Behandeltes kommunales Abwasser wird oft in Fließgewässer eingeleitet. Für eine Studie des Bundesumweltamtes wurde der Klarwasseranteil in Oberflächengewässern deutschlandweit eingeschätzt und das Risiko für die Trinkwassergewinnung bewertet. Zudem gibt die Studie Handlungsempfehlungen bei Überschreitungen gesundheitlicher Orientierungswerte.
Circa 17 Prozent des Trinkwassers, das über die öffentliche Wasserversorgung in Deutschland bereitgestellt wird, stammt aus Uferfiltration oder künstlicher Grundwasseranreicherung. Dabei leisten Flüsse und Seen einen wichtigen Beitrag. Neben Regenwasser, landwirtschaftlichen Entwässerungen oder industriellen Direkteinleitern nehmen Flüsse häufig aber auch behandeltes Kommunalabwasser, sogenanntes Klarwasser, aus der Kläranlage und darin enthaltene Schadstoffe und Krankheitserreger auf. Der relative Anteil von Klarwasser in den Flüssen hängt direkt vom Abflussregime des aufnehmenden Gewässers ab.
Herausforderungen für die Trinkwassergewinnung
Die Studie Dynamik der Klarwasseranteile in Oberflächengewässern und mögliche Herausforderungen für die Trinkwassergewinnung in Deutschland erlaubt erstmalig eine deutschlandweite quantitative Einschätzung der Klarwasseranteile in Oberflächengewässern bei unterschiedlichen Abflussbedingungen und eine Abschätzung möglicher Herausforderungen für die Trinkwassergewinnung.
Nach Erkenntnissen dieser Studie liegen die Klarwasseranteile bei mittleren Abflussverhältnissen deutschlandweit in den meisten Oberläufen im Bereich von 0-5 %. Klarwasseranteile von > 5-10 % sowie > 10-20 % dominieren in größeren Teilflusseinzugsgebieten in oder unterhalb von Ballungsräumen (z.B. Havel, Neckar, Niederrhein, Maas, Mittelrhein) sowie in abflussschwachen Gewässern (z.B. Main, Ems, Neckar). Bei Niedrigwasserbedingungen verschiebt sich dieses Bild deutlich. Dann dominieren deutschlandweit Klarwasseranteile von > 10-20 % und liegen in etlichen Teileinzugsgebieten über weite Strecken bei > 20-30 % (z.B. Elbe/Saale, Weser, Mittelrhein). In einigen Flussabschnitten liegen die Klarwasseranteile mit > 30-50 % jedoch deutlich höher (z.B. Abschnitte des Mains, der Ems, der Weser und der Havel), teils sogar bei über 50 % (z.B. Teileinzugsgebiete des Neckars, der Ostsee, des Nieder- und Mittelrheins).
Standortspezifische hydrobiogeologische Bedingungen
Das Auftreten erhöhter Klarwasseranteile in einem Oberflächengewässer stellt bei einer Trinkwassergewinnung über Uferfiltration und künstliche Grundwasseranreicherung per se kein Risiko für die öffentliche Gesundheit dar. Ausschlaggebend für die Risikobewertung sind standortspezifische hydrobiogeologische Bedingungen der Bodenpassage. Fallbeispiele in der Studie zeigen auf, welche Bedingungen Überschreitungen der Gesundheitlichen Orientierungswerte für chemische Stoffe begünstigen können.
Wasser ist Grundlage allen Lebens. Bäche, Flüsse, Seen, Feuchtgebiete und Meere sind Lebensraum einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren und wichtige Bestandteile des Naturhaushaltes. Das Grundwasser ist Trinkwasserspender und Lebensraum zugleich. Wir nutzen Wasser für unsere Ernährung, die tägliche Hygiene und für unsere Freizeitaktivitäten. Außerdem ist Wasser als Energiequelle, Transportmedium und Rohstoff ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Ein effektiver Schutz und der schonende Umgang mit der Ressource Wasser sind Voraussetzung für biologische Vielfalt und eine nachhaltige Nutzung. Quelle Bundesumweltamt
Anteil an gewonnenen Rohwasser
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass ein umfassendes Verständnisses der Dynamik des gesamten Einzugsgebietes bei einer Wassergewinnung aus Uferfiltration oder künstlicher Grundwasseranreicherung nötig ist – vor allem dort, wo hohe Klarwasseranteile auftreten und die Uferfiltration einen substantiellen Anteil am gewonnenen Rohwasser hat. Eine entsprechende Risikoabschätzung steht bei vielen Landesbehörden und Wasserversorgungsunternehmen noch aus.
Der chemischen Zustand des Gewässers im Klimawandel
Im Zuge des Klimawandels werden Klarwasseranteile in den Oberflächengewässern zunehmen und somit qualitativ sowohl für den ökologischen und chemischen Zustand des Gewässers als auch für die Trinkwasserversorgung eine noch größere Rolle spielen. Die UBA-Empfehlungen zur Reduzierung von Mikroverunreinigungen in den Gewässern leisten dahingehend einen Beitrag.
Niedrigwasser kann die Belastung erhöhen
Darüber hinaus sollten die vorliegenden Ergebnisse über Klarwasseranteile in deutschen Oberflächengewässern auch im Hinblick auf andere Nutzungen aus Oberflächengewässern, zum Beispiel landwirtschaftliche Bewässerung, berücksichtigt werden. Vor allem bei Niedrigwasserbedingungen kann die Belastung mit abwasserbürtigen Schadstoffen und Krankheitserregern hoch sein und eine weitere Aufbereitung erforderlich machen, um mögliche Gesundheits- und Umweltrisiken zu vermeiden. Dies sollte auch im Zuge der aktuellen Diskussion zu Wasserwiederverwendung („Water reuse“) bedacht werden. Ohne eine Risikoabschätzung können Oberflächengewässer bei einem Vergleich mit aufbereitetem Abwasser nicht grundsätzlich als unbelastet bzw. besser geeignet angenommen werden.
Es braucht einen ganzheitlichen Blick, um sicherzustellen, dass Oberflächengewässern den verschiedenen relevanten Nutzungen und Ansprüchen von Ökologie, über Trinkwassergewinnung via Uferfiltrat/ Grundwasseranreicherung zu landwirtschaftlicher Bewässerung gerecht werden.