Seit mehr als zwei Wochen demonstrieren im Iran Menschen, um auf die existenzbedrohende Wasserknappheit aufmerksam zu machen. Das Land leidet nach Angaben der Vereinten Nationen seit fast 30 Jahren unter Dürre, wobei sich die Situation zunehmend verschärft. Neben der Verstädterung und dem steigenden Wasserbedarf in Landwirtschaft und Industrie verschlimmert der Klimawandel die Trockenheit.
Eine neue Studie der Universität Graz in Zusammenarbeit mit dem Climate Research Institute in Mashhad (Iran) belegt nun erstmals, dass nicht nur mangelnder Niederschlag und verstärkte Verdunstung, sondern auch der durch den Temperaturanstieg schwindende Schnee die Dürren im Gebiet um den Urmia-See verstärkt. Die Arbeit wurde kürzlich im Fachjournal Water veröffentlicht.
Ein Symbol für die zunehme Wasserknappheit und die damit verbundene volkwirtschaftliche Herausforderung ist der Urmia-See im Nordwesten des Iran. Seine Fläche von einst rund 5500 Quadratkilometern – größer als das Burgenland – hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch reduziert. Ein Grund dafür ist die ungeregelte Wasserentnahme, vorwiegend für die Landwirtschaft. Maßnahmen der Iranischen Verwaltung haben mittlerweile zu einer gewissen Entspannung geführt.
Doch der Klimawandel wirkt dieser positiven Entwicklung entgegen. „Untersuchungen mit einem einfachen Wasserbilanzmodell zeigen, dass die große Dürreperiode von 1998 bis 2012 noch vorwiegend durch Niederschlagsmangel geprägt war. In den letzten 20 Jahren hat sich das Wirkungsgefüge jedoch verändert.
Auf Grund der erhöhten Lufttemperatur kam es einerseits zu einer steigenden Verdunstung, andererseits aber auch zu einer Reduktion des Schneefalls und einer früheren Schneeschmelze“, berichtet Studienautorin Maral Habibi, Dissertantin am Institut für Geographie und Raumforschung der Universität Graz. In der Urmia-Region mit über 3000 Meter hohen Gebirgszügen ist das besonders relevant, weil dort Wasser in Form von Schnee gespeichert und wieder bereitgestellt wird. So war etwa die Dürre im Jahr 2018 vorwiegend durch die fehlende Schneeschmelze geprägt. „Diese Erkenntnis unserer Arbeit zeigt die Problematik der Trockenheit im Iran in einem neuen Licht“, so Habibi.
Außerdem belegt die neue Studie, dass Dürreereignisse durch fehlenden Schnee häufiger und heftiger auftreten, von längerer Dauer sind und auch immer größere Flächen erfassen. Besonders betroffen von dieser durch Schneemangel verursachten Trockenheit sind die Gebiete um die Flüsse Zarinehrood und Siminehrood südlich des Urmia-Sees.
„Gleichzeitig wird einmal mehr deutlich, dass ohne Maßnahmen gegen den globalen Klimawandel Menschen in vielen Teilen der Welt ihre Existenzgrundlage verlieren werden. Da Dürren auch zunehmend für Migrationsbewegungen verantwortlich sind, entwickeln sich derartige Ereignisse immer mehr zu einer internationalen Herausforderung, die es zu lösen gilt“, betont die Studienautorin.