Wie lässt sich Wasserstoff herstellen, in welchen Bereichen einsetzen und welche Möglichkeiten gibt es, ihn zu verteilen? Mit diesen Fragen hat sich die Studie „Wasserstoff Technik Screening“ der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) im Auftrag der N-ERGIE Aktiengesellschaft beschäftigt. Grundlegende Erkenntnis des Forschungsteams vom Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik: Grüner Wasserstoff, aus erneuerbaren Energien hergestellt, wird sich im Zuge der Energiewende zu einem essenziellen Energieträger entwickeln.
Das gilt besonders für die Sektoren, die kaum über Alternativen verfügen, um Klimaneutralität zu erreichen. Im Gegensatz zum Sektor Mobilität, der sich weitgehend elektrifizieren lässt, sind dies Industrieprozesse sowie große Teile des Wärmemarkts. Ein geeigneter Weg auf dem Pfad der Klimaneutralität liegt darin, die Gasnetzinfrastruktur langfristig weiter zu nutzen und dort das heutige Erdgas zunehmend gegen klimaneutrale Energieträger wie Wasserstoff auszutauschen.
Wasserstoff bleibt knappes Gut
Ebenso arbeitet die Studie, die unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Karl entstanden ist, heraus, dass für den Durchbruch von Wasserstoff-Technologien sowohl regionale als auch überregionale Verteilstrukturen entstehen müssen. Weil für die Herstellung hohe Kapazitäten regenerativer Energie benötigt werden, wird Wasserstoff sowohl kurz- als auch mittelfristig nur in begrenztem Maß zu Verfügung stehen. Zudem wird dieser überwiegend nicht in Deutschland erzeugt, sondern importiert werden. Als effizienteste Form der Verteilung zeichnet sich – zumindest über lange Strecken – der gasförmige Transport über Pipelines ab.
Verschiedene Technologieoptionen auf dem Prüfstand
Genutzt werden könnte regional erzeugter Wasserstoff zum einen von Industriekunden in der Region, die – aus jetziger Sicht – noch lange auf einen Anschluss an ein reines Wasserstoff-Netz warten müssen. Zum anderen ist der Einsatz zur Fernwärmeerzeugung denkbar.
Vor allem drei Methoden der Erzeugung rücken infolge der wissenschaftlichen Studie in den Blick: Zunächst die Herstellung durch die Aufspaltung von Wasser mittels eines Elektrolyseurs. Diese Form gilt gemeinhin als Schlüsseltechnologie für die Herstellung von grünem Wasserstoff und ließe sich beispielsweise in räumlicher Nähe von potenziellen Abnehmern realisieren.
Die zweite Option ist die Herstellung von Wasserstoff über die Methanpyrolyse von Biomethan. Hierbei wird Methan aus Biogas unter Einsatz von regenerativ erzeugtem Strom thermisch in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten. Anders als bei der Verbrennung entsteht bei diesem Prozess kein klimaschädliches CO2. Dieses Verfahren entzieht der Atmosphäre im Saldo sogar CO2. Der über die Pyrolyse gewonnene Wasserstoff könnte beigemischt im Heizkraftwerk den Anteil der CO2-neutralen Fernwärme in Nürnberg weiter steigern.
Biogene Reststoffe aus der Kreislaufwirtschaft nutzen?
Eine dritte, in der öffentlichen Diskussion bislang weniger beachtete Möglichkeit, Wasserstoff zu erzeugen, ist die thermochemische Konversion biogener Reststoffe. Dabei wird zum Beispiel Waldrestholz oder auch Klärschlamm unter Einsatz von Wärme vergast. Bei der anschließenden Aufbereitung wird der Wasserstoff vom gewonnenen Synthesegas abgeschieden.
Innerhalb dieses Verfahrens erscheint vor allem die noch wenig erforschte elektrisch beheizte Wasserdampf-Vergasung von Biomasse vielversprechend, da sie bei entsprechender Technologiereife eine besonders hohe Effizienz verspricht. Die Energie, die hierbei für die Gewinnung von Wasserstoff eingesetzt wird, kommt zu etwa zwei Dritteln aus Biomasse und nur zu etwa einem Drittel aus Strom.
Die komplette Studie, erarbeitet von der FAU und herausgegeben vom Energie Campus Nürnberg (EnCN), gibt es als Download: https://www.evt.tf.fau.de/forschung/publikationen/encn-wasserstoffstudie-2021/