Eisbatterien mit Sonnenenergie betrieben und und CO2-Einsparungen

Ein Wärmetauscher für Flachplatten; Hochschule Hof

Die Speicherung von Energie ist eine der Schlüsselfragen für eine nachhaltige Energieversorgung. Auch am Campus Münchberg der Hochschule Hof läuft dazu derzeit ein spannendes Projekt. Hier werden neuartige Eisbatterien für Kühlanwendungen erforscht, die dazu beitragen können, nachhaltig Energie und CO2 zu reduzieren. Sie werden aus überschüssiger Sonnenenergie gespeist. Wir haben dazu mit Tushar Sharma, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wasser- und Energiemanagement der Hochschule Hof (iwe) und mit Richard Genes, Geschäftsführer des Kooperationspartner Genes Kältetechnik GmbH aus Hof gesprochen.


Herr Sharma, bitte eine kurze Erklärung: Was genau ist ein Eisspeicher und was möchten Sie mit Ihrer Forschung herausfinden und erreichen?

Die Technologie selbst ist schon seit Jahrzehnten auf dem Markt und es wurde viel Forschung auf grundlegender Ebene betrieben. Das heißt, der Prozess der Eisherstellung im Tank durch Wärmetauscher ist bis ins Detail bekannt. Was aber neu ist: Mit dem Konzept einer Eisbatterie wollen wir eine erschwingliche und energieeffiziente Alternative zu den bereits vorhandenen, elektrochemischen Batterien vermarkten, die bislang zur Speicherung überschüssiger Solar-PV-Energie verwendet werden. Das ist für die Betriebe natürlich ein interessanter Ansatz zur Vermeidung von Energiekosten und zur Verbesserung der eigenen CO2-Bilanz.
Meine Forschung konzentriert sich auf die Maximierung des Eigenverbrauchs von solarer PV-Energie zur Erzeugung von Eis in der Eisbatterie.

Was bedeutet dass genau?

Das bedeutet: Das Steuerungssystem wird dabei so optimiert, dass die Auslastung der Eisbatterie maximiert wird, um den Kühlbedarf der betrachteten Industrie zu decken. Bis jetzt haben wir die Regelungsstrategie auf 3 verschiedene Fälle angewendet, darunter eine Bäckerei und zwei Brauereien. Das System wurde in der Simulationssoftware TRNSYS modelliert und die Ergebnisse zeigten signifikante Energie- und CO2-Einsparungen.

Wie muss man sich das technisch vorstellen – in Münchberg steht ja ein recht umfangreicher Laborprüfstand?

Eine Eisbatterie ist im Grunde nur ein Wasserspeicher, in den Wärmetauscher eingetaucht sind, die durch Entzug der latenten Wärmeenergie des Wassers Eis bilden können. In unserem Labor auf dem Campus Münchberg haben wir Erfahrung mit verschiedenen Arten von Wärmetauschern, die sich in ihrer Erscheinungsform unterscheiden. Es gibt sternförmig, spiralförmig, schlangenförmig, Flachplatten und neuerdings auch als Kapillarmatten. Wir haben auch ein detailliertes Software-Modell für Flachplatten- und Kapillarmatten-Wärmeübertrager auf Basis der Eisbatterie geschrieben.

Wie vergleichen Sie die Daten?

Wir sind in der Lage dynamische Systemsimulationen durchzuführen und die Simulationsergebnisse mit den im Laborprüfstand durchgeführten Experimenten zu vergleichen. Durch dynamische Systemsimulationen, die in TRNSYS durchgeführt wurden, wurde festgestellt, dass die Kapillarmatten-Eisbatterie eine bessere Leistung in Bezug auf die Entwicklung des Eismassenanteils sowie die Menge der ausgetauschten latenten Wärme an einem idealen Betriebstag aufweist. Wir haben das Flachplattenmodell mit den Experimenten validiert und führen derzeit Experimente mit den Kapillarmattenwärmetauschern durch.

Woran arbeiten Sie aktuell?

Im Moment können wir den gesamten Prüfstand über eine Fernsteuerung mit dem LabView-Programm bedienen. Durch dieses LabView-Programm sind wir in der Lage, verschiedene Sensoren und Ventile zu überwachen, zu messen und zu steuern. So können wir auch für jeden beliebigen Betrieb ein Kühllastprofil simulieren. Damit haben wir die Möglichkeit, verschiedene Kühllastprofile, verschiedene Solar-PV-Daten basierend auf verschiedenen Wetterdaten zu testen und die Regelstrategie basierend auf verschiedenen Situationen anzupassen.

