red. Klimawandel, Ressourcenknappheit, die Nutzung von Böden, Artenverlust – Schlagworte die zeigen, dass der menschliche Einfluss auf die Umwelt ist so massiv, dass wir so gesehen schon im Anthropozän angekommen sind“, sagt Michael Wagreich. Der Geologe von der Universität Wien ist Mitglied einer internationalen Arbeitsgruppe, die klären soll, was für die Einführung des Anthropozäns – als neues geologisches Zeitalter und Nachfolger des derzeitigen Holozäns – spricht und wann sein Beginn festgesetzt werden könnte. „In vielen Parametern, z.B. beim CO2-Gehalt in der Atmosphäre, bei den Mengen an transportiertem und umgeschichtetem Sediment oder bei der Aussterberate von Organsimen, werden die natürliche Schwankungsbreite und Raten des Holozäns zum Teil weit überschritten. Der Mensch bestimmt viele geologische Prozesse, so dass manche ihn bereits als eine geologische Großmacht ansehen“, so Wagreich. Gemeinsam mit Forschern der Universität für Bodenkultur Wien konnte er erst kürzlich zeigen, dass es deutliche menschliche Belastung der Umwelt bereits in der Bronzezeit gab, die vom menschlichen Erzabbau und der Verhüttung von Kupfer-, Eisen- und Römerzeit stammen.
Die Debatte über das Anthropozän ist schon länger keine rein naturwissenschaftliche mehr. Sie hat auch für die Sozial- und Geisteswissenschaften große Bedeutung: „Es geht darum, welche Stellenwert die Gesellschaft der Natur zuschreibt. Der Begriff Anthropozän zeigt uns: Wir haben eine Grenze überschritten. Die Spuren der Umweltveränderung werden für immer in den Schichten der Erde bleiben. Damit wird die Zukunft des gesamten Lebenssystems Erde anders verlaufen als wir das 12.000 Jahre lang gewöhnt waren“, erklärt die Germanistin Eva Horn: „Wir müssen jetzt aktiv auf den planetarischen Befund reagieren. Es geht darum, Umweltpolitik nicht als einen Seitenaspekt von vielen zu sehen, sondern als den Grund von Politik“, so die Forscherin der Universität Wien, die derzeit an einer Einführung in den Begriff „Anthropozän“ arbeitet.
Der Begriff Anthropozän steht für einen massiven Umbruch im Verhältnis von Mensch und Natur. Aber ist es überhaupt sinnvoll, vom Menschen als geologische Kraft zu sprechen? Ist nicht viel mehr eine bestimmte Lebensweise für diese Veränderungen verantwortlich? Kann uns der Begriff des Anthropozäns zu einem neuen Verständnis von Natur und Umweltpolitik führen? Steuern wir einer Umweltkatastrophe, dem „bösen“ Anthropozän, entgegen oder gibt es Hoffnung auf ein lebenswertes „gutes“ Anthropozän durch technologische Lösungen? Diese Fragen wird Michael Wagreich gemeinsam Eva Horn, Umwelthistorikerin Verena Winiwarter und dem Journalisten Christian Schwägerl im Rahmen der Veranstaltungsserie „Umwelt im Gespräch“, organisiert vom Forschungsverbund Umwelt – Netzwerk für Umweltwissenschaften der Universität Wien weiter nachgehen. Die „Die Linde“ wird dazu weiter berichten.