In etwas über zwei Wochen öffnet die Landesgartenschau in Bad Iburg ihre Pforten und die Besucher hoffen auf eine prächtige pflanzliche Vielfalt. Die Organisatoren haben sich alle Mühe gegeben, den Besuchern etwas zu bieten. Auch werden die edukativen Aspekte nicht vernachlässigt, wie das „Grüne Klassenzimmer“ am Charlottensee zeigt. Doch bei aller Vorfreude sollte nicht vergessen werden, dass die kommende Farbenpracht täuscht. Auch in Niedersachsen und im Osnabrücker Land sinkt die Biodiversität. Mit dem Begriff Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens auf der Erde und ihre Zusammenhänge in ihrer gesamten Bandbreite gemeint. Lebensvielfalt umfasst dabei alle Lebewesen und Arten, Ökosysteme und Landschaften. Vor den Folgen warnt Prof. Markus Fischer, Co-Vorsitzender des Europe and Central Asia Assessments Weltbiodiversitätsrats (IPBES), vor einigen Tagen im kolumbianischen Medellín.
Auch die Menschen Europa konsumieren mehr erneuerbare natürliche Ressourcen als die Region produziert. Hauptursache für den Rückgang der Biodiversität in Europa seien laut Weltbiodiversitätsrat die zunehmende Intensität der konventionellen Land- und Forstwirtschaft. Europa fördere zwar die Erträge der Landwirtschaft, aber dies auf Kosten anderer Leistungen der Natur wie Bestäubung oder Bodenbildung. Insgesamt verbrauche Europa mehr natürliche Ressourcen als es reproduzieren könne.
Die Autoren sind der Ansicht, dass weiteres Wirtschaftswachstum nur dann eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen kann, wenn es von der Verschlechterung der biologischen Vielfalt und der Fähigkeit der Natur, einen Beitrag zu den Menschen zu leisten, entkoppelt ist. Eine solche Entkopplung ist jedoch noch nicht eingetreten und würde weitreichende Änderungen der Politik und der Steuerreformen auf globaler und nationaler Ebene erfordern. Eine wichtige Feststellung des Rates ist dabei besonders für unsere Agrarregion relevant: Die Abschaffung traditioneller Landnutzungssysteme und der Verlust damit verbundener einheimischer und lokaler Kenntnisse und Praktiken sei in Europa weit verbreitet, so der Weltbiodiversitätsrat. Rein produktionsbasierte Subventionen in der Landwirtschaft verschärfen die Probleme deutlich, so der Rat weiter.
Auch die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze äußerte sich nach der Sitzung des Weltbiodiversitätsrats. Die Berichte des Weltbiodiversitätsrats seien aus ihrer Sicht ein Weckruf für Politiker auf der ganzen Welt. Das Artensterben sei nicht nur ein umweltpolitisches Problem, es beträfe alle Bereiche der Politik – auch in Deutschland. Die Politik wisse genug, um gegensteuern zu können. Eine wesentliche Ursache sei der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Deshalb wolle sie unter anderem den Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft in dieser Legislaturperiode beenden und sich grundsätzlich zu einem restriktiveren Umgang mit Pestiziden kommen.
So bleibt zu hoffen, dass die Blütenvielfalt den Besuchern der Bad Iburger Landesgartenschau nicht nur ein „oh, wie schön“ entlockt, sondern auch das Bewusstsein für Biodiversität schärft.