Bipolarplatten (BPP) stellen eine Schlüsselkomponente in modernen Brennstoffzellen dar und sind damit essenziel für den Ausbau der Elektromobilität im Personen- und Nutzkraftwagenverkehr. Forschende der Universität Stuttgart, des Fraunhofer-Instituts für Physikalische Messtechnik in Freiburg sowie der Firmen thyssenkrupp System Engineering und Chemische Werke Kluthe suchen im Rahmen des Forschungsprojekts „AKS-Bipolar“ nach Wegen, um den Ausschuss bei der Produktion metallischer Bipolarplatten zu reduzieren sowie die Bereitstellung der für die Energiewende erforderlichen hohen Stückzahlen zu ermöglichen.
„Baden-Württemberg ist führend in Forschung und Wissenschaft. Denn dort wachsen die Rohstoffe der Zukunft: Wissen, Kreativität und Innovation. Die Landesregierung unterstützt den Struktur- und Technologiewandel und die damit verbundene Transformation unseres Industriestandorts.
Die Forschung der Universität Stuttgart zur Verbesserung des Produktionsprozesses von Bipolarplatten im Rahmen des trilateralen DFG-Projekts trägt wegweisend zum Ausbau der leistungsfähigen Elektromobilität und zur Schlüsseltechnologie Brennstoffzelle bei. Unsere exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, wie Forschungsprojekte angegangen und umgesetzt werden können, um neues Wissen konkret in die Anwendung und damit unser Land voranzubringen“, so Wissenschaftsministerin Theresia Bauer.
Eine Brennstoffzelle besteht aus zahlreichen stapelartig angeordneten Membran-Elektroden-Einheiten (MEA), in denen die Umwandlung von chemischer zu elektrischer Energie stattfindet. Bipolarplatten liegen zwischen diesen Einheiten und übernehmen die Funktion, die hierfür erforderlichen Reaktionsgase zu- und das entstehende Wasser abzuleiten. In modernen Brennstoffzellsystemen sind je nach Typ und Größe 300 – 600 BPP verbaut!
Lange Zeit dominierten BPP aus Graphit den Markt, doch der Trend geht aus wirtschaftlichen Gründen und aufgrund der höheren Leitfähigkeit hin zu metallischen BPP. Um diese herzustellen, kommen Verfahren der Umformtechnik zum Einsatz, die im Vergleich zu spanenden Fertigungsverfahren geringere Kosten sowie deutlich schnellere Taktzeiten ermöglichen. Bei der Blechumformung können allerdings bereits leicht schwankende Prozessparameter zu Umformfehlern wie Reißern, Falten oder Wölbungen (Springbeul-Effekte) führen, die die Montage der Zellenstapel erschweren.
Gesamtsystem zur Prozesskontrolle und Qualitätssicherung
Bisher lassen sich die meisten dieser Fehlerbilder der metallischen BPP nicht konsistent erkennen oder vermeiden, weshalb die Qualitätsprüfung nachgelagert in kosten- und zeitintensiven Stichprobentests erfolgt. Vor diesem Hintergrund wollen die Forschenden im Projekt „AKS-Bipolar“ (Aktive Prozesskontrolle bei der Serienfertigung hochpräzise geprägter Bipolarplatten) ein Gesamtsystem zur aktiven Prozesskontrolle und Qualitätssicherung entwickeln, das eine vollflächige 3D-Messtechnik direkt in die Produktionslinie der Bauteile integriert und alle Prozessstufen in einer Gesamtsimulation (Toolchain) abbildet.
Hierbei setzen die Projektpartner an hochgenauen 3D-Daten an, die durch die digital-holographische Sensortechnik des Fraunhofer IPM erstmals in hohem Umfang und in Echtzeit zur Verfügung stehen. Diese werden sehr schnell und akkurat mit Simulationsergebnissen verglichen, die am Institut für Umformtechnik (IFU) der Universität Stuttgart zur Prozessauslegung verwendet werden. Dabei nutzt das IFU die Erkenntnisse aus zahlreichen Forschungsprojekten auf den Gebieten der Blech- und Massivumformung, darunter zwei vorausgegangene DFG-Projekte zur Modellierung von Blechwerkstoffen.
Auf dieser Datenbasis generiert und optimiert die im Projekt zu entwickelnde Simulations-Toolchain unter anderem einen Digitalen Zwilling des betrachteten Umformprozesses, mit welchem wiederkehrende Fertigungsprobleme wie Risse, Falten oder der Springbeul-Effekt numerisch erfasst und geeignete Gegenmaßnahmen zielgerichtet eingeleitet werden.
Der Erfolg des Projektes wird mittels eines Demonstrators an einem konkreten, industriellen Fertigungsbeispiel nachgewiesen. Dazu wird ein Experimentalsystem zunächst im Labor- und später im Industriemaßstab aufgebaut.