Neuerungen im Elektro- und Elektronikgesetz: Altkleider und Möbel jetzt Elektroschrott

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Laut ElektroG muss ab sofort mehr E-Schrott getrennt gesammelt und unter hohen Umweltauflagen verwertet werden, unter anderem „smarte“ Kleidung und Möbel. Doch gute Anreize zur Vermeidung von Abfällen fehlen weiterhin. Hier müssen dringend die politischen Weichen gestellt werden. Ab dem 15. August gilt der neue offene Anwendungsbereich des Elektro- und Elektronikgesetz (ElektroG). Er geht auf die Neubearbeitung des Gesetzes aus dem Jahr 2015 zurück. Schuhe mit LED-Leuchten, smarte Textilien mit Steuerelektronik oder Sofas mit eingebauten Lautsprechern werden per Gesetz zu Elektro(nik)geräten und müssen nun auch getrennt gesammelt werden. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen die Abfälle mit elektrischen Bauteilen an Wertstoffhöfen, in großen Handelgeschäften oder bei großen Onlinehändlern abgeben. Das Symbol der durchgestrichenen Mülltonne dient als Hinweis.

Hohe Umweltauflagen und technische Standards bei der Entsorgung erforderlich

Elektronische Produkte werden immer kürzer genutzt und ihre Herstellung verbraucht wertvolle Ressourcen. Die meist überflüssige und umweltschädliche Elektronisierung von Alltagsgegenständen und die immer kürzere Lebensdauer von Geräten ist problematisch. Zudem belasten gefährliche Schadstoffe wie Cadmium, Blei oder Quecksilber und Treibhausgase im Elektroschrott die Umwelt und das Klima. Sie machen hohe Umweltauflagen und technische Standards bei der Entsorgung erforderlich, die durch das ElektroG vorgegeben werden. Werden auch Möbel und Textilien mit elektrischen Funktionen über die Auflagen des ElektroG abgedeckt, können Schadstoffemmissionen reduziert werden und durch mehr Recycling gehen wichtige Rohstoffe nicht mehr verloren. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, in der Gesamtbetrachtung hat das ElektroG aber an einigen Stellen Nachbesserungsbedarf.

Die wichtigsten Änderungen im ElektroG

Das Elektro- und Elektronikgesetz (ElektroG) setzt die europäische WEEE-Richtlinie um und regelt seit 2005 das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten. Mit der neuen Regelung, dem sogennanten offenen Anwendungsbereich, fallen alle Elektro(nik)geräte unter das ElektroG, wenn sie nicht explizit ausgeschlossen sind. Zahlreiche Produkte werden registrierungspflichtig. Dies betrifft beispielsweise Möbel und Textilien mit elektrischen oder elektronischen Funktionen. Ausnahmen bilden elektrische Bauteile, die zerstörungsfrei entfernt werden können. Die bisherigen zehn Kategorien für recyclingpflichtige Geräte werden auf sechs Kategorien reduziert und erstrecken sich über Bildschirme, Lampen, Wärmeüberträger, Klein- und Großgeräte, je nach äußerer Abmessung.

Schon in den letzten Jahren (bis 2016) wurden die bisherigen Vorgaben für die Sammelquoten in Höhe von 45 Prozent aus dem ElektroG nicht erreicht. Ab 2019 gilt die höhere Sammelquote von 65 Prozent. Um sie zu erreichen, müssen deutlich höhere Anstrengungen unternommen werden. Mit dem offenen Anwendungsbereich rückt die Zielerreichung nicht näher. Die Sammelquote wird prozentual zum Durchschnittsgewicht der in den drei Vorjahren in Verkehr gebrachten Elektro(nik)geräten berechnet. Die in Verkehr gebrachten Geräte werden mit dem neuen E-Schrott automatisch mehr, es werden aber nicht zwingend mehr Altgeräte eingesammelt.

