Forscher des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt haben anhand von drei ländlichen Gegenden in Deutschland untersucht, ob verschiedene Weltanschauungen sich auf die Präferenzen für Ökosystemleistungen auswirken. Sie kommen in ihrer Studie zu dem Schluss, dass Interessensgruppen, in denen eine individualistische, eher konservative Weltanschauung dominiert besonders Leistungen der Natur schätzen, welche der Versorgung dienen. Eher linke Interessensgruppen mit einem starken Gerechtigkeits- und Gemeinschaftssinn bevorzugen dagegen hauptsächlich kulturelle Ökosystemleistungen.
Ästhetische Landschaften, Weideland, Forst, Jagdgebiete, regionale Spezialitäten und Erholungsgebiete – alle diese Begriffe haben etwas gemeinsam: Sie gelten als sogenannte Ökosystemleistungen, die von Menschen genutzt werden. „Uns hat interessiert, wer welche dieser Leistungen aus der Natur nutzt und welche Priorität ihnen von den verschiedenen Menschen eingeräumt wird“, erklärt die Doktorandin Sophie Peter vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt (SBiK-F) und fährt fort: „Ein*e Förster*in wünscht sich vermutlich zahlreiche Bäume in seiner Umgebung, ein*e Landwirt*in präferiert eher Weideland. Das führt nicht selten zu Konflikten in der Bevölkerung.“
Peter und ihr Forschungsteam haben in ihrer neuen Studie die Annahme überprüft, dass sich eine bestimmte Weltanschauung auch in der Präferenz von Ökosystemleistungen niederschlägt. Hierfür führte das Team eine Befragung von insgesamt 321 Personen aus verschiedenen Interessengruppen mit einem durchschnittlichem Alter von 52 Jahren in drei ländlichen Regionen – der Schwäbischen Alb, dem mitteldeutschen Hainich-Dün und Schorfheide-Chorin im Norden der Bundesrepublik – durch.
Peter hierzu: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich die Menschen übereinstimmend mehrere Ökosystemleistungen wünschen, bestimmte Gruppen räumen aber gewissen Leistungen eine deutlich höhere Priorität ein. Diese Priorisierungsmuster stehen, wie von uns vermutet, im Zusammenhang mit den kulturellen Weltbildern der Befragten.“
Die gewinnbringende Pflanzen- und Viehwirtschaft spielte erwartungsgemäß für die Landwirte die größte Rolle – verbunden mit einer individualistischen Weltanschauung, der Wahrnehmung der Natur als dauerhaft, aber unberechenbar und der Unterstützung wirtschaftsliberaler, konservativer politischer Parteien.
Im Gegensatz dazu vertraten diejenigen, die dem Umweltschutz und den „kulturellen Werten der Natur“ Priorität einräumten, oft egalitäre Weltbilder und empfanden die Natur als tolerant und sensibel. Diese Menschen arbeiteten oft in der wissenschaftlichen Forschung und im Naturschutz und hatten meist linksgerichtete politische Präferenzen.
Die Ergebnisse mit den zwei ‚Weltanschauungstypen‘ sind laut der Studie über alle drei Regionen abbildbar – die Forscher gehen daher davon aus, dass sie auch auf andere ländliche Regionen in Deutschland übertragbar sind. „Allerdings müssen viele weitere Faktoren, wie zum Beispiel sozio-biographische Hintergründe, noch näher untersucht werden, da diese die Menschen in ihrer Entscheidung für die priorisierte Ökosystemleistung beeinflusst haben können“, schränkt die Senckenbergerin ein.
Folge-Untersuchungen sind daher bereits geplant, zudem können die Erkenntnisse zukünftig für eine verbesserte Kommunikation, basierend auf den Weltbildern der Empfängergruppe, verwendet werden. „So kann es einfacher werden, beispielsweise Landwirte und Förster gleichermaßen für den Schutz und die Ökosystemleistungen der Natur zu begeistern“, schließt Peter.