Wissenschaftlicher Austausch zu klimaresilientem Wassermanagement

Die jordanisch-deutsche Gruppe bei einer Exkursion in Jordanien Foto: privat

Seit vielen Jahren unterhält die Hochschule Koblenz einen intensiven akademischen Austausch mit zwei jordanischen Partnerhochschulen in Amman, mit denen sie länderübergreifend gemeinsame Projekte vorantreibt. 27 Studierende und Lehrende von der Deutsch-jordanischen Universität sowie der Al-Balqaʼ Applied University in Amman waren im Rahmen des kooperativen Seminars zum Thema „Climate-resilient Cities“ zu Gast an der Hochschule Koblenz. Bei ihrem einwöchigen Aufenthalt beschäftigten sie sich mit klimaresilientem Wassermanagement sowie mit nachhaltiger Mobilität und nachhaltigem Bauen. Anschließend unternahmen Studierende und Lehrende der Hochschule Koblenz einen Gegenbesuch in Jordanien.

Bei ihrem Besuch in Deutschland erkundeten die jordanischen Studierenden mit Professorinnen und Professoren aus Deutschland und Jordanien aus den Fachrichtungen Architektur, Bauingenieurwesen, Umweltingenieurwesen und Verfahrenstechnik sowie Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Erneuerbare Energien in Koblenz unter anderem die Innenstadt und südliche Vorstadt hinsichtlich der Radverkehrsinfrastrukturen.

Lokale Fachleute informierten sie dabei über Besonderheiten im Straßenraum sowie die hiesigen Verkehrsregelungen und Verkehrszeichen. Eine Teilgruppe war zu Fuß unterwegs und lotete zum Beispiel in den Rheinanlagen aus, ob und inwieweit sich Fuß- und Radverkehr auf einer Fläche vertragen. Die zweite Gruppe radelte gemeinsam mit Prof. Dr. John Schoonbrood von der Hochschule Koblenz und Arndt Schwab, Verkehrsplaner der Stadtverwaltung, über hiesige Straßen und Wege. Dabei wurden Lösungen gezeigt, aber auch kritische Abschnitte befahren. Im Kontext von nachhaltiger Stadtentwicklung beschäftigten sich die Gäste auch mit dem Koblenzer ÖPNV.

Im Ahrtal konnte sich die Studierenden aus Jordanien ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung machen. Die Gäste informierten sich über die Hintergründe der Flutkatastrophe und diskutierten in diesem Zusammenhang über Hochwasserrisikomanagement und mögliche Minderungsmaßnahmen. Eine weitere Exkursion führte die Gruppe nach Köln, wo sie gemeinsam mit Prof. Jo Ruoff unter anderem autofreie Viertel, das Clouth Quartier und die historische Altstadt besichtigten.

„Die Studierenden haben die Ahrtalkatastrophe natürlich als sehr bedrückend empfunden, zeigten sich ansonsten aber begeistert über die Eindrücke ihres Aufenthalts in Deutschland, für den einige zum ersten Mal geflogen waren oder überhaupt ihr Land verlassen hatten“, berichtete Prof. Dr. Dörte Ziegler, Leiterin des Studiengangs Umwelt-, Wasser- und Infrastrukturmanagement an der Hochschule Koblenz, „da es in Jordanien kein Eisenbahnnetz gibt, beeindruckten sie auch die Züge und die Bahnhöfe“.

Drei Wochen nach dem Besuch der Jordanier an der Hochschule Koblenz folgte der Gegenbesuch der Koblenzer Studierenden in Jordanien. Bei einem einwöchigen Aufenthalt in einem der wasserknappsten Länder der Welt beschäftigten sich die Bauingenieure der Hochschule Koblenz mit klimaresilienter Stadtentwicklung.

Nachdem in lehrreichen Vorträgen an der German-Jordanien-University und der Al-Balqa Applied University Themen wie Wasserknappheit, Wasserversorgung und -management sowie Mobilität in Jordanien erläutert wurden, sind diese anhand von Exkursionen für die Studierenden greifbar geworden. Ein Beispiel für die Nutzung erneuerbarer Energien ist der Hauptcampus der German-Jordanian-University. Dieser wird mit eigenproduziertem Solarstrom versorgt.

Zu Beginn der Exkursionen stand der Jordan als wichtigste Süßwasserquelle für Jordanien und Israel im Fokus. Seine immense Bedeutung für die Wasserversorgung konnte durch die Problematik von versalzenen Stauseen und äußerst geringer Niederschlagsmenge pro Jahr verdeutlicht werden. Aufgrund dieser weisen die Stauseen aktuell einen sehr geringen Wasserstand auf, sodass die Abwasserbehandlung und -aufbereitung umso bedeutender wird.

Ein renommiertes Projekt an der Al-Balqa-University ist die dezentrale Behandlung und Aufbereitung von Abwässern, die Wiederverwendung des Wassers für Bewässerung und die damit verbundene Bedarfsreduzierung konventioneller Wasserressourcen. Die unterschiedlichen Modelle von der Kleinkläranlage bis zur Pflanzenkläranlage sind im Rahmen eines deutsch-jordanischen Forschungsprojekts errichtet worden und haben 2018 den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt erhalten.

Entgegen dem vorherrschenden warmen und trockenen Klima kann es auch in Jordanien zu Starkregenereignissen und Sturzfluten kommen – Ereignisse, deren Auftreten der Klimawandel verschärft. Die Sturzflut von 2018 führte zu massiven Überschwemmungen im Stadtzentrum Amman. Davon besonders betroffen war der am tiefsten gelegene Stadtteil Downtown. Bei der Besichtigung Downtowns erläuterte Mr. Mohammed Matouq wurden die Auswirkungen der Sturzflut.

Ein weiteres Ziel war der EcoPark, welcher zum Schutz und Erhalt ökologischer Lebensräume im Jordan Valley 2004 angelegt wurde. Als derzeit einzigartiges Konzept in Jordanien sensibilisiert der EcoPark für nachhaltige Infrastrukturen vor dem Hintergrund des Klimawandels. Er bietet auf einer Fläche von 2,7 km² neben einem Klimalehrpfad die Möglichkeit der Naherholung in der Natur für Jung und Alt.

Zum Bereich der Mobilität stellte die frühere Verkehrsministerin und jetzige Professorin Dr. Lina Shbeeb Entwicklungspläne für Jordanien vor. Das momentan vorherrschende Verkehrsmittel in Jordanien ist aufgrund fehlender Schienennetze und Fahrradwege nach wie vor der Privat-PKW. Ein kürzlich fertiggestelltes Großprojekt in Amman ist die Schnellbusstrecke, welche Großteile der Stadt erschließt. Eigens für die Koblenzer Studierenden gab es eine Sonderfahrt auf dem ersten Streckenabschnitt, der gerade drei Monate eröffnet ist.

Neben zahlreichen thematischen und fachlichen Fragestellungen sammelten die Studierenden auch kulturelle Erfahrungen im Land. Dazu zählen Besichtigungen der UNESCO-Weltkulturerbestätten Petra, Wadi Rum und der Taufstätte „Bethanien jenseits des Jordans“ (al-Maghtas). Auch ein Bad im Toten Meer am tiefsten Punkt auf trockenem Land mit ca. 400 m unter dem Meeresspiegel durfte nicht fehlen. „Besonders die Gastfreundlichkeit und Herzlichkeit der jordanischen Studierenden bleibt uns in Erinnerung“, betont Leonie Hörter, Studentin des Bauingenieurwesens im zweiten Mastersemester.