Innovationspotenziale bei der Nutzung biogener Rohstoffe

Die Kompetenzen im Cluster Bioökonomie der Zuse-Gemeinschaft: Im Zentrum steht die Nachhaltigkeit Zuse-Gemeinschaft

Forschende aus der Zuse-Gemeinschaft arbeiten in gemeinnützigen Instituten an technischen Schlüsselfragen für Bioökonomie-Innovationen. Zugleich kooperieren sie mit Unternehmen, um solche Neuerungen näher an den Markt zu bringen. Wie Innovationshöhe und Marktnähe zusammenkommen, machten drei der insgesamt 19 im Cluster Bioökonomie der Zuse-Gemeinschaft vertretenen Institute beim Werkstattgespräch deutlich.

Foto: PFI

Nutzungsoptionen von Biomasse werden oft als Konkurrenz wahrgenommen. Wie diese entschärft werden kann, zeigte Dr. Stefan Dröge, Abteilungsleiter Biotechnologie beim Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens (PFI). Am Beispiel von Teigresten aus Pizza und anderen Backwaren als Rohstoffquelle stellte er vor, wie sich sowohl Biogas als Energielieferant wie auch Biobutanol als Treibstoff oder als Chemikalie für die Industrie gekoppelt aus den Reststoffen gewinnen lassen. „Biobutanol ist nicht nur eine interessante Alternative zu Bioethanol als Kraftstoff, sondern bietet auch interessante Einsatzgebiete in der chemischen Industrie“, erklärte Dröge, der ein erhebliches Rohstoffpotenzial bei Reststoffen aus der Backwarenindustrie sieht, die regional für Bioökonomie-Kreisläufe genutzt werden könnten.

Fermentation schafft Energie- und Chemieprodukte aus Pizzaresten

Ähnliches gilt unter anderen Vorzeichen für Stroh als Rohstoffquelle für Energieprodukte einerseits und für hochwertige Plattformchemikalien andererseits. „In einem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt der Initiative Bioeconomy International haben wir durch die Fermentation von aufgeschlossenem Stroh die Produktion der wertvollen Plattformchemikalie Bernsteinsäure und die Gewinnung von Biogas erreicht“, stellt Dröge fest.

CO2 einsparen durch biogene Schäume und Fasern für den Auto-Innenraum
Wie textile Anwendungen aus der Bioökonomie verstärkt in einem Schlüsselbereich der Energiewende – der Mobilität – zum Zuge kommen können, berichtete Dr. Frank Meister, Abteilungsleiter Chemische Forschung beim Thüringischen Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung (TITK) anhand des von der Europäischen Union geförderten Projekts BioMotive.

Das TITK ist dort eingebunden in die Entwicklung biogener Fasern und neuer Leichtbauwerkstoffe für den Auto-Innenraum, wo sie z.B. für Sitze, Armaturenbrett oder Türinnenverkleidung gebraucht werden. Unter anderem entwickelten die Forschenden neue sogenannte Lyocellfasern aus modifizierten Papierzellstoffen.

Der besondere Vorzug am TITK: An dem Thüringer Institut konnten die neu entwickelten Fasern in einer kleintechnischen Versuchsanlage im Maßstab von mehreren 100 kg hergestellt werden. Das erhöht die Vergleichbarkeit mit den Realitäten der Industrie und war Design-Basis für eine unlängst errichtete Demo-Anlage der Metsä-Tochter MI Demo im finnischen Äänekoski. „Lyocellfasern als biogener Werkstoff vermeiden Umweltbelastungen wie sie bei anderen Materialien durch die Risiken von Mikroplastik entstehen.

Hinzu kommt als Klima-Plus: Durch die von uns mit entwickelten und bewerteten Fasern und Verfahrensprinzipien lässt sich der CO2-Fußabdruck bei der Produktion von Fahrzeugen spürbar verringern“, erklärt Meister.

Kombination von CO2-Elektrolyse und Biotech-Wertstoffsynthese

Dechema

Dass mithilfe von Bioökonomie-Lösungen CO2 nicht nur eingespart werden kann, sondern auch negative Emissionen des Klimagases erreichbar sind, deutete Dr. Markus Stöckl vom DECHEMA-Forschungsinstitut (DFI) an. In seinem Vortrag „Mit Strom und CO2 zum Biokunststoff“ zeigte er auf, wie die Elektrolyse dazu genutzt werden kann, Erneuerbare Energien „lagerbar“ zu machen. Der Ansatz: Aus Kohlendioxyd so genanntes Formiat zu produzieren, das als Feststoff lagerbare Salz der Ameisensäure, das Mikroorganismen als Energie- und Kohlenstoffquelle dienen kann, die wiederum daraus den Biokunststoff Polyhydroxybutyrat (PHB) herstellen.

Durch die elektrochemische Herstellung des Zwischenprodukts Formiat können unterschiedliche Mikroorganismen eingesetzt werden. „Wir nutzen ein ‚Knallgasbakterium‘ als Mikroorganismus, das auf Wasserstoff, aber auch auf Formiat wachsen kann“, erläutert Stöckl zu dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt.

Das durch die Mikroorganismen gewonnene PHB zeigt beispielhalft die Kopplung von Elektrolyse und Biosynthese. Es kann in der Kunststoffindustrie verwendet werden. „Unser biotechnologisches Verfahren ist zwar noch nicht marktreif, hat aber gute Fortschritte gemacht. Zudem können wir auf eine langjährige gute Zusammenarbeit mit einem KMU bauen, was beiden Seiten für Praxisnähe und für die Umsetzung von Innovationen hilft“, sagt Stöckl.

„Kennzeichen erfolgreicher Bioökonomie-Forschung in der Zuse-Gemeinschaft ist der praxisnahe Transfer konkreter Ergebnisse in die Wirtschaft“, erklären die Koordinatoren des Clusters Bioökonomie, Prof. Frank Miletzky und Dr. Michael Meyer. „Inhaltlich gilt: Die Forschung ist einer nachhaltigen, klimaschonenden Entwicklung ebenso verpflichtet wie dem übergeordneten Ziel einer kreislauforientierten Wirtschaft“, so Meyer und Miletzky.