Jordanien zählt zu den wasserärmsten Ländern der Welt und ist von Klimawandel und Extremwetterereignissen besonders betroffen. Starkregen und Sturzfluten führen immer wieder zu hohen Sachschäden und Todesfällen. Ein Forschungsverbund unter der Leitung des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung verfolgt das Ziel, Maßnahmen für die Reduzierung von Katastrophenschäden in Jordanien zu identifizieren, die zugleich geeignet sind, Starkregen für eine bessere Wasserversorgung nutzbar zu machen. Das deutsch-jordanische Team von „CapTain Rain“ hat Anfang Oktober in Amman die Forschungsarbeit aufgenommen.
Jordanien leidet unter Wassermangel.
80 Prozent des Landes sind Wüste, die wenigen Grundwasserreserven reichen nicht aus, um die Bevölkerung ausreichend mit Trinkwasser zu versorgen und um Landwirtschaft zu betreiben. Der Klimawandel verschärft die Situation noch, auch durch häufiger werdende Extremwetterereignisse. Auf langanhaltende Dürre und Trockenheit folgen immer öfter Starkregen mit zerstörerischen Sturzfluten.
„Wenn es gelingt, die Starkregenereignisse künftig besser vorherzusagen, können nicht nur das Risikomanagement verbessert und Hochwasserschäden minimiert werden, sondern auch gezielt Lösungen für die nachhaltige Wassergewinnung aus Starkregenfällen entwickelt werden“, sagt Projektleiterin Katja Brinkmann vom ISOE.
Um geeignete Frühwarnsysteme zu entwickeln und gezielte Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel in Jordanien zu identifizieren, arbeiten die Forscher*innen im transdisziplinären Projekt „Capture and retain heavy rainfalls in Jordan“, kurz CapTain Rain, eng mit jordanischen Forschungsinstitutionen, Behörden und Ministerien zusammen.
Der erste Stakeholder-Workshop und die offizielle Auftaktveranstaltung fand am 3. Oktober 2021 mit mehr als 50 Teilnehmenden aus Jordanien und Deutschland in Ammann statt. Das Projektteam berichtete auch über die jüngste Flutkatastrophe in Deutschland vom Juli 2021. Gemeinsam wurde diskutiert, welche Lehren daraus gezogen werden können und auf Jordanien übertragbar sind. Das CapTain Rain-Team konnte Wissenslücken und Handlungsbedarfe bei der Starkregenrisikovorsorge identifizieren.
Transdisziplinärer Ansatz für eine bessere Risikovorsorge
„Um Vorhersagen von Extremwetterereignissen zu verbessern, ist es entscheidend zu verstehen, welche die sozial-ökologischen Treiber von Sturzflutereignissen sind“, sagt Projektleiterin Brinkmann. „Wir wollen herausfinden, was die Sturzfluten in Jordanien begünstigt und welche komplexen Wechselwirkungen zwischen Klima und Landnutzung zugrunde liegen.“
Dazu arbeitet das Team mit einem transdisziplinären Forschungsansatz, der auch die Perspektive der Akteure vor Ort sowie die der lokalen Bevölkerung, deren Wissen und Risikowahrnehmungen erfasst. „Das ermöglicht uns eine ganzheitliche Analyse der Sturzflutgefährdung und Gefahrenprävention“, sagt Umweltwissenschaftlerin Brinkmann.
Das Forschungsteam hat hierfür bereits Experteninterviews geführt. Mitarbeitende jordanischer Behörden und Universitäten sowie internationaler Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit wurden zu ihrem Praxiswissen im Zusammenhang mit Sturzflutrisiken und der Starkregenvorsorge und zu ihrer Einschätzung möglicher Handlungsoptionen befragt. Als vielversprechend gelten etwa Verfahren zur Rückhaltung, Speicherung und Nutzbarmachung von Regenwasser. Im weiteren Projektverlauf werden auch Interviews mit zivilgesellschaftlichen Akteuren geführt.
Schlüssel für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels
Die Zusammenführung der wissenschaftlichen Ergebnisse mit anwendungsorientierten und lokalen Erkenntnissen dient dann als Grundlage für die Entwicklung und Umsetzung eines angepassten Risikomanagements für Jordanien. Die Ergebnisse aus CapTain Rain könnten aber auch für andere von Starkregenereignissen betroffene Länder wichtig sein.
„Ziel des Forschungsprojekts ist es, die derzeitigen Methoden und Instrumente zur Sturzflutvorhersage und der Vermeidung von Katastrophenschäden zu verbessern“, sagt Brinkmann. „Das führt uns zu optimierten Klimadiensten und Frühwarnsystemen, die weltweit als ein Schlüssel für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels gelten.“