Das Ziel ist ehrgeizig: Im Jahr 2050 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in Deutschland bei 100 Prozent liegen. Die Gewinnung von Energie aus der Kraft der Sonne spielt dabei eine zentrale Rolle. Doch die Stromerzeugung durch Photovoltaikanlagen unterliegt wetterbedingten Schwankungen, was für den Betrieb der Netze eine große Herausforderung darstellt. Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und ihre Partner haben in einem Verbundprojekt neue Vorhersagemodelle auf der Basis von Satellitendaten und Wettervorhersagen entwickelt, die eine sehr viel effektivere Auslastung der Stromnetze ermöglichen.
Bereits heute machen erneuerbare Energien rund 46 Prozent unserer Stromversorgung aus. Doch je mehr sich unser Strom aus wetterabhängigen Energiequellen wie Wind und Sonne speist, desto mehr schwankt auch die Einspeisung in das Stromnetz.
„Vor diesem Hintergrund muss das Management der Stromnetze viel effektiver an wechselnde Wetterlagen angepasst werden. Insbesondere die dezentrale Einspeisung von Strom aus Photovoltaikanlagen stellt die Betreiber der Verteilnetze vor neue Herausforderungen bei Ausbau und Betrieb der Netze der Zukunft“, erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Stefanie Meilinger vom Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS).
In dem Forschungsprojekt „MetPVNet“ hat die Hochschule gemeinsam mit Partnern aus der Wissenschaft und Netzbetreibern neue, sehr präzise energiemeteorologische Methoden und Computermodelle entwickelt, die eine bessere Vorhersage der Einspeisung aus Photovoltaikanlagen in das Stromnetz erlauben.
Zugleich haben die Verbundpartner neue Erkenntnisse gewonnen, wie sich aus der Stromerzeugung der Anlagen Rückschlüsse auf die Bewölkung und die Belastung der Luft mit feinsten Schwebeteilchen, sogenannten Aerosolpartikeln, ziehen lassen.
Als Versuchsfeld diente der Großraum Kempten im Allgäu
In zwei umfangreichen Messkampagnen über zwei Jahre hinweg haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dort Daten gesammelt. Für die Genauigkeit der Modellrechnungen ist es von größter Wichtigkeit, Wetterdaten zu verschiedenen Jahreszeiten zu erfassen. Daten lieferten mehr als 20 Mess-Stationen, die in der Stadt und im Umkreis errichtet worden sind.
Dabei kamen hochpräzise Messinstrumente unterschiedlicher Art zum Einsatz wie Spektrometer zur Strahlungsmessung, Wolkenkameras und sogenannte Sonnenfolger, die sich nach dem Sonnenstand automatisch ausrichten. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Energieausbeute bei bewölktem Himmel und bei voller Sonneneinstrahlung bestimmen. Zudem konnten sie berechnen, wie stark beispielsweise Aerosolpartikel und Wolken die Sonnenenergie dämpfen.
Mithilfe der vielen, über die Region verteilten Mess-Stationen ist es den Projektpartnern gelungen, einen hochwertigen, einmaligen Datensatz zu erstellen und die entwickelten Methoden konsistent zu überprüfen.
„Für die enorme Unterstützung der Anlagenbetreiber vor Ort und den engen Austausch mit unserem Praxispartner egrid bin ich sehr dankbar“, sagt Projektleiterin Meilinger. „Nur so war es möglich, die Herausforderungen für das Verteilnetz besser zu verstehen und die Verbesserungen anhand von realen Daten zu bewerten. Und erst das Zusammenspiel der unterschiedlichen Disziplinen hat es erlaubt, diese Vielzahl methodischer Verbesserungen zu erreichen und einen großen Schritt in der prognosebasierten Verteilnetzbetriebsführung voran zu kommen.“
Mit dem Projekt MetPVNet haben die Projektpartner einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass das Verteilnetz auch stabil bleibt, wenn aufgrund von Wolken die Menge an eingespeistem Photovoltaikstrom stark variiert. Die im Rahmen des Projektes entwickelten Computermodelle, Satellitendaten und Wettervorhersagen erlauben eine weitaus genauere Vorhersage der Erträge, die von dezentralen Photovoltaikanlagen ins Netzt eingespeist werden. Dies hat vielerlei Vorteile, sowohl für den Netzausbau, als auch für den Netzbetrieb und die Vermarktung des erzeugten Stroms.