Eine soeben in der renommierten Fachzeitschrift „Toxins“ veröffentlichte Studie der Vetmeduni Vienna untersuchte, inwieweit Weiden – eine wichtige Futterquelle für die Milchproduktion – durch Schimmelpilzgifte kontaminiert sind. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Mykotoxine genannten Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen ein unterschätztes Risiko für Weide- und Futtertiere aber auch für den Menschen darstellen. Weitere wichtige Erkenntnis: Je höher die Umgebungstemperatur ist, umso stärker ist die Belastung mit Pilztoxinen.
Weiden sind wichtige Futterquellen für Weidetiere wie Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde. Sie können jedoch mit mehreren Sekundärmetaboliten (Stoffwechselprodukte) aus Pilzen und Pflanzen mit toxischer oder endokrinschädigender Wirkung kontaminiert sein, die ein Risiko für die Gesundheit, Fortpflanzung und Leistungsfähigkeit von Weidetieren darstellen. Das zeigt eine soeben erschienene explorative Studie der Vetmeduni Vienna, deren Ziel es war, das Vorkommen und die Konzentrationen eines breiten Spektrums von Mykotoxinen, Phytoöstrogenen und anderen sekundären Metaboliten in Weiden zu evaluieren.
Gesundheitsrisiko für Tier und Mensch
Im Rahmen der Studie wurden von April bis Oktober 2019 repräsentative Weideproben von 18 österreichischen Milchviehbetrieben (eine repräsentative Probe pro Betrieb) entnommen und nach der Probenvorbereitung mittels hochauflösender Massenspektrometrie analysiert. „Auf den von uns untersuchten Weiden konnten wir häufig Mischungen aus Mykotoxinen, neuartigen (emerging) Mykotoxinen und Phytoöstrogenen nachweisen. Aufgrund ihrer Einbindung in die Futtermittelkette, der nicht abschätzbaren toxikologischen Wechselwirkungen und der Übertragung (zum Teil) auf tierische Produkte können diese Toxinmischungen ein Gesundheitsrisiko für Tier und Mensch darstellen, welches mit der Klimaerwärmung wohl zunehmen wird und verstärkt im Blickfeld der Wissenschaft bleiben muss“, so Studienleiter Qendrim Zebeli, Leiter des Instituts für Tierernährung und funktionelle Pflanzenstoffe der Vetmeduni Vienna.
Studie identifiziert 68 schädliche Stoffe in österreichischen Weiden
Mit insgesamt 68 Metaboliten wurde ein breites Spektrum an Mykotoxinen, Phytoöstrogenen und Sekundärmetaboliten nachgewiesen. Obwohl die Konzentrationen einzelner Pilzgifte und Metaboliten im Allgemeinen niedrig waren (oft weniger als 200 Mikrogramm/kg Trockenmasse), konnte die Gesamtkonzentration der Pilzmetaboliten auf einzelnen Weiden über 6.000 Mikrogramm/kg Trockenmasse erreichen. Im Detail betrachtet unterstreichen die Daten, dass Fusarium der wichtigste Pilz auf Weiden ist. Dennoch sollte laut den WissenschafterInnen auch auf mögliche hohe Belastungen mit Mutterkornalkaloiden und Alternaria geachtet werden.
Steigende Temperaturen als wichtigster Einflussfaktor: Exponentieller Toxin-Anstieg ab einem Tagesmittelwert von 15 °C
Grundsätzlich wird die Produktion von pilzlichen und pflanzlichen Sekundärmetaboliten durch vielfältige biologische (z. B. Art, Sorte, Pflanzenalter, parasitäre und symbiotische Interaktionen) sowie geoklimatische Faktoren (Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Niederschlag, Breitengrad und Höhe) beeinflusst. Als einflussreichster Faktor erwies sich jedoch die Umgebungstemperatur. Die Zahl der Pilzmetaboliten stieg mit steigender Temperatur linear an und Durchschnittstagestemperaturen über 15 °C lösten einen exponentiellen Anstieg der Konzentrationen von Fusarium- und Alternaria-Metaboliten und Mutterkornalkaloiden aus.
Zusammenfassend lässt sich laut Studien-Erstautor Felipe Penagos-Tabares vom Institut für Tierernährung und funktionelle Pflanzenstoffe der Vetmeduni Vienna sagen, „dass die Langzeitexposition zusammen mit dem gleichzeitigen Auftreten verschiedener Mykotoxine ein unterschätztes Risiko für Weide- und Futtertiere darstellen könnte, auch wenn die nachgewiesenen Mengen unter den EU-Richtlinien lagen. Die von uns erhobenen Daten weisen auf einen dominanten Einfluss der Umgebungstemperatur auf die Diversität und das Kontaminationsniveau von giftigen Pilzmetaboliten in Weiden hin. Der Klimawandel findet auch auf den heimischen Weiden seinen Niederschlag.“