Methan besteht, fällt bei Anlagen mit Klärschlammfaulung an. Von den, nach Angaben des Wiesbadener Bundesamtes, über 10.000 Kläranlagen in Deutschland erzeugten 1 258 Anlagen im Jahr 2017 Klärgas, davon 87 Prozent mit Stromgewinnung. Im ersten Jahr der Erfassung der Stromerzeugung in Kläranlagen, 1998, seien es nur 1.114 Anlagen mit Klärgasgewinnung gewesen. Damals hätte nur knapp die Hälfte der Anlagen daraus Strom erzeugt. Das Klärgas könne allerdings nicht nur zur Stromerzeugung eingesetzt werden, sondern diene auch zur Wärmeerzeugung für Heizungen. Strom und Wärme aus Klärgas würden zurzeit direkt vor Ort in Blockheizkraftwerken erzeugt, wobei der überwiegende Teil des Stromes, im Jahr 2017 seien dies 92 Prozent gewesen, innerhalb der Kläranlagen verbraucht würden, so die Wiesbadener Statistiker.
Aussichtsreiche Pilotanlage in Katalonien
Was in Sachen Klärgas technisch heute schon möglich ist, zeigt eine Pilotanlage nahe dem katalonischen Barcelona. Diese Anlage produziert synthetisches Erdgas aus erneuerbaren Energien und CO2. Das Verfahren basiert auf der Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse und dessen Reaktion mit CO2. Das Treibhausgas stammt aus biogenen Quellen, die Anlage steht in der Kläranlage der 200.000-Einwohner-Stadt Sabadell und nutzt CO2 aus Klärschlamm. Der Kern der Anlage stammt von einer Ausgründung aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit dem Namen Ineratec, diese universitäre Ausgründung hat einen chemischen Reaktor entwickelt.
Ineratec baut chemische Reaktoren, die so kompakt sind, dass die gesamte Anlage fertig montiert in einen Schiffscontainer passt. (Foto: INERATEC/Hauser)
Die Besonderheit: Er ist kompakt genug ist, um in einen Schiffscontainer zu passen. Durch die modulare Bauweise der nach dem Baukastensystem entwickelten Kompaktanlagen lasse sich die Kapazität ganz nach Bedarf erweitern, teilte das KIT-Zentrum Energie mit. Ineratec sei damit ein Durchbruch gelungen, denn bislang sei die dezentrale Produktion von synthetischem Erdgas nicht wirtschaftlich möglich, weil für das chemische Verfahren üblicherweise teure, großchemische Anlagen nötig sind.
Klärschlamm Foto: Bayerisches Landesamt für Umwelt
Biogenes CO2 aus Klärschlamm
Der Prozess nutze Energie aus erneuerbaren Quellen und speichere sie im chemischen Energieträger Methan, erklärte ein Sprecher der Ineratec . Spanien erzeuge 40 Prozent seiner Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen, zumeist aus Windkraft. Das Power-to-Gas-Verfahren wandele nun überschüssigen oder dezentral anfallenden Strom aus Sonnen- oder Windkraft in Methan um. Ziel sei es, erneuerbares Gas zu produzieren, das mit der bestehenden Erdgasversorgung in Spanien kompatibel ist. Dafür muss es einen Methananteil von über 95 Prozent aufweisen. Das grüne Gas könne dann in der bestehenden Gasinfrastruktur gespeichert und über ganz Spanien verteilt werden. Die Gasspeicherkapazität in Spanien betrage etwa 30 Milliarden Kilowattstunden. Das bedeutet, dass der gesamte in spanischen Windkraftanlagen erzeugte Strom ein halbes Jahr lang gespeichert werden könnte.
100 Kubikmeter am Tag
Die Pilotanlage in Sabadell soll vorerst 100 Kubikmeter Gas pro Tag produzieren. Sie ist zusätzlich mit einem Katalysator ausgestattet, der vom katalonischen Institut für Energieforschung (IREC) für die Umsetzung von CO2 aus biogenen Quellen entwickelt wurde. Der Versuchsbetrieb ist auf 18 Monate angelegt. Die Anlage ist Teil des spanischen Projekts Synthetic Fuels – Combustibles Sintetics (CoSin), das vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert wird.