Grüner Wasserstoff kann dabei helfen, Treibhausgasemissionen zu verringern. Er ist zentrales Schlüsselelement auf dem Weg zur Klimaneutralität Deutschlands bis 2045. So kann Wasserstoff beispielsweise als Brenn-, Hilfs- und Grundstoff in der Industrie eingesetzt werden und lässt sich mittels Brennstoffzellen in Strom und Wärme umwandeln, um Häuser mit Elektrizität zu versorgen und zu beheizen. Außerdem kann Wasserstoff als Treibstoff dienen oder als Rohstoff bei der Produktion synthetischer Kraftstoffe für LKWs, Züge, Schiffe und Flugzeuge.
Gemeinsam mit Partnern aus Industrie, Wissenschaft und Verbänden aus ganz Deutschland arbeiten die Wissenschaftler des KIT in den drei Leitprojekten daran, die dafür notwendigen Technologien maßgeblich weiterzuentwickeln: H₂Mare untersucht Möglichkeiten, grünen Wasserstoff und seine Folgeprodukte direkt auf See mithilfe von Windenergieanlagen zu produzieren, in TransHyDE entwickeln, bewerten und demonstrieren die beteiligten Partner wasserstoffbasierte Technologien und Lösungen für den Wasserstofftransport und H₂Giga erforscht die serienmäßige Herstellung von Wasser-Elektrolyseuren, also von Anlagen zur Wasserstofferzeugung mit Strom.
„Wenn wir den CO₂-Austoß massiv reduzieren und die Energiewende meistern wollen, ist Wasserstoff ein unverzichtbares Instrument. Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung beim Thema Wasserstoff, die von der Forschung an Grundlagen bis zu ganz konkreten Anwendungen reicht, leistet das KIT hier entscheidende Beiträge“, sagt der Präsident des KIT, Professor Holger Hanselka. „In den Leitprojekten des Bundes bringen wir dieses Know-how ein und schaffen zusammen mit den beteiligten Akteuren aus Forschung, Politik und Gesellschaft neue Synergien, um so zügig zu Lösungen kommen.“
H₂Mare: Wasserstofferzeugung auf See
Offshore-Windparks, also Windräder auf See, stellen eine wichtige Ergänzung zu Windparks an Land dar und werden derzeit weltweit mit Hochdruck vorangetrieben. Durch die kontinuierlich guten Windbedingungen auf See und die hohe Zahl an Volllaststunden, ist der Energieertrag offshore deutlich höher als an Land. Das Leitprojekt H₂Mare schafft die Grundlagen dafür, dass sich die Offshore-Windenergie ohne Netzanbindung direkt nutzen lässt, um beispielsweise über die Wasserelektrolyse grünen Wasserstoff herzustellen. Ziel ist es, die Kosten von grünem Wasserstoff zu senken und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.
„Am KIT erforschen wir, wie wir aus dem auf einer Offshore-Plattform erzeugten grünen Wasserstoff direkt vor Ort einfach transportierbare Produkte, wie verflüssigtes Methan, flüssige Kohlenwasserstoffe, Methanol und Ammoniak, für die chemische Industrie oder für Kraftstoffe herstellen können“, sagt Professor Roland Dittmeyer vom Institut für Mikroverfahrenstechnik (IMVT) des KIT. „Um den dynamischen Betrieb direkt an Offshore-Windparks gekoppelter Power-to-X-Anlagen zu erproben, nutzen wir unseren Power-to-X-Anlagenkomplex im Energy Lab 2.0 am KIT.“ Die transportable, container-basierte Forschungsplattform e XPlore, die das KIT gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt hat, soll außerdem einen ersten realitätsnahen Versuchsbetrieb einer vollständigen Power-to-X-Prozesskette in maritimer Umgebung ermöglichen.