Aufgrund der Komplexität sind Fehlwürfe vorprogrammiert

Eine Hürde ist die Rückgabe von Altgeräten. Der neue E-Schrott darf nicht über den Sperrmüll, die Altkleidersammlung oder den Hausmüll entsorgt werden, so die Stiftung EAR. Im digitalen Zeitalter haben manche Textilien oder Möbelstücke aber auf den ersten Blick nicht ersichtliche elektrische Bestandteile. Der offene Anwendungsbereich sieht zudem vor, dass Produkte, die nicht körperlich verbunden sind, auseinander gebaut werden sollen. Das betrifft beispielsweise abnehmbare Leuchten aus Schrankwänden. Aufgrund der Komplexität sind Fehlwürfe vorprogrammiert und hohe Sammelquoten nicht gewährleistet. Die Last darf am Ende aber nicht bei der Verbraucherin oder dem Verbraucher liegen. Die Sammelstruktur für Altgeräte muss sich dementsprechend anpassen und die Rücknahme vereinfacht werden. Die Praxis zeigt, dass die Mehrzahl der deutschen Einzelhändler die ausgedienten Elektrogeräte nicht kostenfrei und kundenfreundlich zurücknimmt. Neben den Vollsortimentern, Warenhäusern und Elektronikfachhändlern sollte nun auch die Textil-, Schuh- und Möbelbranche sowie der Lebensmittelhandel mit seiner elektronischen Aktionsware kostenfrei und anstandslos ausgediente Produkte von Verbraucherinnen und Verbrauchern annehmen. Außerdem braucht es ein dichtes Netz an Rücknahmestationen, welche die Entsorgung rund um die Uhr verbraucherfreundlich ermöglichen. Händlern und Herstellern, die sich bei Marketingaktionen so kreativ zeigen, fehlt es an Ideen, Kunden besser zur Rückgabe ihrer Altgeräte zu animieren. Produzentenverantwortung sieht anders aus.

Verwertungs- und Recyclingquoten gefährdet

Für die neuen Gerätekategorien gelten im offenen Anwendungsbereich je nach Kategorie Verwertungsquoten von 75 bis 85 Prozent und Recyclingquoten von 55 bis 80 Prozent. Bei den vergangenen Quoten schnitt Deutschland, außer in zwei Kategorien, zuletzt gut ab. Nun könnten die Verwertungs- und Recyclingquoten für Altgeräte unter dem offenen Anwendungsbereich leiden.

Rückgewinnungsquoten von Altgeräten

Mit dem neuen E-Schrott kommen auch neue Materialzusammensetzung in die Rücknahmesysteme. Recycler beklagen, dass es beispielsweise bislang keine Recyclingwege für Schuhe mit Lampen gibt. Die neuen Materialzusammensetzungen erfordern so neue Verfahren und Behandlungsmethoden und teilweise ein aufwendiges händisches nachträgliches Trennen der Komponenten beispielsweise von Elektro(nik)gerät und Sperrmüll. Außer Acht gelassen wird bei den Rückgewinnungsquoten von Altgeräten bislang, dass alleinig die Quanität betrachtet wird. Daher werden zur Zeit hauptsächlich Massenmetalle zurückgewonnen. Edelmetalle, Seltene Erden oder Kunststoffe werden ungenügend berücksichtigt. Für die fortschreitende Digitalisierung müssen diesen aber einbezogen werden, nicht zuletzt um Menschenrechte und Umwelt in Rohstoffabbaugebieten zu schützen.

Nachbesserungsbedarf für das ElektroG

Im Jahr 2016 wurden in Deutschland 667 800 Tonnen Altgeräte stofflich verwertet, aber nur etwa 1,5 Prozent zur Wiederverwendung vorbereitet. Ganz zu schweigen von komplett wiederverwendeten Geräten, diese lagen 2015 bei 3700 Tonnen. Diese Tatsachen fallen bei der Recyclingquote gar nicht auf, denn die Behandlungsschritte „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ und Recycling werden für die gesetzlich geltende Recyclingquote zusammengerechnet. Die europäische WEEE-Richtlinie setzt hingegen ambitioniertere Standards für die Wiederverwendung, welche auch die notwendige Separierung von Geräten zur Wiederverwendung einschließt und den Zugang von Wiederverwendungsbetrieben an die Sammelstellen. Geltendes EU-Recht wird in Deutschland unterwandert. Das deutsche ElektroG muss diesbezüglich nachgebessert werden.

Starke Zerstörung der Altgeräte durch Erfassung und den Transport

Für die Umwelt und den Ressourcenschutz ist es besser, Abfälle zu vermeiden oder sie zur Wiederverwendung vorzubereiten. Auch das ElektroG hat als wesentliches Ziel die Vermeidung von Abfällen, jedoch fehlen gute Maßnahmen, die Wiederverwendung, Reparatur und ein langlebiges, recyclingfähiges Design von Elektro(nik)geräten stimulieren. Auch der offene Anwendungsbereich des ElektroG bewirkt diesbezüglich keinerlei Verbesserung. Im Gegenteil, die veränderten Sammelgruppen des offenen Anwendungsbereichs können dazu führen, dass weniger Geräte weiter benutzt werden. Die neuen Kategorien von Groß- und Kleingeräten führen laut Branchenexperten zu einer starken Zerstörung der Altgeräte durch Erfassung und den Transport.