Herr Genes, Sie sind von Anfang des Projektes mit Ihrem Unternehmen mit an Bord. Was hat Sie dazu bewogen und was versprechen Sie sich konkret von dem Projekt?

Mich hat die Idee beeindruckt, Sonnenenergie, die bislang überflüssig produziert wird, doch noch einer Nutzung zuzuführen. Mit dieser Energie wird Kälte für einen Eisspeicher produziert und gespeichert. Das hat große Vorteile, denn besonders in der produzierenden Wirtschaft wird immer mehr Kälte benötigt. Ich denke, wenn man das Projekt richtig weiterverfolgt, wird es viele Interessenten an der Technik geben. Die Einsparungen sind überzeugend.

Forschung ist auch immer das Prinzip Try & Error: Welche Art von Versuchen werden aktuell durchgeführt?

Im Moment laufen zwei Projekte mit dem Thema Eisspeicher: Das erste Projekt wird am Eisspeicherprüfstand im Energielabor durchgeführt. Auf diesem Prüfstand testen wir zwei verschiedene Typen von Eisbatterien, die auf Flachplatten- und Kapillarmatten-Wärmetauschern basieren. Durch die LabView-Software haben wir die Möglichkeit, eine Hardware-in-Loop-Simulation zu realisieren, in der wir verschiedene Kühllastprofile simulieren und verschiedene Regelstrategien testen können. Das geschieht, indem wir den Durchfluss des Kühlmittels durch Ventile steuern.

Ist das zweite Projekt auch so spannend? 

Das zweite Projekt ist ein Kooperationsprojekt mit dem Schweizer SPF Institut für Solartechnik in der OST Universität, Rapperswill in der Schweiz. In diesem Projekt validieren wir das TRNSYS-Modell mit den Experimenten für einen Eisspeicher der Firma VIESSMANN (Isocal), der außerhalb des Energielabors im Boden vergraben ist. Für eine neue Reihe von Experimenten für dieses Projekt haben wir neue Bodentemperatur- und Eisanteilsensoren installiert, um genauere Ergebnisse zu erhalten. Diese sollen uns helfen, die Dynamik der Wärmeübertragung zwischen dem Erdreich, das den Eisspeichertank umgibt, und dem Wasser/Eis im Tank zu verstehen. Sobald die Vereisungs- und Schmelzeigenschaften des Isocal-Modells mit dem TRNSYS-Modell validiert sind, wird die vollständige Systemvalidierung eingeleitet.

Wo könnten denn mittel- und langfristig die Einsatzmöglichkeiten der Technik liegen, wenn man an den Alltag der Menschen denkt, Herr Genes?

Der Einsatz der Technik wird sicherlich immer im produzierenden Gewerbe liegen. Im Privatsektor könnte es mittel- und langfristig auch eine Einbindung in die Hausversorgung geben, z. B. für die Klimatisierung von Wohnräumen.

Wichtig für die Umsetzbarkeit von Forschung ist auch immer die Kosten-/Nutzen-Relation. Wie sieht es in diesem Bereich aus? Kann die Technik in absehbarer Zeit massentauglich werden?

Sowohl die wirtschaftliche als auch die energetische Leistungsfähigkeit der Technologie wurde durch verschiedene Fallstudien in der Simulationssoftware Polysun und TRNSYS theoretisch ermittelt. Vor kurzem wurde auch eine Fallstudie zur Energie- und Kosteneinsparungsanalyse für die Traditionsbrauerei „Meinel Bräu“ in Hof durchgeführt. Durch die durchgeführten Simulationsergebnisse wurde die Amortisationszeit der Anlage auf etwa 5 Jahre geschätzt. Nach dieser Amortisationszeit können jährlich signifikante fünfstellige Beträge an Energiekosten eingespart werden.

Wie geht es nun weiter und wann soll das Projekt abgeschlossen werden?

Im Moment planen wir ein Fortsetzungsprojekt mit einer Firma, die eine physikalische Steuerung entwickeln und unser Konzept umsetzen kann. Wir möchten, dass es schon in absehbarer Zukunft bei einem Industriepartner in Echtzeit eingesetzt werden kann. Sobald der Projektvorschlag ausgearbeitet ist, werden wir eine Projektförderung im Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) beantragen.

Danke für das Gespräch.