TransHyDE: Transportlösungen für grünen Wasserstoff
Nur selten wird Wasserstoff dort genutzt, wo er hergestellt wird. Um den Bedarf in Deutschland zu decken, muss er größtenteils aus wind- und sonnenreichen Regionen transportiert oder importiert werden. Deshalb erforscht und entwickelt das Leitprojekt TransHyDE Transporttechnologien und infrastrukturen für grünen Wasserstoff. „Flüssiger Wasserstoff weist bei größter Reinheit auch die höchste Energiedichte auf. Am KIT nutzen wir die Energie und die Kälte des flüssigen Wasserstoffs, indem wir sie mit elektrotechnischen Anwendungen vereinen, wie etwa im Energietransport mit Hochtemperatur-Supraleitern oder in den Antriebssträngen von Fahrzeugen“, sagt Professorin Tabea Arndt vom Institut für Technische Physik (ITEP) des KIT.
Der Einsatz von Hochtemperatur-Supraleitern ermöglicht es, energieeffizient elektrische Energie und parallel chemische Energie zu transportieren. „Außerdem entwickeln wir Sicherheitsstrategien für Materialien und Handhabung über industrielle Anlagen hinaus“, so Arndt. In den Anlagen des KIT können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die gesamte Kette von der Wasserstoff-Verflüssigung über die energietechnischen Anwendungen der Elektrotechnik bis hin zu Brennstoffzellenheizungen erforschen und umsetzen.
Das KIT ist mit dem Institut für Technische Physik (ITEP), welches das Verbundprojekt „AppLHy!“ zum Flüssigwasserstofftransport innerhalb von TransHyDE koordiniert, sowie mit dem Institut für Angewandte Materialien – Werkstoffkunde (IAM-WK), dem Institut für Thermische Energietechnik und Sicherheit (ITES) und dem Elektrotechnischen Institut (ETI) beteiligt.
H₂Giga: Serienfertigung von Elektrolyseuren zur Wasserstofferzeugung
Grüner Wasserstoff lässt sich per Elektrolyse mit erneuerbaren Energien herstellen und als Energieträger vielfältig einsetzen. Die Produktion von Elektrolyseuren, also von Anlagen zur Wasserstofferzeugung mittels Strom, ist jedoch aufwändig und kostenintensiv. Das Leitprojekt H₂Giga will ihre serienmäßige und kostengünstige Produktion ermöglichen, um Deutschlands Bedarf an grünem Wasserstoff zu decken. Innerhalb der Technologieplattform ist das KIT an zwei Verbundprojekten beteiligt.
Im Verbund „HTEL-Stacks – Ready for Gigawatt“ wollen die Beteiligten Stacks, also Zellstapel, für die Hochtemperaturelektrolyse und dazugehörige Produktionsprozesse und -anlagen entwickeln. „Die Elektrolyse bei hohen Temperaturen benötigt weniger kostenintensive elektrische Energie und der Mehrbedarf an thermischer Energie kann durch die in der Zelle entstehende Verlustwärme abgedeckt werden. Mit der Hochtemperaturelektrolyse können dann Wirkungsgrade von bis zu 100 Prozent erreicht werden, aktuelle Systeme erreichen bereits über 80 Prozent“, sagt Dr. André Weber vom Institut für Angewandte Materialien – Elektrochemische Technologien (IAM-ET) des KIT. „Wir am KIT analysieren vor allem über elektrochemische und elektronenmikroskopische Methoden die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer der Hochtemperatur-Zellen und Stackkomponenten.“ Die Sunfire GmbH koordiniert das Projekt.
Der zweite Verbund „Stack Scale-up – Industrialisierung PEM Elektrolyse“ entwickelt neue Stack-Technologien und großserientaugliche Produktionsverfahren für die Niedertemperatur-Elektrolyse. Diese Elektrolyse über Polymerelektrolytmembran-Zellen (PEM-Zellen) zeichnet sich durch niedrige Betriebstemperaturen und eine hohe Leistungsdichte aus. „Am KIT charakterisieren und modellieren wir diese elektrochemisch und strömungstechnisch. Mithilfe modellbasierter Optimierungen wollen wir dann neue, leistungsfähigere Stack-Designs entwickeln“, so Weber. Der Verbund wird von der Schaeffler AG koordiniert.