Der Ozeanograph Prof. Dr. Detlef Stammer vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) an der Universität Hamburg bekommt die Förderung im Rahmen eines Reinhart Koselleck-Projekts als Einzelperson zugesprochen. Mit solchen Projekten fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) besonders innovative und in einem positiven Sinn risikobehaftete Forschungsansätze.
„In ein solches neues Klimamodell werden alle verfügbaren Messdaten und Beobachtungsdaten einfließen, die uns derzeit vorliegen, um das Modell realistischer zu machen“, sagt Prof. Stammer. Dafür sollen sämtliche vorhandenen Daten der vergangenen 50 Jahre über die Atmosphäre, den Ozean, den Boden oder das Meereis in das Modell eingespeist werden, zum Beispiel Temperatur, Niederschlag oder Kohlenstoffgehalt – weltweit und in unzähligen Zeitschritten.
Ein Mammutprojekt
Einen Namen hat das Vorhaben auch schon: EARTHRA. Dies steht für Erdsystem-Reanalyse. Das Ziel ist, das Klima der vergangenen 50 Jahre so zu simulieren, dass das Modell mit möglichst allen tatsächlichen Klimabeobachtungen übereinstimmt. Gelingt dies, würde sich ein riesiger Fundus an Wissen über die Vergangenheit eröffnen, denn das Modell könnte auch fehlende Messdaten ergänzen.
Zudem würde es Klimavorhersagen für die Zukunft substanziell verbessern, und Wechselwirkungen und Fernwirkungen von Klima-Phänomenen könnten systematischer als bisher erforscht werden. „Wenn wir erfolgreich sind, wird das die weltweite Klimamodellierung enorm voranbringen. Auf solch ein Instrument hat die Forschungsgemeinde lange gewartet. Ich freue mich sehr, dass wir jetzt beginnen können“, so Stammer.
Zunächst gilt es jedoch, methodische Herausforderungen anzugehen. Ein Erdsystemmodell setzt sich aus mehreren Teilmodellen zusammen. Es gibt beispielsweise je ein Modell für die Atmosphäre, den Ozean, die Vegetation – oder auch für Stoffkreisläufe wie den Kohlenstoffkreislauf auf der Erde. In jedem Teilmodell werden die physikalischen oder chemischen Prozesse möglichst genau durch mathematische Formeln beschrieben.
Doch auch das detaillierteste Rechenmodell bleibt stets eine Vereinfachung der realen Welt und produziert deshalb auch Fehler. So ist es möglich, dass sich die neu eingespeisten Daten an verschiedenen Stellen widersprechen und dadurch auf Modellprobleme hinweisen. „Solche Unstimmigkeiten werden wir nutzen, um das Rechenmodell weiter zu verbessern, zum Beispiel indem wir gezielt bestimmte Parameter des Modells anpassen“, sagt Prof. Stammer.
In dieser Weise werden die Forschenden verschiedene Bereiche testen und überprüfen, welche Bausteine im weltweiten Klimarechenmodell verbessert werden müssen. Mithilfe der DFG-Förderung kann Prof. Stammer dafür über einen Zeitraum von fünf Jahren mehrere Stellen schaffen.