Digitalisierung gegen die Pandemie

Daniel Candinas ist Direktor der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin am Inselspital, Universitätsspital Bern, und in der Funktion als Vizerektor Forschung Mitglied des Corona-Krisenstabes der Universität Bern. © Universität Bern

Prof. Dr. Daniel Candinas ist seit 2002 Ordinarius für Chirurgie mit Schwerpunkt Viszeral- und Transplantationschirurgie (Chirurgie der Bauchorgane und der inneren Drüsen), Direktor der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin am Inselspital Bern und seit 2016 Vizerektor Forschung. Bis zu seinem Ruf nach Bern arbeitete er in Großbritannien und an der Harvard Medical School in Boston (USA). Nebenamtlich engagiert sich Candinas in mehreren Vereinigungen und Stiftungen, so zum Beispiel als Vizepräsident der Stiftung Swisstransplant. Daniel Candinas ist darüber hinaus Vizerektor Forschung und Mitglied des Corona-Krisenstabs der Universität im schweizerischen Bern. Er hat schon, lange vor anderen Universitäten eine Teststrategie erarbeitet, in die seine Erfahrungen aus seiner klinischen Umgebung einflossen, sind. Mit dieser Strategie und einer neuen Softwarelösung, wurden in Bern bereits seit Beginn der Pandemie die Mitarbeitenden regelmäßig getestet.


Warum haben Sie so früh und so energisch auf eine Teststrategie gesetzt?

Dass ist ziemlich einfach. SARS-CoV-2 wird durch soziale Kontakte übertragen. Denken Sie an den Beginn der Pandemie im Skiort Ischgl. Was aber auch wichtig ist: Testen ist in diesem Sinne kein Freibrief für den Einzelnen, sondern ein notwendiger Bestandteil eines epidemiologischen Konzeptes zur Pandemiekontrolle. Darüber hinaus ist das Testen auch die notwendige Voraussetzung für das Aufspüren und das Unterbrechen von Ansteckungsketten.

Gab es in dieser Frage einen Konsens und Verständnis in der Öffentlichkeit?

Nein leider nicht. Es gab sogar öffentliche Anfeindungen. Uns wurde vorgeworfen, unsere Strategie sei unnötig und sogar unseriös. Anderseits hat uns der Schweizer Nationalfond, was in etwa der Deutschen Forschungsgemeinschaft entspricht, zeitnah unterstützt. Unser Focus lag anfangs auf der Frage: How to protect helthcare workers? So hieß auch unsere diesbezügliche Studie. Dabei spielten die Bilder aus Italien, wo sehr viele Mitarbeiter im Gesundheitsbereich gestorben sind eine wichtige Rolle. Es ist wenig bekannt, welche Strategien in Krankenhäusern am besten geeignet sind, um das Gesundheitspersonal zu schützen. Die Studie, unserer Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin, zielt darauf ab herauszufinden, welche organisatorischen Maßnahmen wirksam zum Schutz beigetragen können. Wir haben hierbei auch mathematische Modelle herangezogen, haben die jeweiligen Schichten der Mitarbeiter weitestgehend entflochten, die notwendigen Prozesse simuliert und dazu noch immunologische Untersuchungen durchgeführt. Dies haben wir bis zum Mai 2021 durchgeführt, also so lange bis die Zahl der Neuinfizierten minimal war und die Mehrheit in der Schweiz bereits geimpft war.

Vielfach wird das Testen als Wiedereintritt in die Vorcoronarealität gesehen.

Das Testen ersetzt in keiner Art und Weise die üblichen Schutzmaßnahmen. Man kann auch nicht von «Testen» als allgemeinen Begriff sprechen. Wir sollten dies sehr differenziert betrachten über die individuelle Zielsetzung Gedanken machen. Wichtig ist, dass in allen Situationen auf hohe Qualität, methodisch korrekte und angemessene Verfahren und epidemiologisch sinnvolle Indikationsstellungen geachtet wird.

Sie haben bei den Testungen bereits frühzeitig auf die Digitalisierung gesetzt.

Das ist richtig. Dies hat aber nichts mit der Studie und der Arbeit an meinem Institut zu tun. In meiner Funktion als Vizerektor / Forschung an der Uni Bern bin ich auch Mitglied im Krisenstab der Universität. Im Zuge dieser Arbeit hatten wir mit SwissoneMed Kontakt gehabt. Wir haben uns deren digitales Testsystem System angeschaut und waren an die Softwarelösung interessiert. Wir haben dann gemeinsam mit dem Unternehmen für das, damals noch bevorstehende, Herbstsemester 2021 die Softwarelösung adaptiert und auf unsere Anforderungen hin ausgerichtet. Im jetzigen Präsenzbetrieb der Universität gilt 3G und zu Dokumentation gilt eine Zertifikatspflicht. Die Zertifikate, die wir bewusst als Uni Bern-Zertifikat deklariert haben, können die Studenten in unseren hochschuleigenen Teststationen bekommen. Im nächsten Schritt haben wir das OR-Code von SwissoneMed auch mit unseren universitären ID Ausweisen verbunden und an alle unseren lokalen Anforderungen und rechtlichen Rahmenbedingen angepasst.

Wird die Digitalisierung, so wie Sie sie auf den Weg gebracht haben, fester Teil der Medizin werden?

Dieser Ansatz ist sinnvoll, besonders wenn er die jeweilige Strategie der Länder zu Digitalisierung in der Medizin passt. In der Schweiz gibt es zurzeit eine nationale Initiative zu diesem Thema. Geplant ist eine digitale Krankengeschichte, die auf einer doppelten Freiwilligkeit beruht. Die Interaktion zwischen Leistungserbringern und Patienten ist sehr kompliziert. Hier könnte ich mir durchaus vorstellen, dass beispielsweise in Zugangsportalen die Lösungen von SwissoneMed zur Anwendung kommen könnten.