Tropische Bergwälder werden als Kohlenstoffspeicher unterschätzt

Blick von einem Bergmassiv der Taita Hills im Süden Kenias. Prof. Dr. Christine Schmitt

Tropische Regenwälder stellen gigantische Kohlenstoffspeicher dar. Doch der Beitrag tropischer Bergwälder zum Klimaschutz wurde bislang unterschätzt. Aufgrund der Höhenlage war die Forschung davon ausgegangen, dass die tropischen Bergwälder weniger produktiv seien als Tiefland-Regenwälder. Der Weltklimarat IPCC gab in seinen Berichten für Afrika den durchschnittlichen Speicherwert von 89,3 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar an.

Doch die internationale Studie zeigt, dass dieser Wert auf dem afrikanischen Kontinent um zwei Drittel höher liegt. Tatsächlich kann ein Waldstück in den tropischen Bergwäldern Afrikas im Durchschnitt etwa 149,4 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar aufnehmen – das entspricht ungefähr dem Kohlenstoffspeicher der afrikanischen Tieflandregenwälder und liegt deutlich über dem Wert der Tiefland- und Bergwälder Südamerikas. Tatsächlich zeichnen sich die afrikanischen Regenwälder generell durch eine recht geringe Baumdichte, jedoch vielen großen Bäumen aus.

Die Ursachen hierfür sind noch nicht ganz geklärt. Die Autoren der Studie vermuten, dass das Vorkommen von großen Pflanzenfressern wie Waldelefanten eine Rolle spielen könnte, die auf die Waldstruktur einwirken; außerdem seien großflächige Störungen wie Wirbelstürme recht selten und die afrikanischen Gebirge nicht so extrem steil wie etwa die Anden.

Passauer Geographin liefert Daten aus Äthiopien und Kenia

Prof. Dr. Christine Schmitt, Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie mit Schwerpunkt Mensch-Umwelt-Forschung an der Universität Passau, hat Daten aus Äthiopien und Kenia zu der breit angelegten „Nature“-Studie beigesteuert. Vermessen wurden dafür 72.336 Bäume auf 226 Flächen, die sich auf 44 Regionen in 12 afrikanischen Ländern verteilen. Hauptautorin Dr. Aida Cuni-Sanchez, Umweltgeografin an der Norwegischen Universität für Umwelt- und Biowissenschaften (NMBU) und der britischen Universität York, hat die Arbeiten von 101 Kolleginnen und Kollegen zusammengetragen, die unabhängig voneinander Feldstudien in tropischen Bergwäldern durchgeführt haben.

„Mit Hilfe dieser übergreifenden Arbeit können wir zeigen, welches Potential Afrikas tropische Bergwälder für den Klimaschutz haben“, sagt die Passauer Geographin Prof. Dr. Schmitt, die sich damit bereits seit mehreren Jahren beschäftigt. Rasch voranschreitende Entwaldung gefährde dieses Potential. Schmitt nennt als Beispiel Äthiopien, wo möglicherweise Waldflächen, die sie im Rahmen ihrer Doktorarbeit von 2003 bis 2005 untersucht hatte, gar nicht mehr existierten. „Die Wälder werden gerodet, um Flächen für Landwirtschaft zu schaffen“, schildert die Wissenschaftlerin. Für viele Menschen sei dies die einzige Möglichkeit, um an Nahrungsmittel zu kommen. Die aktuellen Konflikte im Land verschärften die Situation.

Sorge um Kenias Biodiversität

Auch in Kenia sehe es kritisch aus für die Bergregenwälder, wo Prof. Dr. Schmitt seit 2016 mit Feldstudien aktiv ist. Gemeinsam mit deutschen und kenianischen Studierenden erhob sie im Rahmen eines vom DAAD geförderten Forschungsprojektes Daten zur Artenvielfalt und Waldstruktur in den Taita Hills im Süden Kenias. Die Daten, die sie im Projekt 2018 erhoben hatte, flossen in die „Nature“-Studie ein.

Zwar sei die Abholzung dort zurück gegangen, allerdings seien nur noch sehr wenige Waldfragmente übrig. „Wir haben deshalb die Sorge, dass die Flächen zu klein sind, um die Artenvielfalt auf Dauer zu erhalten“, so Prof. Dr. Schmitt, die aktuell mit dem vom DAAD geförderten BioCult-Projekt weiter in Äthiopien und Kenia forscht.

Sie hofft, dass die Studie die internationale Gemeinschaft für die Bedeutung von Afrikas tropischen Bergwäldern für den Klimaschutz sensibilisiert. „Internationale Mechanismen und Abkommen können Anreize für den Schutz der Wälder schaffen und helfen, Maßnahmen zu finanzieren. Vor Ort kann Waldschutz aber nur gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung erreicht werden, etwa über Bildungsarbeit und die Schaffung von alternativen Einkommensmöglichkeiten“, sagt die Passauer Forscherin.