Gerade zur Weihnachtszeit sind Kirchen, Münster und Dome zentrale Stätten der christlichen Kultur. Doch solche Bauwerke sind ernsthaft bedroht: Der Klimawandel ist nicht nur für Mensch und Umwelt eine Gefahr, sondern zunehmend auch für Gotteshäuser, historische Parks und Bauten. Rechtzeitige Anpassungen zum Schutz vor Zerfall sind daher unabdingbar. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert deshalb solche Vorhaben und engagiert sich für den Kulturbereich als vierte Säule der Nachhaltigkeit.
„Ein großes Risiko sind in Zukunft vor allem extreme Wetterlagen“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Ereignisse wie die Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal und Teilen Nordrhein-Westfalens, bei der auch viele Kirchen, Baudenkmale, Archive und Museen stark geschädigt und zum Teil unwiederbringlich zerstört wurden, nehmen aufgrund des vom Menschen gemachten Klimawandels voraussichtlich zu.
Bonde: „Auch der Kulturerbe-Sektor steht deshalb vor enormen Klima-Herausforderungen.“ Vorsorge etwa durch bessere Frühwarnsysteme, Risikoanalysen sowie Nutzung von Umwelt- und Wetterdaten werden nach Bondes Worten eine immer größere Rolle spielen. Der DBU-Generalsekretär weiter: „Innovative Erhaltungs- und Schutzkonzepte sind dann genau so wichtig wie Anpassungsstrategien an nicht mehr aufzuhaltende klimatische Veränderungen.“ Die DBU setze sich aufgrund dieser Entwicklung „für einen erweiterten Nachhaltigkeitsbegriff“ ein: neben dem Dreiklang von sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Faktoren müsse auch die kulturelle Dimension im Blick behalten werden.
Kulturbereich als Teil globaler Klimadiskussionen
Constanze Fuhrmann, Leiterin des DBU-Referats Umwelt und Kulturgüter, hofft darauf, dass Grundsatzdokumente wie die Ziele der Vereinten Nationen (UN) für nachhaltige Entwicklung künftig mehr Wirkung erzielen. „Denn die UN betonen die Rolle von Kulturerbe und fordern verstärkte Anstrengungen zum Schutz des kulturellen Erbes.“ Das müsse zu mehr Beachtung des Themas im globalen Klimadiskurs führen.
Ein erstes Signal in diese Richtung setzt die DBU mit einem Projekt, das vom Internationalen Rat für Denkmalpflege (Icomos) International koordiniert sowie von Icomos Deutschland, der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (Unesco) und dem Weltklimarat (IPCC) fachlich unterstützt wird. Die Ergebnisse sollen in die IPCC-Berichterstattung einfließen.
Heiße und regenarme Sommer schaden Bauwerken und Parkanlagen
Nicht nur Hochwasser, auch Wetterextreme wie heiße und regenarme Sommer machen dem Kulturerbe zu schaffen. Fuhrmann: „Während einst zu hohe Feuchtigkeit in Innenräumen historischer Gebäude häufig großen Schaden anrichtete, wird zunehmend trockene Luft zu einem großen Problem.“ Betroffen sind nach ihren Worten besonders Kirchen und Schlösser, da es hier oft keine ausreichende Klimatisierung gibt.
Viele historische Materialien wie Leinwandgemälde, Tapeten und Wandmalereien reagieren sehr empfindlich auf diese Veränderungen, so Fuhrmann. Und: „Die Schäden reichen von Rissen bis zu komplettem Substanzverlust.“ Diese Wechselwirkungen finden nach ihren Worten sowohl in der Praxis als auch in der Forschung noch zu wenig Beachtung. Deshalb fördert die DBU ein vom Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften der Universität Bamberg koordiniertes Projekt, um Schadensphänomene aufgrund geringer Feuchtigkeit zu analysieren und Handlungsempfehlungen abzuleiten.
„Außerdem sind bereits jetzt schon zahlreiche historische Parks und Gärten von Extremwetterlagen wie anhaltender Trockenheit betroffen“, so Fuhrmann. Von 2017 bis 2019 kam es etwa aufgrund von Hitze und Orkanen in Deutschland zu massiven Schädigungen der Baumbestände. Ein sogenannter Parkschadensbericht soll bald einen Überblick verschaffen. „
Denn bislang existieren lediglich Einzelberichte; die parkpflegenden Institutionen benötigen jedoch eine übergreifende Analyse“, so Fuhrmann. Mit DBU-Förderung will die Technische Universität Berlin nun erstmalig eine umfassende Bestandsaufnahme von Schäden an Gehölzen vornehmen, die aufgrund von Klimawandel in historischen Parks und Gärten in Deutschland in den vergangenen Jahren entstanden sind.
Klimaschutz fördern durch Gebäudesanierung und Parkpflege
Ein Lichtblick: „Der Erhalt von Kulturerbe kann selber zum Klimaschutz beitragen“, sagt Fuhrmann, insbesondere bei Bausubstanz und historischen Parkanlagen. Die DBU-Expertin weiter: „Jahrhunderte alte Bauwerke sind meist per se nachhaltig, da ihr gesamter Lebenszyklus nur einen minimalen Fußabdruck hinterlässt.“ Aus Fuhrmanns Sicht ist ein Mentalitätswandel notwendig.
„Das heißt auch, verschieden Vorgaben und Regularien seitens UN, Denkmalschutz und anderen Institutionen etwa für den Erhalt eines authentischen Kulturerbes in Einklang zu bringen mit klimapolitischen Notwendigkeiten“, so die DBU-Referatsleiterin. Allein schon deshalb, weil das Kulturerbe seinen Beitrag zur Minderung der Klimakrise leistet – so wie die Welterbestätte in Potsdam mit ihren rund 50.000 Altbäumen: Allein deren Erhalt zahlt sich laut Berechnungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg für Umwelt und Natur aus, weil rund 175.000 Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid dann nicht freigesetzt werden.