Phytoplankton ist die Grundlage der Ökosysteme der Ozeane: Wie Regenwälder verbrauchen sie Kohlenstoff aus der Atmosphäre, bilden die Grundlage des marinen Nahrungsnetzes und haben einen entscheidenden Einfluss auf den Fischreichtum und das globale Klima. Eine internationale Studie unter Beteiligung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, die jetzt in der Fachzeitschrift Science Advances erschienen ist, gibt neue Einblicke in die komplexen biogeochemischen Prozesse an der Basis des marinen Ökosystems.
Alles Leben fängt klein an, auch im Meer
Mikroskopisch kleinen Organismen, das Phytoplankton, bilden eine wichtige Basis für das gesamte marine Ökosystem, die am Ende bestimmen, wie sich Fischbestände entwickeln und wieviel atmosphärisches Kohlendioxid im Meerwasser gebunden wird. Insofern ist das Verständnis der Basis des marinen Ökosystems für zwei elementare Zukunftsfragen des Menschen von Bedeutung: Ernährung und Klima.
Forschende der Dalhousie University, der University of Liverpool, des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und der Scripps Institution of Oceanography haben ein neues Modell für die Untersuchung des Phytoplanktonwachstums im Meer entwickelt. Das Modell wurde mit metaproteomischen und Umweltdaten gekoppelt, um genaue Vorhersagen z. B. über die Wachstumsraten des Phytoplanktons im Südlichen Ozean zu ermöglichen.
„Man kann sich das Wachstum von Phytoplankton wie eine industrielle Fertigung in einer Fabrik vorstellen: Materialien kommen in die Fabrik und werden auf Fließbändern verarbeitet, so dass das Endprodukt entsteht“, erläutert Scott McCain, Hauptautor der Studie und Doktorand am Fachbereich Biologie an der kanadischen Dalhousie University. „Wir haben uns gefragt, wie man den Output, das heißt die Menge der Produkte, die die Fabrik verlassen, steigern kann“, so McCain weiter. Übertragen auf das Phytoplankton bedeutet das: wie kann es schneller wachsen?
„Im Rahmen der Studie haben wir herausgefunden, dass das Phytoplankton dafür seine ‚zellulären Fließbänder‘ neu anordnet“, erläuterte Prof. Dr. Eric Achterberg, Co-Autor der Studie vom GEOMAR. „Es ging uns dabei nicht um die Menge der verfügbaren Nährstoffe, einschließlich Eisen und Mangan, die für das Wachstum von Phytoplankton wichtig sind, sondern um die Frage, wie sich die ‚zellulären Fließbänder‘ im Phytoplankton anpassen, die die Ausgangsstoffe für ihr Wachstum verarbeiten“, so Achterberg weiter. Dafür erstellen die Forschenden ein mathematisches Modell eines Phytoplanktons, dass es ihnen ermöglichte, diese Prozesse abzubilden. Das Modell wurde mit Daten über Metaproteomik , gelöstem Eisen und Mangan aus Laborexperimenten und Expeditionsdaten aus dem Südlichen Ozean verknüpft Dadurch konnten sie neue Erklärungen für verschiedenen Prozesse bei der Phytoplanktonentwicklung gewinnen.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass kumulative zelluläre Kosten bestimmen, wie Umweltbedingungen das Wachstum von Phytoplankton verändern“, sagt Professor Achterberg. „Dies verändert die Art und Weise, wie wir das Wachstum von Phytoplankton betrachten, grundlegend und wird zu besseren Vorhersagen, wie viel Phytoplankton im Ozean wächst, führen“, so Scott McCain. Diese Erkenntnisse seien auch für Vorhersagen zur Entwicklung von Fischbeständen und des globalen Klimawandels wichtig, so der kanadische Forscher.