Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 15 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Das muss nicht sein – häufig führen Unachtsamkeiten dazu, dass Lebensmittel in der Tonne landen. Doch die Ursachen sind komplex. Forscher des Verbundprojekts REFOWAS (REduce FOod WASte) haben Möglichkeiten zur Abfallreduzierung bewertet und zukunftsfähige Ansätze für einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln entwickelt. Auf einer Abschlusskonferenz in Berlin stellen die beteiligten Projektpartner am 19.03.2018 ihre Ergebnisse vor.
„Auf die Lebensmittel, die im Müll landen, entfallen rund 34 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente bzw. 20 % aller lebensmittelbedingten Emissionen in Deutschland. Um der Lebensmittel-verschwendung deutlich gegenzusteuern, muss an vielen Stellschrauben gedreht werden“, sagt Projektkoordinator Dr. Thomas Schmidt vom Thünen-Institut für Ländliche Räume. Daher wurden in den einzelnen Arbeitspaketen des REFOWAS-Projektes die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten von Minderungsmaßnahmen erforscht und Einsparpotenziale ausgewiesen.
Die Verbraucherzentrale NRW hat Hilfen und Materialien erarbeitet, wie sich Speiseabfälle in der Schulverpflegung vermeiden lassen. Die Fallstudie Schulverpflegung zeigt, dass bereits mit einfachen Maßnahmen ein Drittel der Speiseabfälle eingespart und Kosten spürbar gesenkt werden können. „Deshalb ist es uns wichtig, Schulen, Küchen und Caterer zu unterstützen, wie sie Abfallmengen erfassen und Abfälle vermeiden können“, betont Frank Waskow, Leiter der Fallstudie. Dazu dienen Ratgeber, Erklär-Clips und ein Analysetool für die Abfalldaten. Für Lehrkräfte und Schüler werden Bildungs- und Aktionsmaterialien für mehr Wertschätzung und ein abfallarmes Verhalten in der Mensa angeboten.
Bei Bäckereiprodukten hat sich gezeigt, dass in Deutschland rund 1.650 Tonnen täglich in den Backläden zurückbleiben. Häufig landen diese als Tierfutter in Schweinetrögen. Mit Softwarelösungen lässt sich der Verkaufsbedarf besser abschätzen. Auch ein reduziertes Sortiment, vor allem am Abend, verringert die Retourmenge. Hier ist allerdings die Kompromissbereitschaft der Konsumenten gefragt. Bislang gehen Maßnahmen zur besseren Umverteilung der Backwaren teilweise mit einer schlechteren Ökobilanz einher. Dies liegt an den zusätzlichen Treibhausgas-Emissionen der erhöhten Transportwege. Mit softwarebasierten Prognosesystemen kann diesem Problem begegnet werden und so lassen sich negative Umweltwirkungen verringern.
Bei der Produktion von Obst und Gemüse ist die Schnittstelle zwischen Erzeugern und Lebensmitteleinzelhandel ein kritischer Bereich. „Die Standards der Lebensmitteleinzelhändler liegen höher als gesetzlich vorgeschrieben. Die Händler haben hierfür zwar gute Gründe, wie den Wunsch der Kunden nach optisch makellosen Produkten. Allerdings führen diese hohen Ansprüche auch dazu, dass immer wieder wesentliche Teile der Erzeugung nicht verkauft werden können“, so Dr. Walter Dirksmeyer, verantwortlicher Wissenschaftler der Fallstudie am Thünen-Institut für Betriebswirtschaft. Wichtig wäre es hier, den Austausch zwischen Handel und Verbrauchern zu fördern. Auch eine bessere Beratung von Produktion und Handel und eine durchgehende Kühlkette vom Feldrand bis zur Ladentheke würden helfen, Verluste zu verringern.
Fast die Hälfte der Lebensmittelabfälle fällt am Ende der Wertschöpfungskette bei den privaten Haushalten an. In erster Linie handelt es sich dabei um verdorbene Lebensmittel. Das zeigt, dass ein wichtiger Ansatzpunkt zur Abfallvermeidung schon beim Einkauf liegt: In vielen Haushalten kommt es vor, dass mehr als benötigt eingekauft wird. Diese Lebensmittel landen schließlich verdorben in der Tonne. Ein bedarfsgerechter Einkauf von Lebensmitteln durch die Verbraucher könnte von den Einkaufsstätten unterstützt werden, wenn diese darauf verzichten würden, durch Großpackungen etc. zum Mehrkauf zu animieren. Außerdem sind weiterhin Aufklärungs- und Informationsmaßnahmen wichtig, um Verbrauchern das große Ausmaß und die weitreichenden Konsequenzen von Lebensmittelabfällen bewusst zu machen.
Das Projekt REFOWAS ist eines von 30 Forschungsprojekten, die einen Beitrag zu „Nachhaltigem Wirtschaften“ leisten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert damit die Entwicklung von Perspektiven für eine ökologisch verträgliche, sozial inklusive und wettbewerbsfähige Wirtschaft. Dafür stellt das BMBF in der Sozial-ökologischen Forschung rund 31 Millionen Euro bereit. Sie ist Teil der Leitinitiative Green Economy im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklung“ (FONA). Weitere Informationen gibt die Webseite.