Fraunhofer: Erhebung zur Identifikation von Resilienzfaktoren bei KMU

Quelle: Fraunhofer

»Die Corona-Krise hat insbesondere die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen im Land hart getroffen, und dies in einer Phase des massiven digitalen Strukturwandels in der Wirtschaft. Gleichzeitig lehrt uns die aktuelle Krise, dass wir schon heute an die Risiken von morgen denken müssen«, erklärt Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut anlässlich der Veröffentlichung der Studie. An der Erhebung zur Identifikation von Resilienzfaktoren bei KMU des produzierenden Gewerbes«, kurz »INFORM«, haben sich 60 verarbeitende Unter nehmen beteiligt. Alle Teilnehmer dokumentierten auf Fragebögen, wie sie die Krise gemeistert haben. Das Ergebnis: Die Resilienz kleiner Unternehmen ist deutlich geringer als die großer Mittelständler mit mehr als 250 Mitarbeitern.

KMU mit Anpassungsschwierigkeiten

Als Resilienz bezeichnen Wissenschaftler die Fähigkeit eines Systems, auf eine Störung zu reagieren: Ein Unternehmen ist umso resilienter, je flexibler es sich an unerwartete Störungen anpassen kann, um seinen Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Es reagiert schneller, lernt aus einer Krisensituation und ist für zukünftige Herausforderungen gestärkt.

Am Beispiel der Corona-Pandemie untersucht die Studie, wie gut sich Unternehmen an veränderte Situationen anpassen können und ermittelt daraus die Faktoren für eine resiliente Unternehmensausrichtung.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Adaption für kleine und mittlere Unternehmen besonders schwierig war: Sie mussten häufig die Produktion stoppen, weil Mitarbeiter nicht zur Arbeit kommen konnten, Lieferanten in Verzug gerieten oder Kunden wegbrachen. In der Folge kam es zu Umsatzeinbußen, Entlassungen und sogar Insolvenzen. Große mittelständische Unternehmen haben hingegen geringere Umsatzeinbußen zu verzeichnen, konnten ihre Mitarbeiterzahl meist konstant halten und in Ausnahmen sogar neue Absatzmärkte gewinnen.

Ursachen niedrigerer Resilienz

Doch warum ist die Resilienz kleiner Unternehmen so viel geringer als die größerer Firmen? »Wir konnten hier eine ganze Reihe von Faktoren identifizieren«, antwortet Jonas Lips, der die Studie am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA geleitet hat. Kleine Unternehmen sind oft nur von einzelnen Lieferanten abhängig und haben ein einfach gestaltetes Vertriebsnetz, das allein macht schon anfällig für Krisen.

Große Mittelständler sind meist breiter aufgestellt und verfügen darüber hinaus häufig über Strategien zur Krisenbewältigung und einen Krisenstab. So konnten sie schneller und unbürokratischer reagieren, wenn neue Auflagen, wie AHA-Regeln oder Home-Office-Pflicht, befolgt werden mussten.

Ein weiterer entscheidender Resilienz-Faktor ist die Digitalisierung und Automatisation der Prozesse. In kleinen Unter nehmen müssen Mitarbeiter häufig vor Ort sein, Dokumente in Papierform einsehen und auswerten. Quarantänen oder Home-Office-Pflicht führten da schnell zu Engpässen. Bei größeren Unternehmen hingegen sind die Prozesse – von der Verwaltung über die Logistik bis hin zur Produktion und Auslieferung – oft schon weitgehend digitalisiert. Viele Mitarbeiter konnten daher problemlos von zu Hause arbeiten.

Handlungsempfehlungen für mehr Resilienz

»Aus den Ergebnissen können wir jetzt Handlungsempfehlungen für Politik und Forschung ableiten«, resümiert Lips. »Das Ziel muss es sein, kleine und mittelständische produzierende Unternehmen dabei zu unterstützen, sich resilienter aufzustellen.« Hilfreich können hier gezielte Fördermaßnahmen sein, Fahrpläne für den Krisenfall, eine verstärkte Prozessdigitalisierung und -automatisierung, aber auch die Anpassung von Beschaffungs- und Vertriebsstrategien. Die Experten am IPA wollen jetzt Best-Practice-Beispiele herausarbeiten und Roadmaps entwickeln, die Unternehmen helfen, sich für künftige Krisen zu wappnen.

Download der Studie unter: www.ipa.fraunhofer.de/inform